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Sind die Tage des billigen Benzins gezählt?


Streit um Iran-Atomdeal
Sind die Tage des billigen Benzins gezählt?


Aktualisiert am 08.05.2018Lesedauer: 3 Min.
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At the gaBetanken eines Autos: Schwankungen an den Rohölmärkten haben häufig Auswirkungen auf den Benzinpreis. s stationVergrößern des Bildes
Betanken eines Autos: Schwankungen an den Rohölmärkten haben häufig Auswirkungen auf den Benzinpreis. (Quelle: MATJAZ SLANIC/getty-images-bilder)

Donald Trump verkündet den Austritt der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran. Mögliche Sanktionen gegen das Land hätten auch Auswirkungen auf die Benzinpreise. Wir erklären, warum.

Die Preise an den Rohölmärkten kennen seit einiger Zeit nur eine Richtung: nach oben. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Juli kostete am Montag bis zu 76,24 US-Dollar. Für amerikanisches Rohöl der Sorte West Texas Intermediate (WTI) zur Lieferung im Juni musste bis zu 70,76 Dollar gezahlt werden. Das waren die jeweils höchsten Stände seit November 2014.

Auch an den Tanksäulen klettern die Preise seit einiger Zeit in die Höhe – doch immer noch recht verhalten im Vergleich zum Anstieg an den Ölmärkten. Dabei es gibt einige Gründe, die für künftig steigende Benzinpreise sprechen:

1. Geopolitische Risiken

Ein wesentlicher Faktor, der die Ölmärkte beeinflusst, sind geopolitische Unwägbarkeiten. Heute um 20 Uhr (MEZ) hat US-Präsident Donald Trump seine Entscheidung über das Atomabkommen mit dem Iran bekannt geben. "Die Vereinigten Staaten werden sich von diesem Deal zurückziehen", sagte Trump bei einer Rede im Diplomatic Room des Weißen Hauses. Und drohte mit "Sanktionen der höchsten Art." Gerichtet war die Drohung nicht allein an den Iran, sondern an jede Nation, die sich – in der Sicht des US-Präsidenten – nicht auf die Seite der USA, sondern auf die des Iran stelle. Das Motto: Wer nicht für uns ist, ist gegen uns.

Iran ist nach Saudi-Arabien und Irak der drittgrößte Förderer im Ölkartell Opec. Aktuell produziert das Land pro Tag etwa 3,8 Millionen Fass Rohöl. Mögliche Abnahmeverbote infolge von US-Sanktionen würden das Angebot auf dem Ölmarkt weiter verknappen.

t-online.de: Der mögliche Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran – was wird die Trump-Entscheidung für die Preise von Öl und Sprit bedeuten?
Steffen Bock, Geschäftsführer von clever-tanken.de: Mit Sicherheit wird sie erstmal zu einem Preisschub an unseren Tankstellen führen. Solche Nachrichten dienen immer als Grund, um die Preise nach oben zu korrigieren. Man darf nicht vergessen: Der Markt basiert zu einem großen Teil auf Psychologie. Deshalb führen erfahrungsgemäß größere Unruhen immer zu höheren Kosten für die Autofahrer.

Worauf müssen sich Autofahrer einstellen?
Bock: Wir gehen von einem Anstieg für das kommende Vierteljahr aus. Das hat aber neben der Geopolitik auch mit der Jahreszeit zu tun, etwa mit dem Pfingstreiseverkehr und den Sommerferien. Und der Anstieg kann regional unterschiedlich ausfallen.

Wie hoch steigen die Preise?
Bock: In den vergangenen drei Monaten sind sie um etwa acht Cent gestiegen. Wenn es ungünstig kommt, werden da noch weitere vier bis fünf Cent hinzukommen. Günstige Faktoren könnten den Anstieg aber auch abdämpfen.

