Was Hersteller dürfen und was nicht Werbung für Vitaminpillen – klare Regeln, viele Verstöße

Ob ein besseres Gedächtnis oder schnelles Abnehmen: Anbieter von Nahrungsergänzungsmitteln versprechen oft mehr als erlaubt. Welche Aussagen sind zulässig?
Der Markt für Nahrungsergänzungsmittel boomt: Die (Online-)Regale sind gefüllt mit zahlreichen Produkten in unterschiedlichen Darreichungsformen – etwa Vitamin-D-Pillen, Omega-3-Kapseln und Brausetabletten mit Magnesium. Beliebt sind Kombinationspräparate, die mehrere Nährstoffe beinhalten und zum Beispiel als Saft oder Pulver angeboten werden.
Beworben werden diese Produkte unter anderem durch Influencer, in Anzeigen oder TV-Spots. Nicht selten finden sich auch auf den Verpackungen gesundheitsbezogene Aussagen, etwa: "Trägt zu einer normalen Funktion des Immunsystems bei."
Der Gesetzgeber macht klare Vorgaben, was diese sogenannten Health Claims beinhalten dürfen und was nicht. Dennoch kommt es immer wieder vor, dass diese Richtlinien nicht eingehalten werden. Die Verbraucherorganisation Foodwatch stellte etwa in einer Untersuchung fest, dass Influencer in sozialen Netzwerken zunehmend Werbeaussagen treffen, die gegen die gesetzlichen Richtlinien verstoßen.
Was ist ein Health Claim?
Ein Health Claim ist eine gesundheitsbezogene Aussage zu einem Lebensmittel oder Lebensmittelbestandteil. Health Claims müssen wissenschaftlich fundiert sein und dürfen nicht willkürlich verwendet werden.
Nur bestimmte Werbeaussagen erlaubt
Nahrungsergänzungsmittel werden rechtlich den Lebensmitteln zugeordnet. Während Arzneimittel geprüft und vom Gesetzgeber zugelassen werden müssen, bevor sie in den Umlauf kommen, gibt es eine solche Zulassung für Nahrungsergänzungsmittel (mit Ausnahme sogenannter "neuartiger Nahrungsergänzungsmittel" etwa aus synthetischen Verbindungen) nicht. Wie hoch die Tagesdosis eines Nährstoffs maximal sein darf, ist zudem nicht festgelegt. Hierzu gibt es lediglich Empfehlungen.
Im Gegensatz zu Arzneimitteln ist der Vertrieb von Nahrungsergänzungsmitteln also weniger streng geregelt. Das bedeutet aber nicht, dass Hersteller uneingeschränkt für ihr Produkt werben dürfen. Vielmehr gibt es eindeutige rechtliche Beschränkungen.
Welche Health Claims zulässig sind
Grundsätzlich ist es erlaubt, gesundheits- und nährstoffbezogene Aussagen zu einem Präparat zu treffen – allerdings nur ganz bestimmte und in festgelegten Formulierungen. Welche das sind, hat die EU 2007 in der sogenannten Health-Claims-Verordnung festgehalten.
Voraussetzung für die Verwendung eines Health Claims ist, dass
- der Claim in der Positivliste der Health-Claim-Verordnung aufgeführt ist und
- das Nahrungsergänzungsmittel die jeweiligen Stoffe mindestens in einer gewissen Menge enthält.
Ein Hersteller darf also nicht einfach Behauptungen über sein Produkt aufstellen, sondern muss die Vorgaben der Health-Claims-Verordnung beachten.
Beispiele für zulässige Health Claims sind:
- "Vitamin C trägt zur normalen Funktion des Immunsystems bei."
- "Weizenkleie trägt zur Beschleunigung der Darmpassage bei."
- "Calcium wird für die Erhaltung normaler Knochen benötigt."
