Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Adidas soll Interesse haben Durch die Übernahme aus der Krise

Es reichen schon Gerüchte zu Firmenübernahmen, dass Aktienkurse nach oben schnellen. Zuletzt so geschehen beim Sportartikelhersteller Puma. Eine Chance für den Konkurrenten Adidas?
Übernahmen von Unternehmen machen immer wieder Börsenkurse. Zum Teil sind die Kursaufschläge spektakulär hoch. Auch wenn der Übernahmeversuch am Ende scheitert. Es reicht oft schon das Gerücht. Das liegt daran, dass die Investoren auf eine "Prämie" spekulieren, also einen deutlichen Aufschlag zum aktuellen Kurs beziehungsweise aktuellen Marktwert im Falle einer Übernahme.
Manchmal sind diese Übernahmeinteressen feindlicher Natur – das heißt: Das Zielobjekt möchte nicht übernommen werden. Wir sehen das aktuell bei der Commerzbank, die sich gegen eventuelle Übernahmepläne der italienischen Großbank UniCredit wehrt. Und manchmal bewirken schon Medienberichte Kurssprünge. Wie jüngst bei Puma.
Puma als Übernahmeobjekt?
Angeblich bieten zwei Investoren für einen Anteil von 29 Prozent, den aktuell die französische Milliardärsfamilie Pinault hält – die aber angeblich nicht verkaufen will. Das "Manager Magazin" hatte berichtet, dass der Finanzinvestor CVC und die Authentic Brands Group Interesse haben. Kaum war im September die Meldung raus, machten die Aktien von Puma einen Sprung von 17 Prozent nach oben – an einem einzigen Handelstag. Es ist die Hoffnung auf Pumas Rettung. Und darauf, als Aktionär oder Investor (mehr) Geld zu verdienen.
Denn Puma steckt seit Längerem in der Krise. Der Sportartikelhersteller verdient zu wenig Geld. Insbesondere die Schuhe kommen nicht so gut an wie die der Konkurrenz und lassen sich im Vergleich zu anderen Marken nur mit Abschlägen verkaufen. Vor allem in Europa und Nordamerika schwindet die Nachfrage. Die Zölle der USA auf Importe aus der EU sind ebenfalls eine Belastung. Da verwundert es nicht, dass es Spekulationen über eine Übernahme gibt:

Zur Person
Antje Erhard arbeitet seit rund 20 Jahren als Journalistin und TV-Moderatorin. Ihr Weg führte sie von der Nachrichtenagentur dpa-AFX u. a. zum ZDF. Derzeit arbeitet sie für die ARD-Finanzredaktion in Frankfurt und berichtet täglich, was in der Welt der Börse und Wirtschaft passiert.
Bei Finanzinvestoren wäre es ein Klassiker: Sie kaufen ein krisengeplagtes Geschäft vergleichsweise günstig, sanieren es und verkaufen es. Das würde passen: Denn das Unternehmen Puma ist vergleichsweise günstig, die Aktionäre sind arg gebeutelt. Die Folgen von Pumas Krise sind seit Jahren an der Börse sichtbar: 40 Prozent Kursverlust in einem Jahr, über 70 Prozent auf Sicht von fünf Jahren. Kurse von über 100 Euro wie Ende 2021 sind derzeit nicht mehr möglich. Derzeit ist Puma an der Börse noch mit drei Milliarden Euro bewertet – ein Fünftel von dem, was es vor vier Jahren wert war.
Die Authentic Brands Group hat mehrere Sport- und Lifestyle-Marken unter ihrem Dach. Sie sichert sich Markenrechte, entwickelt dafür Produkte und verkauft sie gemeinsam mit Partnern. Und ist weltweit aktiv. Klingt also auch plausibel, mit Blick auf Puma. Und oft ist es dann so, dass ein Bieterwettkampf entsteht und den Preis in die Höhe treibt.
Übernimmt Adidas Puma?
Hinzu kommt, dass gerüchteweise Adidas als Kandidat für eine Übernahme von Puma ins Spiel gekommen ist. Puma und Adidas – ergibt das Sinn? Der Chef von Adidas ist seit 2023 der ehemalige Puma-Chef Björn Gulden. Er hatte Puma über zehn Jahre erfolgreich aufgestellt – so erfolgreich, dass Puma besser als Adidas oder Nike durch die Pandemie kam. Doch inzwischen sind die Margen zu gering. Puma kann nicht die Preise verlangen, die Adidas aufruft.
Adidas selbst hat seine Krise gerade hinter sich. Die war durch die Pandemie und das Ende einer sehr erfolgreichen Kooperation zustande gekommen: Der Designer und Rapper Kanye West (heute nennt er sich Ye) hatte die berühmten Yeezys für Adidas entwickelt. Ein Verkaufsschlager. Nach dem unfreiwilligen Ende der Kooperation (Adidas hatte sie beendet, weil Ye sich antisemitisch geäußert hatte) blieb Adidas auf Schuhen von gut einer Milliarde Euro sitzen und machte Verluste. Fast zehn Jahre lange hatte Adidas Milliarden mit dieser Kooperation verdient.
- Lesen Sie auch: Adidas – In den Abgrund geblickt (Börsenkolumne)
Jetzt eine neue Restrukturierung angehen?
Adidas stellte sich neu auf, putzte die Modemarken heraus und war mit Retro-Schuhen wie Sambas wieder auf Spur. Das Kapitel Kanye West liegt also in der Vergangenheit. Und dann ausgerechnet jetzt einen neuen Restrukturierungsfall wie Puma annehmen? Unwahrscheinlich.
