Aus Expertensicht muss das deutsche Gesundheitswesen deutlich besser für künftige Krisen wie Pandemien oder die Folgen des Klimawandels gewappnet werden. Die Selbstwahrnehmung, dass alles gut organisiert und für unvorhergesehene Entwicklungen vorbereitet ist, sei trügerisch, sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrats Gesundheit und Pflege, Ferdinand Gerlach, in Berlin zur Übergabe eines Gutachtens zum Thema an die Bundesregierung am Donnerstag. "Unser Gesundheitssystem ist hochkomplex, ein behäbiges Schönwettersystem, das unter unzulänglicher Digitalisierung und einem formaljuristisch leerlaufenden Datenschutzverständnis leidet." Zudem sei das System zwischen Bund, Ländern und Kommunen schlicht unzureichend koordiniert.
Bislang wurden aus aktuellen Krisen wie der Corona-Pandemie nicht die notwendigen Schlüsse gezogen, erklärte Gerlach. Bei überfälligen Strukturwandeln bei der Krankenhausversorgung und der Krisenvorbereitung gebe es dabei weniger Erkenntnisprobleme als bei einem Daten- und Umsetzungsdefizit. So bleiben dürfe dies nicht. Es gebe für viele Bereiche gute Analysen und Konzepte, beispielsweise etwa Pandemie- oder Hitzepläne. Der Sachverständigenrat analysiert, dass sie aber oft in Schubladen verstaubten, statt konsequent umgesetzt und eingeübt zu werden.
Das Gutachten gebe Rückenwind bei geplanten, dringend notwendigen Reformen, sagte Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). "Wir ordnen die Krankenhausstruktur neu, machen Arzneimittelversorgung sicherer, sorgen mit niederschwelligen Angeboten für gute Medizin für alle." Aus der Pandemie würden zudem Lehren gezogen. Denn: "Wenn das nächste Virus zur Gefahr wird, werden wir international wie national besser aufgestellt sein."
Die Experten verweisen dabei auf die Notwendigkeit ausreichender personeller und finanzieller Mittel hin. Möglichkeiten zur Digitalisierung müssten insbesondere umfassend genutzt werden, etwa für eine bessere Versorgung und die epidemiologische Lageanalyse. Deutschland sei in der Corona-Pandemie "weitgehend im Blindflug" unterwegs gewesen und habe sich häufig auf bessere Daten etwa aus Dänemark oder Israel verlassen.
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