Auch bestimmte Aussagen zur Reduzierung eines Krankheitsrisikos zählen dazu, etwa: "Beta-Glucan aus Gerste verringert/reduziert nachweislich den Cholesterinspiegel im Blut. Ein hoher Cholesterinwert ist ein Risikofaktor für die koronare Herzerkrankung." Dabei muss deutlich darauf hingewiesen werden, welche Menge des Produkts nötig wäre, um einen Effekt erzielen zu können.
Werbung darf nicht irreführend sein
Nicht zulässig sind grundsätzlich Aussagen zu Nahrungsergänzungsmitteln, die sich auf die Vorbeugung oder Linderung/Heilung einzelner Krankheiten beziehen. Beispielsweise darf eine Werbung nicht behaupten, ein Vitaminpräparat helfe gegen Depressionen oder beuge Demenz vor. Auch Angaben zu einer Gewichtsabnahme innerhalb eines definierten Zeitraums (etwa "Zehn Kilogramm verlieren in sechs Monaten") sind verboten, ebenso wie irreführende oder potenziell angstmachende Aussagen.
Eine Werbeaussage darf sich zudem (mit wenigen Ausnahmen) nicht auf ein gesamtes Lebensmittelprodukt beziehen, sondern nur auf einzelne Inhaltsstoffe – etwa auf ein besonderes Vitamin oder einen Mineralstoff. Wissenschaftlich nicht nachgewiesene Aussagen sind ebenfalls nicht erlaubt. Überdies darf nicht behauptet werden, dass der Nährstoffbedarf gesunder Personen allein durch eine ausgewogene Ernährung nicht gedeckt werden kann.
Kritisch bleiben
Trotz gesetzlicher Regelungen gibt es immer wieder Verstöße gegen die Health-Claims-Verordnung. Daher empfiehlt es sich grundsätzlich, kritisch zu bleiben und einige Dinge zu beachten.
Hersteller müssen auf der Verpackung Dosierempfehlungen angeben und auszeichnen, welche Menge eines Nährstoffs mit einer Tagesdosis erreicht wird. Die empfohlene Dosis sollte nicht überschritten werden.
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Vor dem Griff zum Nahrungsergänzungsmittel empfiehlt es sich zudem, ärztlichen Rat zu suchen. Denn ein Zuviel an manchen Nährstoffen kann negative Folgen haben – bis hin zu einer Vergiftung. Wer etwa übermäßig viel Vitamin A zu sich nimmt, riskiert Beschwerden wie Kopfschmerzen, Haut- und Skelettveränderungen oder Leberschäden. Der Arzt kann ermitteln, ob tatsächlich ein Nährstoffmangel vorliegt und wie ausgeprägt dieser ist.
Nicht zuletzt ist ein Produkt mit Health Claim kein Garant dafür, dass es tatsächlich für eine Person sinnvoll ist. In vielen Fällen lässt sich die empfohlene Nährstoffmenge auch über eine ausgewogene Ernährung decken.
- "Food and Feed Information Portal Database". Online-Informationen der European Commission: https://ec.europa.eu (Abrufdatum: 3.11.2025)
- "Nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (Health Claims)". Online-Informationen des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit: www.bvl.bund.de (Abrufdatum: 3.11.2025)
- "Vitamin A-Produkte – was ist sinnvoll?" Online-Informationen der Verbraucherzentrale: www.klartext-nahrungsergaenzung.de (Stand: 28.7.2025)
- "foodwatch-Report: ‘Zu #gesund um wahr zu sein?’". Online-Informationen von foodwatch Deutschland: www.foodwatch.org (Stand: 20.6.2025)
- "Lebensmittel mit Gesundheitsversprechen". Online-Informationen der Verbraucherzentrale Hessen e. V.: www.verbraucherzentrale-hessen.de (Stand:17.6.2025)
- "Gesundheitsversprechen: Was ist erlaubt, was nicht?". Online-Informationen der Verbraucherzentrale NRW e. V.: www.verbraucherzentrale.de (Stand: 27.2.2024)
- "Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel" (PDF) (Dezember 2006)
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.