Zumal es gerade ordentlich läuft. Knapp sechs Milliarden Euro Umsatz im zweiten Quartal (plus 8 Prozent) und ein operatives Ergebnis von fast 550 Millionen – eine Steigerung um fast 50 Prozent. Klar, Zölle und ein schwacher Dollar bremsen das Ergebnis – aber Adidas bleibt bei seiner Jahresprognose. Das kann derzeit nicht jeder von sich sagen.
Der Chef von Puma, Arthur Hoeld, kommt von Adidas. Er ist erst seit dem Frühjahr an Bord und will natürlich nicht als Übernahmekandidat von der Bühne gehen. Sein Ziel ist es, Puma aus der Krise zu führen. Beide Unternehmen haben sich ohnehin bis dato nicht zu den Übernahmespekulationen geäußert.
Streit ist längst beigelegt
Romantiker sagen, ein jahrzehntelanger Streit der Unternehmen Adidas und Puma könnte nun mit einer Übernahme beigelegt werden. Die beiden Brüder Rudolf und Adolf Dassler hatten nach persönlichen Differenzen in den 1940er-Jahren jeder sein eigenes Unternehmen gegründet. Puma 1948, Adidas 1949. Beide blieben im mittelfränkischen Herzogenaurach.
Der erbitterte Konkurrenzkampf soll die ganze Stadt in zwei Lager gespalten haben. Der Wettbewerb ging um Absatz, Märkte, Marktanteile, die Ausrüstung von Teams und so weiter. Doch bereits 2009 wurden die alten Fehden mit einem Freundschaftsfußballspiel beendet – beide Vorstände waren dabei. Eine Übernahme braucht es für ein friedliches Nebeneinander nicht.
Porsche als erstaunliches Beispiel
Indes kennt die Börsengeschichte zahlreiche Übernahmen, Übernahmespekulationen und die damit verbundenen Hoffnungen. Einige erregten besondere Aufmerksamkeit.
Beispiel Porsche: 2008 hatte der Sportwagenhersteller nach und nach Anteile von Volkswagen gekauft und dann den Wolfsburgern ein spektakuläres Übernahmeangebot gemacht. Das war eine solche Überraschung für die meisten Investoren, dass Volkswagen-Aktien zeitweise über 1.000 Euro pro Stück kosteten; das waren regelrechte Panikkäufe. Denn Investoren, die auf fallende Kurse gesetzt hatten, mussten ihre Positionen schließen und zusehen, dass sie von den wenigen frei verfügbaren Aktien welche kaufen konnten.
Doch es endete bitter: Die hohe Verschuldung von Porsche und die Finanzkrise forderten ihren Tribut. Porsche verhob sich und landete als Tochtergesellschaft umgekehrt im VW-Konzern. Im Dezember 2009 erwarb Volkswagen eine 49,9-prozentige Beteiligung an der Porsche AG. Im Jahr 2012 wurde Porsche dann vollständiger Teil des Volkswagen-Konzerns. 2022 brachte VW einen Teil davon an die Börse zurück. Das lief auch zunächst sehr gut. Doch der Rest ist schnell erzählt: Porsche strauchelte geschäftlich, die Aktie verlor heftig an Wert, Porsche rutschte in den MDax, also in die zweite Börsenliga, ab.
Meistens allerdings führen Übernahmen zum Erfolg. Viele finden auf der internationalen Bühne statt. Vornehmlich US-Unternehmen sind da sehr aktiv. Sie übernehmen entweder ausländische Unternehmen, um sich zu verstärken, oder junge, aufstrebende aus der eigenen Region, die noch nicht zu teuer sind.
Die Musik spielt international – und das meist gut
Ein Beispiel: Microsoft hatte 2022 die Übernahme von Activision Blizzard angekündigt. Die Aktie hatte zuvor 65 Dollar gekostet – Microsoft wollte 95 Dollar pro Aktie bezahlen. Sofort schoss der Kurs nach oben auf über 80 Dollar. Warum nicht noch höher? Weil viele Unwägbarkeiten bestanden: Was sagen die Kartellbehörden, was sagt Activision – solche Risiken werden im Kurs eingepreist, wie man an der Börse so schön sagt. 2023 waren dann alle Hürden genommen, die Behörden hatten zugestimmt, die Aktionäre der Unternehmen auch. Aktivision-Aktien stiegen schließlich über 90 Dollar.
Als deutsches Beispiel fällt mir die Telekom ein: Sie übernahm zur Jahrtausendwende den US-Mobilfunkanbieter Voicestream. Der Preis: 50 Milliarden Euro. Aber es war der Einstieg in den riesigen US-Markt. Und bis heute ist T-Mobile US, die US-Mobilfunk-Sparte des Konzerns, ein Ertragsbringer.
Warnendes Beispiel: Bayer und Monsanto
Anders dagegen Bayers Übernahme von Monsanto. Bayer hatte 63 Milliarden Dollar für den Agrarprodukte-Anbieter aus den USA gezahlt. Das war eine der größten Übernahmen in der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Da gab es schon Meldungen, dass ein Produkt von Monsanto, der Unkrautvernichter Roundup, möglicherweise krebserregend sein könnte. Bayer kaufte ein teures Risiko. Tausende Menschen verklagten den Konzern. Neben Milliardenzahlungen, Verlusten, einem enormen Imageschaden fiel auch die Aktie in sich zusammen. Bis heute ist es nicht vorbei.
Merke: Übernahmespekulationen gibt es immer wieder. Manche haben Bestand, die Unternehmen werden sich einig, es entsteht Mehrwert für Kunden und für die Aktionäre, mehr Börsenwert. Aber es muss nicht so sein. Oft sind die Kursreaktionen Strohfeuer – wenn dann tatsächlich die Übernahme über die Bühne geht, ist das oft schon im Kurs eingepreist. Vorsicht ist ein guter Begleiter, wenn es um Geld geht: für Unternehmen wie auch für Kleinanleger.
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