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Urteil: Grundsteuer ist verfassungswidrig – Neuregelung bis Ende 2019


Urteil zum Einheitswert
Bemessung der Grundsteuer ist verfassungswidrig

Von t-online, sm

Aktualisiert am 10.04.2018Lesedauer: 3 Min.
Karmesinrote Richterroben: Das Bundesverfassungsgericht erklärt die Bemessungsgrundlage der Grundsteuer für verfassungswidrig.Vergrößern des BildesKarmesinrote Richterroben: Das Bundesverfassungsgericht erklärt die Bemessungsgrundlage der Grundsteuer für verfassungswidrig. (Quelle: Ulli Deck/dpa)
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Die Berechnung der Grundsteuer in Deutschland ist verfassungswidrig und muss neu geregelt werden, das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Für eine Neuregelung gibt es verschiedene Möglichkeiten.

Laut Bundesverfassungsgericht verstößt die seit Jahrzehnten übliche Praxis zur Bemessung der Grundsteuer gegen die Verfassung und muss neu geregelt werden. Die Karlsruher Richter hatten schon während der Verhandlung im Januar bemängelt, dass die Einheitswerte für Grundstücke und Häuser im Westen seit 1964 bestehen und seitdem nicht angepasst worden sind. In den neuen Ländern gelten die Einheitswerte sogar seit 1935.

Die seit über 50 Jahren geltenden Einheitswerte für Grundstücke seien "völlig überholt" und führten zu "gravierenden Ungleichbehandlungen" der Immobilienbesitzer, urteilte das Bundesverfassungsgericht. Demnach muss der Gesetzgeber bis Ende 2019 eine Neureglung schaffen – sollte diese Frist ungenutzt verstreichen, dürften die derzeitigen Regeln nicht mehr angewandt werden (Urteil vom 10. April 2018 - 1 BvL 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15, 1 BvR 639/11, 1 BvR 889/12).

Das Gericht wies darauf hin, dass der Gesetzgeber für eine Neuregelung einen "weiten Gestaltungsspielraum" habe. Er könne die beanstandete Regelung "reparieren" oder völlig neu gestalten und auch andere Belastungsmaßstäbe als bisher wählen. Es gebe bereits "ausgiebig diskutierte Lösungsalternativen" und ausformulierte Entwürfe für eine Gesetzesnovelle. Das Grundgesetz selbst verlange auch keine höhere Belastung der Grundstücke und überlasse diese Entscheidung dem Gesetzgeber und den jeweiligen Gemeinden.

Insgesamt wird in Deutschland für mehr als 35 Millionen Grundstücke Grundsteuer erhoben. Sie steht den Kommunen zu und bringt aktuell etwa 14 Milliarden Euro im Jahr ein. Von dem Urteil sind auch Mieter betroffen, weil Hausbesitzer die Steuer auf die Miete umlegen können.

Welche Grundsteuer-Modelle sind im Gespräch?

Bodenwertmodell: Hauptdiskussionspunkt ist, ob und wie stark der Bodenwert einbezogen werden soll. Der Deutsche Mieterbund und andere Verbände fordern, die Grundsteuer ausschließlich als Bodensteuer zu gestalten. Das könnte den Wohnungsbau besonders in Städten fördern und Spekulation verhindern, argumentieren sie. Mieter von Wohnungen würden entlastet und Besitzer von Einzelhäusern oder unbebauten Grundstücken belastet. Mit dem Bodenwertmodell müssten gut 35 Millionen Grundstücke neu bewertet werden.

Kostenwertmodell: Dabei handelt es sich um eine Kombination aus Bodenwert und Gebäudewert, welcher sich an den Herstellungskosten orientieren soll. Für ein unbebautes Grundstück fielen mit dem Kostenwertmodell weniger Steuern an, als wenn dieses bebaut wäre. Der Anreiz zum Schaffen von Wohnraum entfiele. Grundstücksspekulationen blieben Tür und Tor geöffnet.

Nach dem Modell der Bundesländer soll das Gesamtaufkommen unverändert bleiben. Der Hamburger Senat befürchtet aber zum Teil deutlich höhere Steuern. Eine Verzehnfachung auf 6.000 Euro im Jahr für eine Wohnung in der Hansestadt sei möglich, hatte der frühere Finanzsenator und heutige Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) in der Verhandlung gesagt. Auch der Präsident von Haus & Grund, Kai H. Warnecke, warnte vor Verzerrungen. Mit dem Kostenwertmodell könnte die Grundsteuer im schlimmsten Fall um das 40-Fache steigen.

Was ist die Grundsteuer?

Grundgedanke ist, dass Grundstücke und Gebäude Kosten für die Kommunen verursachen, die zum Beispiel die Infrastruktur unterhalten. Die Eigentümer sollen diese Lasten mittragen. Dazu gibt es die Grundsteuer A für land- und forstwirtschaftliches Vermögen und die Grundsteuer B für bebaute oder bebaubare Grundstücke und Gebäude. Die Bemessungsgrundlage ist bundesweit einheitlich geregelt. Jede Kommune bestimmt aber mit einem Hebesatz die tatsächliche Höhe der Steuer.

Die Grundsteuer deckt etwa zehn Prozent der kommunalen Steuereinnahmen und ist damit eine wichtige Finanzierungsquelle. Die Einnahmen aus der Grundsteuer A lagen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 2016 bei rund 400 Millionen Euro. Die Grundsteuer B brachte etwa 13,3 Milliarden Euro. Die Grundsteuer wird an Mieter weitergegeben und ist Teil der Nebenkosten.

Wie wird die Grundsteuer bislang berechnet?

Ein je nach Art des Grundstücks oder Gebäudes unterschiedlicher Anteil des Einheitswertes ist die Grundsteuermesszahl – für Wohnungen beträgt sie zum Beispiel 3,5 von Tausend. Wenn der Einheitswert 20.000 Euro beträgt, errechnet sich ein Grundsteuermessbetrag von 70 Euro (20.000 geteilt durch 1.000 multipliziert mit 3,5). Diese 70 Euro werden mit dem von jeder Gemeinde individuell festgelegten Hebesatz multipliziert. Liegt er bei 500 Prozent, beträgt die Steuer 350 Euro pro Jahr. Der Hebesatz ist je nach Kommune sehr unterschiedlich und reicht von weniger als 100 bis mehr als 900 Prozent – je nach Geldnot der Gemeinden.

Was ist der Einheitswert?

Für jedes der mehr als 35 Millionen Grundstücke in Deutschland ist ein Wert festgelegt. Eigentlich sollte dieser alle sechs Jahre neu festgestellt werden, damit Veränderungen etwa der Bausubstanz oder des Umfeldes berücksichtigt werden können. Das ist in Paragraf 21 des Bewertungsgesetzes festgelegt. Doch zu Neubewertungen ist es wegen des hohen Aufwands nicht gekommen. So sind die Differenzen bei vergleichbaren Häusern in ähnlicher Lage im Laufe der Jahrzehnte immer größer geworden. Bei Sanierungen oder Aufteilung in Eigentumswohnungen gibt es allerdings auch Neubewertungen.

Verwendete Quellen
  • Bundesverfassungsgericht
  • dpa
  • AFP
  • Reuters
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