Schweiz gegen Weitergabe von Rüstungsgütern an die Ukraine

Von ella, dpa02.06.2023, 12:43

Es gibt noch immer kein Kriegsmaterial aus der Schweiz für die Ukraine. Deutschland und andere Nationen dürfen in der Schweiz gekaufte Munition und sonstige Rüstungsgüter nicht weiterleiten. Am Donnerstagabend wurde ein entsprechender Vorstoß im Parlament mit 98 zu 75 Stimmen abgelehnt. Der Neutralität der Schweiz wird somit Nachdruck verliehen. Gemäß den Vorschriften darf kein Land, das an Kriegshandlungen beteiligt ist, bevorzugt werden. Dies ist auch dann der Fall, wenn ein Land wie die Ukraine völkerrechtswidrig attackiert wurde. Trotzdem haben sowohl die Regierung als auch das Parlament den Angriff Russlands auf das Nachbarland klar verurteilt und unterstützen die Sanktionen gegen Russland.

t-online aktuell 02.06.2023

Die „Lex Ukraine“ hätte erlaubt, dass andere Staaten Kriegsmaterial aus Schweizer Produktion an die Ukraine liefern können. Das Gesetz wäre bis 2025 befristet gewesen.

Bei Waffenexporten verlangt die Schweiz eine vertragliche Zusicherung, dass eine Weitergabe an Drittländer nur mit Genehmigung erfolgen darf. Solche Anträge hatten Spanien, Dänemark und die Bundesrepublik gestellt. Deutschland wollte der Ukraine Munition aus der Schweiz für den Flugabwehrpanzer Gepard liefern, Dänemark Schweizer Panzer und Spanien Flugabwehrkanonen. Alle diese Gesuche wurden bis dato zurückgewiesen.

Die stärkste Partei, die rechtskonservative SVP, stimmte geschlossen gegen den Vorstoß, ebenso die Mehrheit der Freidemokraten und der Grünen. Laut Fabien Fivaz, dem Nationalrat der Grünen, hätte eine Annahme des Vorschlags eine flagrante Verletzung des Neutralitätsrechts zur Folge gehabt.

Bei seinen Beratungen sei der sicherheitspolitische Ausschuss zuvor zum Schluss gekommen, die Schweiz müsse ein außenpolitisches Zeichen zur Unterstützung der Ukraine setzen, so Befürworter Thomas Rechsteiner von der Partei Mitte. Die Vorlage erhielt eine Empfehlung zur Annahme durch den Ausschuss.

Seit Monaten vertreten Unterstützer die Ansicht, dass durch die Verweigerung der Weitergabe von Schweizer Rüstungsgütern an die Ukraine indirekt Russland begünstigt wird. Andere wiederum machen sich Sorgen um die einheimische Waffenindustrie. Deutschland hat sich schon entschieden, für den Gepard-Panzer wieder selbst Munition herzustellen.

Trotz des Votums ist die Diskussion über Neutralität noch nicht beendet. Im Parlament gibt es mehrere Initiativen, das Gesetz über Kriegsmaterial grundlegend zu verändern. Es wird debattiert, ob es erlaubt sein sollte, Waffen und Munition weiterzugeben, wenn der UN-Sicherheitsrat oder zwei Drittel der UN-Vollversammlung einen Angriffskrieg feststellen, der gegen das Völkerrecht verstößt. Auch eine zeitliche Begrenzung des Verbots für die Weitergabe von Rüstungsgütern an Drittländer wird diskutiert.

Im Mai äußerte die „Neue Zürcher Zeitung“ ihre Meinung, dass die Schweiz keine neutrale Position mehr in der Welt einnehmen sollte. Insbesondere im Falle eines Angriffskrieges wie dem gegen die Ukraine wäre es sinnvoller für die Schweiz, ihre Neutralität zum Teil aufzugeben und durch indirekte Waffenlieferungen zur Sicherheit Europas beizutragen – was auch dazu beitragen würde, Europas Freiheit zu stärken. Die Zeitung schrieb: „Sie gewänne ungeahnte Freiräume in der Verfolgung ihrer Interessen hinzu, erlöst aus der Zwangsjacke ihrer bisherigen Außenpolitik“.

Politikwissenschaftler Christoph Frei von der Universität St. Gallen sagte der dpa im Mai: „Wir sind auf dem Weg, Freunde zu verlieren.“ Er wirbt sogar für einen großzügigen Beitrag der Schweiz zur Nato. Die Schweiz profitiere schließlich davon, dass Nato-Staaten in Europa die Sicherheit finanzieren. „Wir müssten vom hohen Ross runterkommen und akzeptieren, dass auch wir auf dem Weg sind, ein normales europäisches Land zu werden“, meinte er.

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