Die Situation kennt wahrscheinlich jeder: Der Stadtbummel könnte so schön sein - da kommt ein wahrer Regenguss herunter. Die Einkaufslust sinkt gegen null - wer hat schon immer einen Regenschirm dabei. Das muss nicht sein, dachten sich zwei Jungunternehmerinnen - und wollen mit einer cleveren Idee Deutschland trockenlegen.
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Regenschutz für vier Euro
Für Daniela Wallraff könnte der Sommer kaum besser laufen. Der ständige Regen spült der 28-Jährigen und ihrer ein Jahr älteren Geschäftspartnerin Rebecca Agustin das Geld regelrecht in die Kasse. Denn die beiden Jungunternehmerinnen aus Bochum verdienen ihren Lebensunterhalt mit Regenschirmen - genauer gesagt mit Regenschirmautomaten. Seit März gibt es ihre Firma "Dry 2 Go".
Wer in einen Automaten der beiden Gründerinnen vier Euro hineinwirft, bekommt einen Taschenschirm heraus - in schwarz, orange, lila oder auch pink. Der soll nicht gleich wie viele preiswerte Schirmvarianten beim ersten Windstoß zerfetzt werden - und kostet weniger als ein Päckchen Zigaretten.
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Idee stammt aus Asien
"Die Idee hat Rebecca von einer Singapur-Reise mitgebracht", erzählt Wallraff. In Asien gebe es überall solche Automaten - in Deutschland aber, wo es doch so oft regne, habe offenbar noch niemand diese Idee gehabt. Die Gründerinnen erkundigten sich dem Regionalportal "derwesten.de" zufolge zunächst bei Herstellern und begannen, vorhandene Automaten nach eigenen Vorstellungen zu modifizieren und deutschen Anforderungen anzupassen.
Individuelle Gestaltung
"Unsere Geräte sind nicht von der Stange", betonte Rebecca Agustin im Gespräch mit "derwesten.de". Der Automat kann an einer Wand angebracht werden oder frei stehen. Er wird mechanisch oder elektrisch betrieben und verfügt über ein 15-Zoll-LED-Display. Laut "derwesten.de" lagern im Betrieb von Agustin und Wallraff derzeit über 60 Automaten, die individuell nach dem Wunsch des Kunden gestaltet werden können. Auch bei den Schirmen sind demnach Farbe, Logo und Werbung wählbar.
Erster Automat in Hamburg
Im Mai stellte ein großer Parkhausbetreiber in Hamburg den ersten Automaten der beiden Jungunternehmerinnen auf. In Nordrhein-Westfalen gibt es bislang in drei Städten solche Geräte - in Recklinghausen, Köln und am Firmensitz in Bochum. In Münster soll ein weiterer Automat aufgehängt werden.
"Wir sind wirklich erstaunt, wie viele Schirme verkauft werden", erklärt Wallraff. An schlechteren Standorten müssten die Automaten, in die 45 Schirme passen, bislang zwar nur zweimal im Monat nachgefüllt werden, an guten Standorten jedoch beinahe täglich. Insgesamt seien seit Mai um die 2000 Schirme aus ihren Automaten gezogen worden.
Am besten mitten in der Stadt
Die potenzielle Kundschaft ist begeistert. Gerhard Moritz etwa kann sich gut vorstellen, einmal auf die Schirme der beiden Jungunternehmerinnen zurückzugreifen. "Das ist doch eine gute Idee", sagt der Landshuter, der gerade zu Besuch in Recklinghausen ist. Für Helga Secker ist jedoch der Standort des derzeit einzigen Automaten in Recklinghausen - ein Parkhausausgang - nicht optimal gewählt. "Ich habe immer mehrere Schirme im Auto, die ich bei Regen notfalls noch schnell holen kann", erklärt sie. Mitten in der Stadt jedoch könne sie sich durchaus vorstellen, mal einen Schirm zu ziehen, wenn sie beim Einkaufen von einem Schauer überrascht werde.
30 Geräte sind ausgeliefert
"Im Moment sind wir bei der Standortsuche noch nicht so wählerisch", gibt Wallraff zu. Vorstellen kann sie sich viele Orte - ob Restaurants, Parkhäuser oder auch Privathäuser. 30 Automaten sind bereits ausgeliefert. Anfragen von zahlreichen weiteren Standorten liefen, sagt die studierte Volkswirtin - auch aus anderen Ländern wie Belgien oder Tschechien. "Unser Ziel ist: Deutschland trockenlegen - also überall unsere Automaten aufstellen", meint Wallraff und lacht.
Franchise-Geschäft wird zum Selbstläufer
Dabei könnten die Unternehmerinnen bald Unterstützung bekommen. "Es meldeten sich viele, die als Franchisenehmer die Automaten aufstellen, warten und auffüllen wollten. Das Franchise-Servicegeschäft hatten wir eigentlich erst in einem Jahr aufbauen wollen, doch es ist schon jetzt ein Selbstläufer", berichteten die Unternehmerinnen im Gespräch mit "derwesten.de". 150 Anfragen liegen ihnen demnach vor. Die Vermarktung ihrer Idee soll jedoch weiterhin Chefinnensache bleiben.
Luxuriös leben können die beiden Frauen von ihrer Idee jedoch bislang nicht. "Ich hatte vorher einen Job bei einer Online-Marketingagentur, den ich für unser Geschäft gekündigt habe", erläutert Wallraff. Bei der Agentur habe sie ein gutes Gehalt bekommen. "Jetzt lebe ich eher wieder auf Studentenniveau", sagt die 28-Jährige. Doch das sei es wert. Den Schritt in die Selbstständigkeit habe sie bislang nicht bereut. "Dazu macht es zu viel Spaß."
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Demnächst auch Regenponchos
Ideen, wie sie ihr Geschäft weiter ausbauen können, haben die beiden Jungunternehmerinnen genug. "Die Automaten kann man mit fast allem bestücken", sagt Wallraff. Außer Schirmen haben sie auch schon Regenponchos in ihre Geräte gefüllt - praktisch in jeder Lage, in der man die Hände freihaben muss, etwa beim Fahrradfahren. Auch hier soll die Preisgrenze bei vier Euro liegen. Doch verzetteln wollen sie sich nicht. "Wir wollen uns erst auf unsere erste Idee konzentrieren", sagt Wallraff. "Und dann sehen wir weiter."