Wahlrechtsreform beschlossen: Bundestag verkleinert sich auf 630 Abgeordnete

Von ella, dpa17.03.2023, 12:46

Nach jahrelangem Streit hat der Bundestag nun eine Wahlrechtsreform beschlossen, die das Parlament dauerhaft auf 630 Abgeordnete begrenzen soll. Am Freitag erreichte ein Entwurf von SPD, Grünen und FDP in Berlin die notwendige einfache Mehrheit. Für die Reform stimmten 400 Abgeordnete. Laut Aydan Özoguz, stellvertretende Bundestagspräsidentin, stimmten 261 Abgeordnete gegen den Gesetzentwurf. 23 Abgeordnete enthielten sich.

t-online aktuell 17.03.2023

Durch die Reform sehen sich sowohl die Union als auch die Linkspartei benachteiligt. Sie gaben beide an, vor dem Bundesverfassungsgericht klagen zu wollen.

Während der abschließenden Debatte über die geplante Verkleinerung des Bundestages warfen Oppositionspolitiker den Ampel-Fraktionen vor, sie hätten sich ein Wahlrecht zum eigenen Machterhalt maßgeschneidert. Ziel der Reform sei „ein einfaches, nachvollziehbares Wahlrecht“, sagte Sebastian Hartmann (SPD).

Alexander Dobrindt, Vorsitzender der CSU-Landesgruppe, erklärte, dass die Zielsetzung des Plans darin bestehe, die Linke aus dem Parlament zu verdrängen und „das Existenzrecht der CSU“ infrage zu stellen. Hartmann warf er vor: „Sie machen hier eine Reform für sich selbst“, um den „Machtanspruch der Ampel“ zu zementieren.

Der auf 736 Abgeordnete angewachsene Bundestag soll mit der Reform ab der nächsten Wahl dauerhaft auf 630 Mandate verkleinert werden. Dieses Ziel soll erreicht werden, indem man vollständig auf Überhang- und Ausgleichsmandate verzichtet. Bisher führten diese zu einer Aufblähung des Bundestages. Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei mehr Sitze über Direktmandate im Bundestag erhält als ihr anhand des Zweitstimmenergebnisses zustehen. Diese Sitze darf sie behalten. Dafür erhalten die anderen Parteien Ausgleichsmandate. Gemäß den neuen Richtlinien könnte es in Zukunft passieren, dass ein Kandidat seinen Wahlkreis zwar direkt gewinnt, aber trotzdem nicht in den Bundestag einzieht. Das ärgert insbesondere die CSU.

Darüber hinaus soll eine strenge Fünf-Prozent-Klausel gelten und die sogenannte Grundmandatsklausel entfällt. Letztere sorgte bisher dafür, dass Parteien auch bei einem Ergebnis unter fünf Prozent und mindestens drei gewonnenen Direktmandaten in der Stärke ihres Zweitstimmenergebnisses in den Bundestag einzogen. 2021 profitierte die Linkspartei von dieser Regelung. Wird die Klausel gestrichen, könnte das künftig je nach Wahlergebnis auch Folgen für die CSU haben, deren Direktkandidaten traditionell den Großteil der Wahlkreise in Bayern gewinnen.

Britta Haßelmann, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, kommentierte: „Ich wusste nicht, dass die CSU die Fünf-Prozent-Hürde fürchtet.“ CDU und CSU könnten in Zukunft als Parteienbund an Wahlen teilnehmen oder eine gemeinsame Liste aufstellen, um dieses Risiko zu minimieren.

Die Ampel wollte das Parlament ursprünglich sogar auf die Sollgröße von 598 Abgeordneten verkleinern. Doch die Ampel präsentierte ihre neue Variante, nachdem die Union dieses Ansinnen von SPD, Grünen und FDP, das die Streichung der Grundmandatsklausel noch nicht vorsah, abgelehnt hatte. Dies sei das Werk der SPD, welche sich hierdurch einen Vorteil erhoffe, nach dem Motto „erst die Partei, dann das öffentliche Wohl“, so Albrecht Glaser (AfD). Der parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Jan Korte, hat der Ampel „Arroganz“ vorgeworfen. Die Änderung habe sie kurz vor der Abstimmung schlichtweg so „hingerotzt“. Während seiner Rede bekam er Applaus von mehreren Abgeordneten der Union. Gesine Lötzsch, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken, sagte: „Ihnen geht es doch vor allem darum, als SPD eine linke Kritik auszuschalten.“ Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, Dirk Wiese, erklärte, dass das Problem des linken Flügels nicht im Wahlrecht bestehe, sondern in den internen Auseinandersetzungen innerhalb ihrer Partei – insbesondere mit der Abgeordneten Sahra Wagenknecht.

Der Vorsitzende der Unionsfraktion, Friedrich Merz (CDU), bat darum, die Abstimmung um zwei Wochen zu verschieben, da die kurzfristig vorgelegten Änderungen beträchtlich seien und ein hohes Maß an Beratung erforderten. Diese Bitte wurde von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich jedoch zurückgewiesen.

Der Bundesrat muss sich noch mit dem Gesetzentwurf befassen, kann ihn aber nicht mehr aufhalten.

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