Brotsorten Was die Kruste über unsere Gesundheit verrät

Seit Jahrtausenden prägt es unsere Kultur und ist ein Synonym für Ernährung. Die Herstellung von Brot beeinflusst allerdings den gesundheitlichen Wert entscheidend.
Irgendwann in der Altsteinzeit begann die Karriere eines Nahrungsmittels, das mittlerweile Kulturgut ist, wenn nicht sogar Synonym für Ernährung und Lebensunterhalt: "sich sein Brot verdienen", "es im Schweiße seines Angesichts essen" heißt es – und "unser täglich Brot" schaffte es bekanntlich sogar in die Gebete.

Zur Person
Dr. med. Yael Adler ist Fachärztin für Dermatologie, Venerologie, Phlebologie und Ernährungsmedizin (DGEM). Ihre Bücher "Haut nah" und "Darüber spricht man nicht" standen auf Platz 1 der "Spiegel"-Bestsellerliste. Ihr neuestes Buch "Genial ernährt! – Klüger essen, entspannter genießen, besser leben" wurde gerade veröffentlicht. Lesen Sie mehr zu Yael Adler.
Dabei begann alles damit, dass Wildgerste und wilder Hafer zu Mehl vermahlen wurden und der Brei dann wahrscheinlich gekocht oder gebacken wurde, um das Mehl essbar zu machen. Vor etwa 10.000 Jahren setzte der gezielte Anbau von Getreide ein – als Grundzutat der Ernährung. Seitdem ist der Siegeszug des Brotes nicht aufzuhalten.
Gegen eine derartige Erfolgsgeschichte anzustänkern, geht eigentlich gar nicht. Trotzdem sei die Frage erlaubt, wohin uns das geführt hat. Immerhin hat die moderne Zivilisation mittlerweile unsere Ernährungsgewohnheiten verändert, und bei der Brotmassenproduktion geht's nun mal nicht überall zu wie beim Biobäcker. Hier in Deutschland wird das meiste Brot aus Weizen oder Roggen gemacht, aber schon die möglichen Mischungsverhältnisse dieser Zutaten lassen eine annähernd unüberschaubare Vielfalt zu – vom dunklen, kräftigen Bauernbrot bis hin zum fluffigen Toastbrot.
Die Randschichten sind voller Nährstoffe
Also, wie gesund ist Brot eigentlich? Die eindeutige Antwort lautet: Es kommt darauf an. Brot hat mit etwa 220–250 Kilokalorien (kcal) pro 100 Gramm eine relativ hohe Konzentration an Energie und besteht überwiegend aus Stärke. Ballaststoffe, Saaten und Vollkorn senken die Kaloriendichte nicht unbedingt, erhöhen aber die Sättigungswirkung und unterstützen Darmflora sowie Mikronährstoffversorgung.
Weißbrot, Toast, Baguettes und Croissants enthalten vor allem Stärke und wenig Ballaststoffe, Mineralstoffe oder Vitamine. Diese sitzen überwiegend in den Randschichten des Korns, die bei der Verarbeitung verloren gehen. Der Mehlkörper selbst enthält weniger Nährstoffe. Weißbrot lässt den Blutzucker rasch ansteigen und sättigt kürzer. Traditionelles Baguette reifte oft 12–24 Stunden mit wenig Hefe – das verbessert Aroma und Verträglichkeit.
Ein guter Teig braucht seine Zeit
Diese Ruhezeit ist beim Brot generell wichtig, um schwer verdauliche Stoffe wie FODMAPs (fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide und Polyole) abzubauen. Sie können Bauchbeschwerden und Blähungen begünstigen. Außerdem hilft eine lange Teigführung, den Gehalt an Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATI) zu reduzieren – Abwehrstoffe der Pflanzen, die Entzündungsprozesse im Darm anstoßen können und im Zuchtweizen verstärkt vorkommen. So wird die Bekömmlichkeit verbessert. Die Aromen können sich entwickeln, und im Backprozess entsteht eine knusprige Kruste.
In der Maillard-Reaktion – einem Zusammenspiel von Aminosäuren und Zuckern bei hohen Backtemperaturen – bilden sich braune Röststoffe. Sie können unter anderem Melanoidine enthalten, die antioxidativ wirken. Diese möglichen positiven Eigenschaften sind aktuell Gegenstand der Forschung. Bei zu intensiver Bräunung steigt jedoch die Bildung von Acrylamid (wahrscheinlich krebserregend und Nerven schädigend bei hoher Belastung) – weshalb man besser golden statt dunkel backen sollte.