2. Förderkürzungen der OPEC

Die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) und andere Ölproduzenten, unter anderem auch Russland, treten auch 2018 auf die Förderbremse. Damit wollen sie dem seit 2014 bestehenden Preisverfall am Ölmarkt entgegenwirken. Die abnehmende Fördermenge hat zudem zur Folge, dass sich die Lagerbestände an Rohöl stetig verringern und sich der Rohstoff an den Märkten verknappt. Das Ergebnis sind steigende Ölpreise, steigende Benzinpreise.

3. Steigende Ölnachfrage

Eine gut laufende Konjunktur benötigt einen Schmierstoff: Rohöl. Vor allem in den letzten Jahren hatte die konjunkturelle Entwicklung in den größten Volkswirtschaften für eine steigende Nachfrage nach Öl gesorgt. Das Anziehen der Nachfrage auf der einen Seite und die Förderkürzungen sowie sinkenden Lagerbestände auf der anderen Seite verteuern den Rohstoff weltweit. Denn: Übersteigt die Nachfrage das Angebot, steigen die Preise.

4. Produktionsausfälle in Venezuela

Venezuela ist schon länger kein verlässlicher Produzent auf dem Ölmarkt. Die chronische Wirtschaftskrise macht dem Ölproduzenten zu schaffen. Seit Jahren herrscht in dem Land Mangelwirtschaft. Die niedrigen Ölpreise haben in den vergangenen Jahren weiter zum Verfall des Landes beigetragen. Aufgrund maroder Förderanlagen sinkt die Ölförderung seit Jahren immer weiter. Aktuell beträgt sie nur etwas mehr als die Hälfte der Produktion vor der Krise.

5. Wechselkurs des Euro zum US-Dollar

An den Rohstoffmärkten wird in US-Dollar gehandelt. Das hat auch Auswirkungen auf die Benzinpreise. Ist der Euro gegenüber dem US-Dollar stark, können Mineralölfirmen das Öl günstig einkaufen. Ein erstarkender US-Dollar hingegen verteuert den Rohstoff. Dies war zuletzt der Fall und wirkte sich direkt an der Zapfsäule aus.

Aber es gibt auch Gegenbewegungen, die den Ölpreis wenn nicht senken, so zumindest stabil halten könnten: Fracking in den USA.

Während die Opec auf die Förderbremse tritt, legt die USA in der Ölförderung zu. Bereits ab Mai 2014 hatte ein erster Förderboom beim umstrittenen Fracking von Schieferöl die Ölpreise weltweit in den Keller geschickt. Laut der Internationalen Energie Agentur (IEA) gebe es dank Einsparungen von US-Förderfirmen nun eine zweite Wachstumswelle.

Bereits in Kürze könnten die USA den führenden Opec-Staat Saudi-Arabien überholen und bis Ende des Jahres Russland als weltweit größten Ölproduzenten ablösen. Da liegt es nahe, dass US-Präsident Trump, ein erklärter Freund der US-Fracking-Industrie, dieser keine Steine in den Weg legen wird. Sanktionen gegen den Ölförderer Iran wären da durchaus hilfreich.

Und wie ist die Aussicht? Der weltgrößte Ölexporteur Saudi-Arabien erklärte jüngst auf einem Treffen der Opec-Länder einen Ölpreis von 80 bis 100 Euro pro Fass anzustreben. Das scheint mittlerweile sogar sehr realistisch, so Eugen Weinberg, Leiter der Rohstoff-Analyse der Commerzbank. Denn Saudi Arabien halte den Schlüssel in der Hand und könnte den Markt künstlich verknappen. Langfristig sei der Vorstoß Saudi Arabiens jedoch kontraproduktiv, betont der Rohstoff-Experte. Denn die Produktion außerhalb der Opec eile von einem Hoch zum anderen.

"Ende des Jahres erwarten wir einen Rückgang des Ölpreises auf 65 US-Dollar und Ende nächsten Jahres einen weiteren Rückgang auf knapp 60 US-Dollar", so Weinberg. Eigentlich gute Aussichten für fallende Benzinpreise – doch die Märkte sprechen oft viele Sprachen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • dpa
  • Reuters
  • ADAC
  • Tecson
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