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Wirecard-Aktie im Keller: Wer trägt die Verantwortung für den Bilanzskandal?


Aufsichtsbehörden
Wer trägt die Verantwortung für den Wirecard-Skandal?

Von dpa, fls

Aktualisiert am 10.07.2020Lesedauer: 3 Min.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz: Kritiker bemängeln, dass die ihm unterstellte Bankenaufsicht Bafin Wirecard nicht streng genug kontrolliert habe.Vergrößern des BildesBundesfinanzminister Olaf Scholz: Kritiker bemängeln, dass die ihm unterstellte Bankenaufsicht Bafin Wirecard nicht streng genug kontrolliert habe. (Quelle: Michael Kappeler/dpa-bilder)
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Dem Bilanzskandal bei Wirecard folgen Fragen und Vorwürfe, warum die mutmaßlichen Manipulationen nicht früher entdeckt wurden. Wer sich für die Kontrolle zuständig sah, ist bislang offen.

Nach dem Milliardencrash des Dax-Konzerns Wirecard wird das Ausmaß des Behörden-Hickhacks um die Aufsicht über den Zahlungsdienstleister und seine mutmaßlich kriminellen Geschäfte sichtbar. Nachdem sich die Finanzaufsicht Bafin in Sachen Wirecard für nur begrenzt zuständig erklärt hatte, sieht sich auch die bayerische Staatsregierung nicht in der Verantwortung.

Dabei geht es um die Kontrolle von Geldwäsche, die der Bund in Teilen den Ländern übertragen hat. Die SPD warf der Staatsregierung deswegen am Freitag vor, sich aus der Verantwortung zu stehlen.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte bereits eine Reform der Finanzaufsicht angekündigt. Am Freitag sagte er in Berlin: "Es geht jetzt darum, dass man mit großer Intensität aufklärt, was alles geschehen ist in der Frage Wirecard."

Scholz: Zusätzliche Kompetenz für europäische Behörden

Neben Veränderungen in nationalen Gesetzen forderte er, "dass es zusätzliche Kompetenzen auch für europäische Behörden geben muss". Er fügte hinzu: "Wir sollten immer den Ehrgeiz haben, dass Europa die schärfsten Instrumente hat im weltweiten Vergleich."

Tatsächlich gab es jedoch im Fall Wirecard offenbar ein Kompetenzwirrwarr. So hat das bayerische Innenministerium exakt am Tag des Wirecard-Insolvenzantrags am 25. Juni Bafin und Bundesfinanzministerium darüber informiert, dass Bayern bei Wirecard nicht zuständig für die Geldwäscheaufsicht sei, wie aus einer Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage der SPD-Landtagsfraktion hervorgeht.

Der Hintergrund: An der Umsetzung des Geldwäschegesetzes sind sowohl der Bund als auch die Länder beteiligt. Für den "Nichtfinanzsektor" sind die Länder zuständig, allerdings zählen zum Nichtfinanzsektor auch einige Finanzunternehmen, die weder als Bank noch als Finanzdienstleister eingestuft sind.

"Eklatantes" Versagen der bayerischen Regierung

Zuständige Behörde in dieser Hinsicht für Ober- und Niederbayern ist die Regierung von Niederbayern. Nach der Argumentation des Innenministeriums zählte aber Wirecard nicht zu den Finanzunternehmen, für die eine Geldwäsche-Aufsicht des Landes in Betracht käme.

"Sogar Wirecard selbst hat gegenüber der Bafin erklärt, dass das Unternehmen sich nach dem Geldwäschegesetz als Finanzunternehmen sieht", sagte dazu der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Schrodi. Demnach hatten die Behörden monatelang diskutiert, ob die Regierung von Niederbayern zuständig sein könnte.

"Insgesamt legt der Vorgang ein eklatantes aufsichtsrechtliches Versagen der Bayerischen Staatsregierung nahe", kritisierte Schrodi. Vom bayerischen Innenministerium kam keine unmittelbare Antwort auf die Kritik.

Bankenaufsicht ist nur zum Teil zuständig

Die Bafin ist bei Wirecard voll zuständig nur für die zum Konzern gehörende Bank, die übrigen Unternehmensteile sind als Technologieunternehmen eingestuft, für die die Bafin wiederum nicht zuständig ist.

Wirecard hatte am 25. Juni Insolvenz angemeldet und wenige Tage später mutmaßliche Luftbuchungen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt. Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt unter anderem gegen den früheren Vorstandschef Markus Braun.

Der Aktienkurs des einstigen Star-Unternehmens im Dax rauschte daraufhin in den Keller, fiel zwischenzeitlich um rund 70 Prozent. Am Freitag lag der Preis für eine Wirecard-Aktie zuletzt bei 2,34 Euro.

Experten-Idee: Europäische Aufsicht schaffen

Der Frankfurter Finanzmarktexperte Jan Pieter Krahnen forderte als Konsequenz aus dem Skandal eine neue EU-Börsenaufsicht. Die Lehre müsse sein, ähnlich wie für die Bankenaufsicht ("Single Supervisory Mechanism"/SSM) einen über den einzelnen nationalen Aufsichten stehenden "European Single Market Supervisor" (ESMS) zu schaffen, schrieb der Ökonom in einem Gastbeitrag für die "Börsen-Zeitung" (Freitag). Der Wissenschaftler hat zur Finanzmarktkrise 2008/2009 geforscht und war beziehungsweise ist Mitglied diverser Expertenkommissionen zu neuen Regulierungen.

Nach Krahnens Ansicht könnte eine übergeordnete europäische Aufsicht wie die US-Börsenaufsicht SEC "mit starken Durchgriffsrechten" ausgestattet werden.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Nachrichtenagentur dpa
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