In der industriellen bzw. Massenherstellung muss auf Tempo gesetzt werden. Die aufwendige Teigführung wird nicht selten durch Zusatzstoffe und technologische Hilfen ersetzt. Das macht das Gebäck schneller, aber ernährungsphysiologisch oft schlechter.
Sauerteig oft besser verträglich
Weitaus günstiger als Weißgebäck ist Vollkornbrot: Hier sind die Randschichten des Getreidekorns mit dabei und liefern deutlich mehr Ballaststoffe, B-Vitamine, Mineralstoffe (z. B. Eisen, Magnesium, Zink) und sekundäre Pflanzenstoffe. Zwei Scheiben Vollkorn-Saatenbrot haben zwar nicht zwingend weniger Kalorien als zwei Scheiben Toast, machen aber länger satt, fördern die Vielfalt des Mikrobioms und dämpfen Heißhunger. Auch der höhere Gehalt an löslichen Ballaststoffen trägt zur Sättigung und zu stabileren Blutzuckerverläufen bei. Das gilt ebenso für Roggenmischbrot mit Sauerteig.
Dinkelvollkornbrot ist nährstoffreich, Unterschiede zu Weizenvollkorn liegen eher in Geschmack, Struktur, Protein-/Glutengehalt und individueller Verträglichkeit. Sauerteigbrote werden häufig gut vertragen, weil während der Fermentation FODMAPs und Phytate teilweise abgebaut werden und so die Mineralstoffverfügbarkeit steigt. Bei der Autoimmunkrankheit Zöliakie (Glutenintoleranz) ist Brot aus glutenhaltigem Getreide – auch als Sauerteig – ungeeignet.
Hier ist Gluten ein Tabu
Wird Brot nach dem Backen abgekühlt oder gar tiefgefroren, kann ein Teil der Stärke in resistente Stärke übergehen. Diese ist für uns unverdaulich, dient aber Darmbakterien als Nahrung: Das unterstützt die Darmflora, kann den Blutzucker nach dem Essen weniger stark ansteigen lassen, den Cholesterinspiegel senken und die Bildung kurzer Fettsäuren anregen. Diese schützen den Darm, wirken gegen Entzündungen und stärken das Immunsystem.
Kritisch im Blick behalten sollte man neben FODMAPs und ATIs auch Gluten. Bei Zöliakie ist Gluten strikt tabu; unbehandelt kann sie die Dünndarmschleimhaut schädigen und systemische Folgen haben. Symptome reichen von Bauchbeschwerden und Durchfällen bis zu Hautproblemen oder Gewichtsverlust. Daneben gibt es eine Nicht-Zöliakie-Weizen-/Glutensensitivität, die häufig eher mit FODMAPs oder ATIs als mit Gluten selbst zusammenhängt. Auf Weizen zu verzichten, hilft vielen Menschen, unspezifische Beschwerden zu vermindern.
Kaffee in den Brotteig
Wer auf Nummer sicher gehen will, backt selbst – ohne schwer durchschaubare Backmischungen. So lassen sich gesundheitsfördernde Zutaten integrieren: Flohsamenschalen erhöhen den Ballaststoffanteil, unterstützen die Darmgesundheit, können Cholesterin senken und sättigen. Akazienfaser ist mikrobiotafreundlich und meist gut verträglich. Sonnenblumenkerne, Kürbiskerne, Leinsamen oder Sesam bringen gesunde Fette, Eiweiß und Mineralstoffe und einen besonderen "Crunch".
Für Farbe und sekundäre Pflanzenstoffe eignen sich Rote Bete, Karotten, Spinat oder Kurkuma (Carotinoide, Polyphenole, Anthocyane mit antioxidativ-entzündungshemmenden Effekten). Selbst fein vermahlener, getrockneter Kaffeesatz kann in kleinen Mengen Polyphenole, Bitterstoffe und ein nussiges Aroma beisteuern.
Beißen Sie sich also durch, testen Sie, was am besten für Sie ist – und kommen Sie gesund durch die Zeit!
- Eigene Meinung
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.





