Rund 6,5 Millionen Bundesbürger sind überschuldet, das sind 300.000 mehr Betroffene als im Vorjahr. Alarmierend: Immer mehr junge Menschen geraten in die Schuldenfalle. In welchen Bundesländern, Kreisen und Städten die meisten Schuldner leben, zeigt der aktuelle Schuldneratlas des Verbands der Vereine Creditreform.
Die meisten Überschuldeten leben in Bremen
Fast jeder zehnte Bundesbürger steckt in der Schuldenfalle: Die Schuldnerquote der Bundesrepublik Deutschland - also der Anteil der überschuldeten Personen an der Gesamtbevölkerung über 18 Jahren - liege bei 9,5 Prozent, ermittelte Creditreform. Die private Überschuldung hat im Vergleich zu 2009 in allen Bundesländern zugenommen, je nach Region ist der Anstieg jedoch unterschiedlich stark ausgefallen.
Besonders viele Betroffene leben demnach in Bremen: Rund 14,3 Prozent der erwachsenen Einwohner können ihre Schulden nicht mehr bezahlen. Am niedrigsten ist die Schuldnerquote in Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen. Überdurchschnittlich stark nimmt die private Überschuldung in Sachsen-Anhalt zu (plus 0,53 Prozent auf 11,6), auch im Saarland und in Berlin (jeweils plus 0,51 Prozent auf 11 bzw. 12,7 Prozent) gibt es im Vergleich zum Vorjahr mehr Menschen, die in der Schuldenfalle stecken.
Osten steht besser da als Westen
Dass Überschuldung vor allem ein ostdeutsches Phänomen sei, gelte schon längst nicht mehr, sagte Creditreform-Vorstand Helmut Rödl. Zum zweiten Mal in Folge liege die Schuldnerquote mit jetzt 9,45 Prozent im Osten etwas niedriger als im Westen mit 9,51 Prozent.
Als überschuldet gilt, wer als Schuldner die Summe der fälligen Zahlungsverpflichtungen "auch in absehbarer Zeit nicht begleichen kann und [wem] weder Vermögen noch andere Kreditmöglichkeiten zur Verfügung stehen", so die Wirtschaftsauskunftei Creditreform.
Junge Erwachsene und Frauen zunehmend im Schuldenstress
Erschreckend: Immer öfter geraten junge Erwachsene in die Schuldenfalle. Von den 20- bis 29-Jährigen gelten mittlerweile rund 10,8 Prozent als überschuldet. Das sind 400.000 Personen mehr als 2004. Auch bei den unter 20-Jährigen können rund 1,1 Prozent mehr als 2004 ihre Schulden nicht zurückzahlen.
Auch Frauen häufen zunehmend Schulden an, deren Verbindlichkeiten sie nicht bedienen können. Während der Anteil der Männer an den überschuldeten Privatpersonen seit 2004 um 6,7 Prozent zurückgegangen ist, ist der Anteil der Frauen um 6,7 Prozent gestiegen. "Im Vergleich zu 2009 erhöhte sich die Zahl der überschuldeten Frauen gar um 11,4 Prozent, während die Anzahl der betroffenen Männer mit 0,9 Prozent nahezu stagnierte", berichtete Creditreform. Insgesamt sind rund 2,5 Millionen Frauen und rund vier Millionen Männer überschuldet. Für diesen Trend seien veränderte Lebensformen und Rollenbilder verantwortlich, sagte Rödl. Zunehmend müssten auch Frauen für Schulden geradestehen, vor allem wenn sie Kinder alleine erziehen. Frauen stünden außerdem besonders häufig in sogenannten prekären Beschäftigungsverhältnissen. Damit sind zum Beispiel Leiharbeit oder befristete Jobs gemeint.
Hauptauslöser: Verlust des Arbeitsplatzes
Als Grund für die zunehmende Überschuldung gilt die Wirtschaftskrise: "Die zeitweise Verschlechterung am am Arbeitsmarkt infolge der Rezession hat zur erhöhten Schuldnerquote beigetragen", berichtete Creditreform. Der Verlust des Arbeitsplatzes, gestiegene finanzielle Belastungen etwa für Gesundheit, Altersvorsorge, Miete und Nebenkosten sowie ein lockeres Ausgabeverhalten angesichts positiver Konjunkturerwartungen trugen dazu bei, Schulden aufzuhäufen.
Bedrohlicher Ausblick
Immerhin: Die Verbraucherüberschuldung in Deutschland ist nach wie vor deutlich geringer als in den angelsächsischen Ländern. In Großbritannien sind 13,8 Prozent der privaten Konsumenten überschuldet. In den USA sind es 17,4 Prozent. Doch die Schuldenquote in Deutschland könnte sich diesen Werten bald weiter annähern: Laut Creditreform-Vorstand Rödl ist eine nachhaltige Besserung trotz Konjunkturerhaltung nicht in Sicht. Im Gegenteil: Nach Einschätzung der Experten könnte die Zahl der überschuldeten Haushalte im kommenden Jahr sogar auf 6,7 Millionen wachsen.