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Immobilienkrise: Die Party ist vorbei – und es gibt Gründe für Pessimismus


Immer teurer, immer mehr
Plötzlich ist die Party am Häusermarkt vorbei

MeinungEine Kolumne von Ursula Weidenfeld

Aktualisiert am 06.07.2022Lesedauer: 3 Min.
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Baustelle in Baden-Württemberg (Symbolbild): Bauen und kaufen könnte günstiger werden, doch Mieter dürfen deshalb noch nicht auf fallende Mieten hoffen, schreibt t-online-Kolumnistin Ursula Weidenfeld.Vergrößern des Bildes
Baustelle in Baden-Württemberg (Symbolbild): Bauen und kaufen könnte günstiger werden, doch Mieter dürfen deshalb noch nicht auf fallende Mieten hoffen, schreibt t-online-Kolumnistin Ursula Weidenfeld. (Quelle: Sven Simon/imago-images-bilder)

Zum ersten Mal seit zehn Jahren schwächt sich der Boom auf dem Wohnungsmarkt ab. Die Gründe für den Pessimismus wiegen schwer.

Die Profis sind schon im Rückwärtsgang: In den nächsten Monaten werde es weniger Grundstücks- und Immobilienverkäufe, außerdem schwierigere Finanzierungsgespräche geben, sagten Projektentwickler und Immobilienunternehmer in einer Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft.

Die Party auf dem Immobilienmarkt sei vorbei, möglicherweise beginne gerade eine längere Phase der Stagnation und des Preisverfalls. Diese Entwicklung ist überfällig. Doch es wird vermutlich eine Weile dauern, bis die Luft aus der Blase entwichen ist, und private Interessenten und Mieter vom niedrigeren Preisniveau profitieren können.

Viele Gründe für Pessimismus

Die Gründe für den neuen Pessimismus bei Wohn-, Büro- und Geschäftshäusern sind vielfältig. Die Preise sind immer noch sehr hoch, gleichzeitig aber haben sich die Finanzierungskosten seit Beginn des Jahres verdreifacht, die Banken verlangen zudem mehr Sicherheiten als noch im vergangenen Jahr. In den Umlandregionen der großen Städte ist der Preisauftrieb immer noch nicht gebrochen. Und: Wer bauen oder sanieren will, wartet teilweise monatelang auf Handwerker und Material.

Dazu kommt: Wer die vermutlich größte Investition seines Lebens plant, hätte gern ein gutes Gefühl. Ob man ein Haus oder eine Wohnung kauft, hängt nämlich nicht nur vom Eigenkapital, beruflichen Aussichten und geplanter Sesshaftigkeit ab. Vor allem braucht man Zuversicht und Vertrauen: die nämlich, die Arbeit zu behalten, ein stabiles Leben zu leben und die finanzielle Belastung dauerhaft schultern zu können.

All diese Hoffnungswerte geraten in diesen Wochen unter Wasser. Und deshalb zeigen sich auf dem Immobilienmarkt deutliche Bremsspuren nach einem fast 15 Jahre langen Boom.

Geduld ist gefragt

Erstens: Die Preise stagnieren, in einigen Regionen werden sie in den kommenden Jahren wohl deutlich zurückgehen. Eigentümerinnen von selbst genutzten Wohnungen oder Häusern muss das nicht stören. Doch Anleger und Investoren werden deutlich vorsichtiger. Projektentwickler fürchten, keine Abnehmer mehr für ihre Vorhaben zu finden.

Vorfinanzierungen werden auch deshalb komplizierter, weil die Bauherren nicht mehr sicher sein können, für ihr Geld am Ende auch wirklich eine fertiggestellte Wohnung oder ein Haus zum vereinbarten Preis bekommen. Die Folge: Projekte werden verschoben, die Bautätigkeit geht zurück.

Noch zeigt sich der Rückgang nicht in belastbaren Zahlen, zumal immer noch einige Bauwillige ihre Vorhaben wegen der anziehenden Zinsen vorziehen. Doch die Verweildauer von Immobilien auf den Webseiten der Verkaufsportale nimmt zu – ein sicheres Zeichen für einen bevorstehenden Wetterumschwung.

Zweitens: Die Finanzierung wird teurer. Seit Jahresbeginn sind die Zinsen von rund einem Prozent auf fast drei Prozent gestiegen. Das ist im historischen Vergleich immer noch nicht besonders viel. Aber das ist kein Trost für diejenigen, die ihren Bau oder Kauf erst jetzt umsetzen können, zumal die Zinsen in den kommenden Monaten voraussichtlich weiter steigen werden. Wer in näherer Zukunft eine Anschlussfinanzierung verhandeln muss, sollte sich wenigstens das jetzige Zinsniveau sichern. Preiswerter wird es wohl in nächster Zeit nicht.

Drittens: Schlimmer noch ist, dass die Banken auch bei den Eigenkapitalvorgaben wieder strenger werden. Erste Finanzierungen werden abgesagt, weil die Bauherren zu wenig Gespartes oder Ererbtes mitbringen.

Viertens: Auf fallende Mieten soll trotzdem (noch) niemand hoffen. Die Nachfrage nach Mietwohnungen ist immer noch hoch genug, um das Preisniveau zu halten. Stark steigen werden die Mieten in bestehenden Verträgen allerdings in der Regel auch nicht: Denn den meisten Vermietern wird es nicht gelingen, die Inflation an ihre Mieter weiterzureichen. Allerdings: Die Nebenkosten werden wohl viel teurer. Vor allem das Heizen dürfte in diesem Jahr zum Preistreiber werden. Das begrenzt auch den Spielraum bei Neuvermietungen.

Fünftens: Das Comeback des Bausparens. Jahrelang hatten die Bausparkassen ein schwieriges Geschäft, weil sie keinen echten Zinsvorteil mehr anbieten konnten. Jetzt ändert sich die Lage, die Neuverträge nehmen deutlich zu. Nicht nur der geplante Erwerb einer eigenen Immobilie lockt die Sparer wieder an. Auch mittelfristig fällige Sanierungen und Klimainvestitionen sorgen für die Wiederbelebung des Geschäftsmodells.

Auch wenn die Bowle gerade von den Tischen geräumt wird: Bauwillige, potenzielle Käufer und Mieter müssen wohl noch eine Weile warten, bis sie von der neuen Ernsthaftigkeit auf dem Markt profitieren.

Ursula Weidenfeld ist Wirtschaftsjournalistin in Berlin. Ihr neues Buch heißt:

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