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Flutkatastrophe 2021: Der Staat sollte künftig nicht mehr zahlen


Flutkatastrophe
Der Staat sollte künftig nicht mehr für alle Klimaschäden zahlen

MeinungEine Kolumne von Ursula Weidenfeld

Aktualisiert am 27.07.2021Lesedauer: 3 Min.
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Animation und Expertin zeigen auf: Dieses Wetterphänomen löste die Flutkatastrophe aus. (Quelle: t-online)

Unwetter werden sich häufen. Deshalb muss jetzt beschlossen werden, welche Lasten in Zukunft die Allgemeinheit übernimmt – und für welche Schäden Privatleute und Versicherungen aufkommen sollten.

Immer noch werden Menschen vermisst, immer noch wird aufgeräumt, immer noch sind Straßen gesperrt, in manchen Gegenden fehlen Strom und Wasser. Doch schon beginnt die Diskussion, ob und wie sehr der Staat künftig helfen soll, wenn Unwetterkatastrophen eine Gegend heimsuchen. Denn wenn sich Extremwetterlagen häufen, wird der Staat den Schaden nicht jedes Mal übernehmen können. Und er sollte es auch nicht.

In diesem Sommer scheinen sich alle einig darüber zu sein, dass die Milliardenschäden der Regenflut vom Steuerzahler beglichen werden sollen. Angesichts der Not in den Flutgebieten bewahrt diese Grundeinstellung die Menschen in der Eifel vor der Verzweiflung. Doch dauerhaft sinnvoll ist sie nicht.

Deshalb wird die nächste Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern darüber verhandeln müssen. Jeder Lösungsweg hat Tücken – ein Überblick.

Lösung 1: Der Staat zahlt

Es liegt nahe, bei unverschuldeten Notlagen auf den Staat zu vertrauen. Werden die entstandenen Schäden aus dem Steueraufkommen beglichen, ist das die elementarste Form einer Elementarversicherung: Alle zahlen für die Opfer, die die Bewohner der Notstandsgebiete bringen mussten. Der Nachteil liegt allerdings auch auf der Hand.

Warum sollte ein Hauseigentümer noch eine eigene Versicherung gegen solche Notlagen abschließen? Wird die Bewohnerin einer Immobilie alles tun, um sich und ihr Eigentum zu schützen – oder sich in der Gewissheit der staatlichen Notfallhilfe die Investitionen für den Flutschutz am eigenen Haus lieber sparen?

Lösung 2: Der Privatmann ist allein verantwortlich

Nach den massiven Überschwemmungen an der Oder und der Elbe in den Jahren 1997 und 2002 und in Bayern im Jahr 2013 einigten sich die Ministerpräsidenten darauf, künftig nur noch dann mit Staatsgeld zu helfen, wenn die Geschädigten selbst auch Vorsorge getroffen haben – zum Beispiel durch bauliche Anpassungen und durch eine Elementarschadensversicherung. Doch durchgehalten wurde das nicht.

Denn in Deutschland ist weniger als die Hälfte aller Gebäude gegen Vulkanausbrüche, Lawinen, Erdrutsche, Überschwemmungen und Erdbeben versichert, eine Pflichtversicherung gibt es nicht. Die andere Hälfte in der Stunde der Not alleinzulassen, ist politisch nicht durchzuhalten.

Lösung 3: Die Versicherung springt ein

Vernünftig wäre, jeden Hauseigentümer zum Abschluss einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden zu verdonnern. Dazu müssten die Versicherungen allerdings auch jedem eine solche Police anbieten.

Rund ein Prozent der Hauseigentümer – die Immobilien liegen meist nahe an Flüssen, in engen Mittelgebirgstälern, oder in Mündungsgebieten – kann heute eine solche Versicherung gar nicht abschließen. Viele andere sparen sich die Prämie lieber, weil ihre Häuser allenfalls einmal von einem Orkan oder einem starken Gewitter beschädigt werden, und dafür zahlt in der Regel die Gebäude- oder die Hausratsversicherung.

Eine Versicherungspflicht gilt zudem verfassungsrechtlich als bedenklich, weil sie tief in die Verfügungsrechte der Hauseigentümer eingreift. Außerdem fürchten die Versicherer, dass ihre Kunden keine ausreichenden privaten Vorkehrungen gegen Hochwasser mehr treffen, wenn sie den Versicherungsschutz durch eine staatlich verordnete Police bekämen.

Würden die Prämien für die besonders Gefährdeten dann auch noch gesenkt, wie das Verbraucherschützer vorschlagen, würde künftig womöglich noch leichtsinniger gebaut als heute. Und das, obwohl die Gefahrenlagen zunehmen.

Lösung 4: Die Mischung macht's

Es wird vermutlich auf eine Kombination verschiedener Elemente hinauslaufen. Der Staat würde sich künftig stärker darauf konzentrieren, die Infrastruktur wiederherzustellen, anstatt den Alltag mit Soforthilfen und Wiederbeschaffungsprogrammen so schnell wie möglich zu normalisieren. Er müsste mehr Flutpolder ausweisen, gefährdete Gebiete vom Neu- und Wiederaufbau ausschließen.

Hauseigentümer müssten zumindest eine Basisversicherung abschließen, die Versicherer würden verpflichtet, diesen Basisschutz anzubieten. In besonders gefährdeten Orten würden diese Policen voraussichtlich nur mit einem hohen Selbstbehalt ausgestellt, außerdem möglicherweise den Keller und das Erdgeschoss ausschließen und Flutschutz-Investitionen verlangen. Der Nachteil dieses Weges ist seine Kleinteiligkeit. Es wird lange dauern und den Politikern und den Bürgern in den Flutgebieten viel abverlangen.

Die größte Gefahr und Versuchung aber ist das Vergessen. Ist eine Überschwemmung erst einmal vorbei, glauben viele, für die kommenden Jahrzehnte Ruhe zu haben. Der Handlungsdruck sinkt, die Versicherungen stellen sich tot, die Bürger geben ihr Geld wieder lieber für einen neuen Carport aus als für eine teure Versicherung. Und im Fall der Katastrophe rechnet man eben doch wieder mit einem Hilfsprogramm.

Aber mit der Klimakrise lässt sich nicht verhandeln. Die Wetterereignisse werden sich häufen. Deshalb muss jetzt eine faire und vernünftige Lastenteilung verhandelt werden.

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