Proteste gegen Rentenreform in Frankreich werden intensiver

Von ella, dpa24.03.2023, 11:15

Der Konflikt über Frankreichs Rentenreform droht sich weiter zu verschärfen. Bei teils gewaltsamen Protesten wurden landesweit 457 Menschen festgenommen, wie Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin am Freitagmorgen im Sender CNews berichtete. Vergangene Nacht und am Vortag seien ungefähr 440 Polizisten und Gendarmen verletzt worden. Bilder eines Polizisten, der nachdem ihn ein Stein an seinem Helm traf, zusammensackte, lösten Entsetzen aus.

t-online aktuell 24.03.2023

Für Donnerstag hatten Gewerkschaften abermals zu einem Großstreiktag sowie Demonstrationen aufgerufen. In manchen Städten war die Atmosphäre schon tagsüber angespannt. Laut Darmanin wurden mehrere öffentliche Gebäude attackiert. Am Rande einer Demonstration im südfranzösischen Bordeaux gab es am Donnerstagabend ein Feuer am Eingangsbereich des Rathauses. Eine Sprecherin der örtlichen Präfektur berichtete, dass das Portal eines Säulengangs, welches zum Innenhof des Rathauses führe, beschädigt wurde. Ein Mann sei festgenommen worden. Premierministerin Élisabeth Borne bezeichnete die Beschädigung und Gewalt als nicht akzeptabel.

Die Demonstrationen richten sich gegen die kürzlich beschlossene schrittweise Erhöhung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre sowie das Handeln der Mitte-Regierung unter Emmanuel Macron, dem Präsidenten. Nach Angaben der Behörden nahmen am Donnerstag im ganzen Land fast 1,09 Millionen Menschen an den Demonstrationen teil. Die Gewerkschaft CGT behauptete jedoch, es hätten sich 3,5 Millionen an den Protestaktionen beteiligt. Die Gewerkschaften haben für Dienstag abermals zu landesweiten Protesten und Streiks aufgefordert. Der britische König Charles III. soll Frankreich an diesem Tag besuchen.

Seit Beginn des Jahres wird gegen die Rentenreform demonstriert. Die Streik- und Protesttage verliefen über Wochen hinweg zum Großteil friedlich, doch seitdem die Regierung letzte Woche die kontrovers diskutierte Reform ohne Abstimmung durch die Nationalversammlung durchgedrückt hat, nimmt die Gewalt zu – insbesondere bei spontanen Demonstrationen. Demonstranten warfen der Polizei ebenfalls Gewaltanwendung vor.

Für Präsident Macron ist die Rentenreform eines der wichtigsten Vorhaben. Mit ihr soll verhindert werden, dass es zu einem Defizit in der Rentenkasse kommt. Die Gewerkschaften erachten das Projekt als brutal und nicht gerecht. Der Text ist verabschiedet, liegt zur Prüfung jedoch beim Verfassungsrat. Wann die Entscheidung über die Reform fällt, steht noch nicht fest. Macron möchte, dass die Reform bis zum Ende des Jahres in Kraft tritt. Der Konflikt um die Reform hat die Regierung deutlich geschwächt.

Aktuell ist das Rentenalter in Frankreich auf 62 Jahre festgesetzt. In der Realität beginnt die Pensionierung jedoch später: Wer nicht lange genug für eine volle Rente eingezahlt hat, muss länger arbeiten. Ab 67 Jahren gibt es unabhängig von den Einzahlungsjahren eine Rente ohne Abschlag – das möchte die Regierung beibehalten, obwohl die Anzahl der notwendigen Beitragsjahre für eine volle Rente schneller ansteigen soll. Außerdem möchte sie die monatliche Mindestrente auf ungefähr 1200 Euro erhöhen.

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