(neu: Reaktion Yellen, weitere Zitate)
Eine mögliche Zahlungsunfähigkeit der US-Regierung ist verhindert worden. Der Gesetzentwurf zur Aussetzung der staatlichen Schuldenobergrenze in den USA bis 2025 billigte erst das Repräsentantenhaus und dann auch der Senat in Washington am späten Donnerstagabend (Ortszeit). Die Höhe dieser Obergrenze lag zuletzt bei knapp 31,4 Billionen Dollar (ungefähr 29,1 Billionen Euro). Ohne diesen Schritt hätte die US-Regierung in wenigen Tagen keine finanziellen Mittel mehr gehabt. Es galt als Formalie, dass Präsident Joe Biden das Gesetz mit seiner Unterschrift in Kraft setzt.
Mit dem abschließenden Votum im Kongress endete eine lange politische Hängepartie, die nicht nur in den USA große Sorgen vor einer wirtschaftlichen Krise ausgelöst hatte. Die Demokraten von Präsident Biden hatten für einen Kompromiss bis zuletzt hartnäckig mit den Republikanern verhandelt. Ein Zahlungsausfall der größten Volkswirtschaft der Welt hätte zu einer globalen Finanzkrise und einem wirtschaftlichen Abschwung führen können. Deshalb sorgte die politische Zitterpartie in Washington auch an den Börsen für Unruhe.
US-Finanzministerin Janet Yellen zeigte sich daher erleichtert über die Einigung. „Dieses Gesetz schützt das volle Vertrauen und die Kreditwürdigkeit der Vereinigten Staaten und bewahrt unsere finanzielle Führungsrolle, die entscheidend ist für unser Wirtschaftswachstum und unsere Stabilität“, sagte sie. Sie fügte hinzu, dass ein Zahlungsausfall das Land u. a. Millionen Arbeitsplätze hätte kosten können. Zuvor hatte Yellen die Befürchtung ausgesprochen, dass die Regierung am Montag zahlungsunfähig werden könnte.
Die Vereinbarung
In den vergangenen Wochen hatten Biden und der Vorsitzende der Republikaner im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, hart verhandelt, um einen parteiübergreifenden Kompromiss zu erzielen. Erst am vergangenen Wochenende hatten sie sich schließlich geeinigt und einen Deal vorgestellt. Demnach wird der Umfang des Bundeshaushalts, den die Demokraten unter Biden vergrößern wollten, faktisch eingefroren. Die Budgets von zahlreichen Bundesbehörden und Ministerien werden stattdessen angepasst. Die Republikaner haben ebenfalls erfolgreich durchsetzen können, dass Personen, die bestimmte Sozialleistungen erhalten, einen Nachweis über ihre Beschäftigung erbringen müssen. Die Demokraten wollten die staatlichen Einnahmen eigentlich durch die stärkere Besteuerung von Reichen erhöhen. Die Republikaner stellten sich wiederum dagegen.
Der Deal stößt bei vielen Mitgliedern beider Parteien auf Unzufriedenheit. Linke Demokraten kritisieren zum Beispiel Kürzungen im sozialen Bereich. Rechten Republikanern gehen die Einsparungen nicht weit genug. Und auch viele moderate Politiker aus der Mitte beider Parteien zeigten sich keineswegs erfreut. Trotzdem stimmten letztendlich genügend Mitglieder des Kongresses aus beiden Lagern für den Kompromiss, da ein Zahlungsausfall dramatische Konsequenzen mit sich bringen würde. Auf diese Weise stellten sie die erforderliche Mehrheit im Parlament sicher.
Nach Berechnungen des unabhängigen Budgetbüros des US-Kongresses wird der Deal voraussichtlich dazu führen, dass das Haushaltsdefizit in den nächsten zehn Jahren um circa 1,5 Billionen Dollar schrumpft. Dies trage eigentlich nur wenig zum Haushaltsausgleich bei, schrieb die „Washington Post“.
„Niemand bekommt in einer Verhandlung alles, was er will“, meinte Biden. Trotzdem sei die überparteiliche Einigung ein bedeutender Gewinn für die US-Wirtschaft und das amerikanische Volk.
Die Abstimmung
Eine parteiübergreifende Mehrheit im Senat stimmte nun für den Gesetzentwurf, mit dem die Schuldenobergrenze bis 2025 ausgesetzt wird, während gleichzeitig die staatlichen Ausgaben in den kommenden zwei Jahren begrenzt werden. Der Entwurf erhielt Unterstützung von 63 der insgesamt 100 Senatoren, darunter 46 Demokraten und 17 Republikaner.
Chuck Schumer, der demokratische Mehrheitsführer im Senat, zeigte sich erleichtert: „Wir haben einen katastrophalen Zahlungsausfall verhindert.“ Dabei hätten hauptsächlich die Demokraten die Einigung über die Ziellinie getragen, denn in beiden Kongresskammern hätten mehr Demokraten als Republikaner für den Deal gestimmt.
Schumer und der republikanische Minderheitsführer im Senat, Mitch McConnell, betonten in einer ungewöhnlichen gemeinsamen Erklärung, dass die Einsparungen nicht die militärische Stärke der USA beeinträchtigen würden: „Die Vereinbarung schränkt nicht die Möglichkeiten des Senats ein, zusätzliche Mittel für Notfälle bereitzustellen, um sicherzustellen, dass unsere militärischen Fähigkeiten ausreichen, um China, Russland und unsere anderen Gegner abzuschrecken.“
Biden lobte, dass durch die Stimmen der Senatoren aus beiden politischen Lagern ein Zahlungsausfall verhindert werden konnte. „Gemeinsam haben sie einmal mehr bewiesen, dass Amerika eine Nation ist, die ihre Rechnungen bezahlt und ihren Verpflichtungen nachkommt – und dies immer tun wird.“
Der Streit vorher
Der Hintergrund des Schulden-Dramas: In den USA legt das Parlament in unregelmäßigen Abständen eine Schuldenobergrenze fest und bestimmt somit, wie viel Geld sich der Staat leihen darf. Dieses Mal führte das Prozedere zu einem heftigen parteipolitischen Streit und ideologischen Auseinandersetzungen zwischen den Demokraten und Republikanern.
Die Republikaner, die seit Januar eine Mehrheit im Repräsentantenhaus haben, lehnten über viele Wochen eine Erhöhung der Schuldenobergrenze ab und forderten drastische Einsparungen bei den staatlichen Ausgaben. Ihrer Ansicht nach seien die Regierungsausgaben außer Kontrolle geraten und hätten ein verantwortungsloses Ausmaß angenommen. Die Demokraten wiederum warfen den Republikanern vor, ein ökonomisches Desaster zu riskieren, nur um sich politisch zu profilieren.
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