Deutschlands Insolvenzverwalter können etwas durchatmen: Rekordbeschäftigung, stabile Konjunktur und niedrige Zinsen haben die Gesamtzahl der Pleiten 2015 auf ein Zehnjahrestief gedrückt.
Nach Angaben der Wirtschaftsauskunftei Creditreform mussten 23.230 Unternehmen den Gang zum Amtsgericht antreten. Das waren 3,3 Prozent weniger als 2014 und sogar so wenige wie noch nie seit Einführung der Insolvenzordnung 1999.
Trotzdem müssen noch Tausende Mitarbeiter um ihren Job und Zehntausende Gläubiger um ihr Geld bangen. Eine der größten Pleiten des Jahres war die des Fahrrad- und Freizeitgeräteherstellers Kettler mit 1100 Mitarbeitern. Beim Gebäudeausrüster Imtech - tätig unter anderem am Berliner Hauptstadtflughafen BER - sind sogar 3500 Arbeitsplätze in Gefahr.
Trend dürfte sich abschwächen
Creditreform rechnet damit, dass der Rückgang der Pleiten 2016 an Tempo verlieren dürfte. Der leitende Wirtschaftsforscher von Creditreform, Michael Bretz, rechnet im nächsten Jahr mit ähnlich vielen Unternehmensinsolvenzen wie 2015.
Hauptgeschäftsführer Volker Ulbricht warnte: Schon kleine Änderungen beispielsweise beim Zinsniveau könnten die Lage verschärfen. Denn Hunderttausende Unternehmen seien finanziell schmal aufgestellt - und Millionen Menschen überschuldet.
Ulbricht schätzt die Bonität von fast 311.000 Unternehmen als schwach ein. "Das ist eine bedenkliche Größe. Bezogen auf rund 3,3 Millionen wirtschaftsaktive deutsche Unternehmen sind dies 9,4 Prozent - bei 0,7 Prozent Insolvenzen." Sollte die Konjunktur schwächeln oder die Finanzierung etwa von Investitionen erschwert werden, drohten schnell deutlich mehr Firmenpleiten.
Deutlich weniger Privatinsolvenzen
Für die 6,7 Millionen Erwachsenen in Deutschland, die ihre Rechnungen schon heute nicht begleichen können, gilt ebenfalls: Wer seinen Job verliert, rutscht oft schnell in die Privatinsolvenz. 2015 ging die Zahl der Verbraucherinsolvenzen allerdings deutlich um 8,6 Prozent auf 79.030 und damit auf den niedrigsten Stand seit 2005 zurück.
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Weil am Arbeitsmarkt 2016 noch keine Rückschläge zu erwarten sind, rechnet Bretz vorerst mit einem weiteren Sinken auf etwa 76.500. Tatsächlich sind die Aussichten am Arbeitsmarkt gut, wie die Deutsche Bundesbank in ihrem Konjunkturausblick betont.