Schutz fürs Herz Welche Impfungen Sie jetzt noch vornehmen sollten

Impfungen beugen nicht nur akuten Infektionen vor, sondern sind auch essenzieller Schutz für das Herz. Das ist das neue Fazit der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die führende Todesursache in Deutschland und verursachen insgesamt etwa 40 Prozent aller Sterbefälle. Bisher galten vor allem hoher Blutdruck, Diabetes und Fettstoffwechselstörungen als größte Risikofaktoren für Erkrankungen wie Herzinfarkt, Herzschwäche und Schlaganfall.
Ein wichtiger Risikofaktor wurde hingegen lange unterschätzt: Viren. Sie belasten nicht nur die Atemwege, sondern oft auch das ganze Herz-Kreislauf-System. Das belegt etwa eine neue Auswertung von über 150 Studien. Die European Society of Cardiology (ESC) bewertet Impfungen gegen bestimmte Viren daher nun offiziell als eigenständige Präventionsmaßnahme für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Indes sind die Impfraten hierzulande so schlecht wie lange nicht.
Impfen ist vierte Säule der Herzprävention
Die ESC stuft Impfungen damit laut Deutscher Herzstiftung als vierte Säule der kardiovaskulären Prävention ein – gleichrangig mit der Behandlung von Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen und Typ-2-Diabetes. Der Grund: Infektionen lösen im Körper Entzündungen aus, die wiederum das Risiko für sogenannte atherosklerotische Herzerkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall und Herzschwäche deutlich erhöhen. Das sind Erkrankungen, die durch verengte und steife Blutgefäße (Arteriosklerose) begünstigt werden.
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Impfungen sollen davor schützen, sich mit Viren oder Bakterien zu infizieren und schwer zu erkranken. Die folgenden Impfungen sind laut Deutscher Herzstiftung unter kardiovaskulären Gesichtspunkten besonders wichtig:
- Grippe (Influenza): Wer sich gegen Grippe impfen lässt, hat ein deutlich geringeres Risiko für schwere Komplikationen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall. Die eingangs erwähnte aktuelle Auswertung zeigte, dass eine Grippeimpfung das Risiko um 34 Prozent senkte. Eine Besonderheit: Patienten, die direkt nach einem Herzinfarkt im Krankenhaus geimpft wurden, hatten ein geringeres Risiko, an den Folgen zu sterben.
- Pneumokokken: Diese Bakterien können schwere Lungenentzündungen auslösen – vor allem bei älteren oder vorerkrankten Menschen. Gefährlich wird das, wenn die Entzündung auf das Herz und die Blutgefäße übergeht. Genau das kann eine Pneumokokken-Impfung in vielen Fällen verhindern. Laut Studien senkt sie das Risiko für Herzinfarkte und andere kardiovaskuläre Ereignisse bei über 65-Jährigen um rund zehn Prozent.
- Covid-19: Ungeimpfte Patienten mit Herzerkrankungen erleben deutlich häufiger schwere Verläufe – inklusive bleibender Schäden oder Tod. Das Risiko, nach einer Infektion an Long Covid zu erkranken, liegt bei ihnen etwa 30 Prozent höher als bei Geimpften. Eine Impfung kann dieses Risiko laut Studien um 43 Prozent verringern. Deshalb empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) allen Menschen ab 60 Jahren eine jährliche Auffrischimpfung – idealerweise im Herbst. Allerdings sind Impfstoffe je nach Impfstofftyp und Virus-Stamm unterschiedlich wirksam.
- RSV (Respiratorisches Synzytial-Virus): Das RS-Virus trifft nicht nur Kleinkinder, sondern auch ältere Erwachsene teils schwer – insbesondere, wenn sie Herz- oder Lungenerkrankungen haben. Bei etwa jedem Fünften in dieser Risikogruppe kommt es nach einer RSV-Infektion zu Herzproblemen. Die Impfung kann dem vorbeugen: Sie reduziert Lungeninfektionen bei älteren Menschen um bis zu 89 Prozent und kann vermutlich auch das Risiko für Folgeerkrankungen am Herzen senken.
- Gürtelrose (Herpes Zoster): Studien zeigen, dass eine Infektion mit einem erhöhten Risiko für Schlaganfälle, Herzinfarkte und vorübergehende Durchblutungsstörungen im Gehirn verbunden ist. Eine Impfung schützt in über 90 Prozent der Fälle vor der Erkrankung und reduziert kardiovaskuläre Komplikationen um mehr als die Hälfte.
- HPV (Humanes Papilloma-Virus): Eine HPV-Infektion kann das Risiko für Arterienverkalkung, Herzinfarkt, koronare Herzkrankheit und Schlaganfall bis auf das Vierfache erhöhen. Die Impfung schützt mit sehr hoher Wirksamkeit – gerade bei Frauen wird damit das Herz-Kreislauf-Risiko gesenkt. Ob die Wirkung bei Männern ähnlich stark ist, wird derzeit noch untersucht.
Trotz klarer Empfehlungen: Kaum jemand lässt sich impfen
Trotz der eindeutigen Studienlage bleibt die Impfquote in Deutschland niedrig. Nur etwas mehr als jeder dritte Mensch über 60 Jahren lässt sich gegen Grippe impfen – bei den unter 60-Jährigen mit Grunderkrankungen sind es noch weniger. Aktuell rät die Ständige Impfkommission (STIKO) Menschen mit einem hohen Risiko für Grippekomplikationen zu einer jährlichen Schutzimpfung. Dazu zählen neben Herzkranken auch Menschen mit Asthma, Diabetes oder HIV. Aber auch gesunden Menschen ab 60 Jahren sowie Schwangeren ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel wird zu der Impfung geraten. Ab der Grippesaison 2025/26 empfiehlt die STIKO für alle Personen ab 60 Jahren allerdings einen neuen Impfstoff.
Gegen Pneumokokken sind sogar nur 20 Prozent der über 60-Jährigen geschützt. Eine Pneumokokken-Impfung wird grundsätzlich allen Personen über 60 Jahren empfohlen. Die ESC rät alle fünf bis zehn Jahre zur Auffrischimpfung, insbesondere bei Herzinsuffizienz.
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Bei der Covid-19-Impfung zeigt sich ein ähnliches Bild: Lediglich 16 Prozent der über 60-Jährigen erhielten im Winter 2023/24 die empfohlene Auffrischimpfung. Auch die Impfung gegen Gürtelrose, die seit 2018 empfohlen wird, nehmen nur etwa 21 Prozent der über 60-Jährigen wahr. Allerdings zeigt sich hier ein zunehmender Trend.
Auch Menschen mit angeborenen Herzfehlern, transplantierten Herzen oder schwerer Herzinsuffizienz sollten sich unbedingt regelmäßig impfen lassen. In diesen Gruppen ist das Infektionsrisiko besonders hoch – und die Folgen einer Erkrankung besonders schwer.
Gleichzeitig impfen? Ja, das geht
Die ESC empfiehlt die Impfungen rechtzeitig – also vor dem Winter – vorzunehmen. Zudem gibt sie den Tipp: Impfungen gegen Grippe, Pneumokokken, RSV und Covid-19 können problemlos am selben Tag verabreicht werden.
- herzstiftung.de: "Wie Impfen zum Herzschutz beiträgt". (Stand: September 2025)
- rki.de: "Impfquoten in Deutschland – Ergebnisse aus dem RKI-Impfquotenmonitoring". (Stand: Dezember 2024)
- rki.de: "Impfquoten in Deutschland: Begleitfolien zu aktuellen Ergebnissen aus dem RKI-Impfquotenmonitoring". (Stand: April 2025)
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.



