Trotz einer Einigung der EU-Finanminister auf das System einer Bankenunion ist das Großprojekt in Gefahr. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) kündigte energischen Widerstand gegen den Kompromiss an, auf den sich die Ressortchefa in einem Sitzungsmarathon verständigt hatten.
Die Finanzminister der Mitgliedsländer hatten sich am Mittwochabend nach zwölfstündigen Verhandlungen auf den letzten Pfeiler des Mammutprojektes verständigt. Die Bankenunion ist das Regelwerk für die Schließung oder Sanierung von Pleitebanken. In der Finanzkrise hatten die EU-Länder insgesamt rund 1,6 Billionen Euro in marode Geldhäuser gepumpt.
"Größter Fehler in der Krisenbewältigung bislang"
Die EU will mit der Bankenunion Sparer besser schützen und Steuerzahler bei Zusammenbrüchen von Geldhäusern schonen. Unterhändler der EU-Institutionen hatten sich zuvor in separaten Verhandlungen auf eine bessere Absicherung von Sparern in Europa geeinigt.
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Ob und wann die Regeln kommen werden, steht allerdings noch in den Sternen. Das EU-Parlament muss seine Zustimmung geben. Parlamentspräsident Schulz sieht dafür aber momentan keine Basis. Würden die Beschlüsse so umgesetzt, "wäre das der größte Fehler in der Krisenbewältigung bislang". Eine Bankenunion mache man richtig oder gar nicht. Das Parlament habe sich zu diesem Thema bereits über alle Fraktionsgrenzen hinweg klar positioniert.
Schulz kritisiert langwierige Entscheidungs-Konstruktion
Statt einer unabhängigen und schnellen Entscheidungsinstanz bei der Bankenabwicklung solle die Hoheit dafür bei den Mitgliedsstaaten bleiben, kritisierte er. Schulz plädiert stattdessen für eine zentrale Rolle der EU-Kommission. Die vorgeschlagene Entscheidungskonstruktion sei zu undurchsichtig und langwierig. Zudem fürchtet Schulz Mehrkosten für die Mitgliedsstaaten und einen Vertrauensverlust an den Märkten.
Verbesserungen für die Sparer
Gemäß der Minister-Vereinbarung müssen sind bei Bankenkrisen die Guthaben von kleinen Sparern in einer Höhe von bis zu 100.000 Euro komplett geschützt. Auf ihr Geld sollen Bankkunden künftig bereits nach sieben statt bisher zwanzig Werktagen zugreifen können, erklärte der SPD-Europaabgeordnete Peter Simon. Mit den Auflagen will die EU auch verhindern, dass es zu "Banken-Runs" kommt, bei denen Kunden angeschlagener Institute panisch ihr Geld abheben - und die Geldhäuser damit in noch größere Bedrängnis bringen.
Bis zu 55 Milliarden Euro
Der Banken-Abwicklungsfonds soll am Ende bis zu 55 Milliarden Euro umfassen. Er könne in der Aufbauphase auch Kredite aufnehmen, falls er klamm sei, so Teilnehmer. Das gepumpte Geld müsse aber letztlich von den Banken nachbezahlt werden. Für den Topf ist ein neuer internationaler Vertrag geplant; er soll bis Ende Februar kommenden Jahres ausgearbeitet werden.
Das neue System zur Bankenabwicklung wird von 2016 an kommen. Es ergänzt die bereits fest vereinbarte europäische Bankenaufsicht, die im November 2014 als erster Pfeiler der Bankenunion starten wird. Beide Pfeiler gelten für die Euroländer sowie Nicht-Eurostaaten, die freiwillig mitziehen.
Schäuble ist zufrieden mit dem Kompromiss
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble begrüßte den mühsam erzielten Kompromiss für die Bankenabwicklung. Das sei der "richtige Beitrag, um eine weitere Stabilisierung des Finanzsektors zu erreichen", sagte der CDU-Politiker. Es sei noch möglich, die Gesetzgebung vor Ende Mai in der laufenden Legislaturperiode des Europaparlaments abzuschließen, sagte Schäuble vor Schulz' Äußerungen.
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Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des deutschen Bankenverbandes, sprach von einem wichtigen "Signal für die europäischen Bankkunden". Das Vertrauen in die Geldhäuser werde gestärkt. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband teilte mit: "Mit dieser Entscheidung gibt es überall in Europa ein einheitliches Mindest-Sicherungsniveau für Einlagen sowie Standards für die entsprechenden Sicherungsfonds. Es ist absolut positiv, dass dabei die besonderen Sicherungssysteme der deutschen Sparkassen-Finanzgruppe uneingeschränkt erhalten bleiben können."