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Intensivstation: Darum sind trotz Corona-Krise immer mehr Betten gesperrt


Vor dem Corona-Winter
Intensivbetten in Deutschland: "Wir sind in einer absurden Situation"


Aktualisiert am 28.10.2021Lesedauer: 3 Min.
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Covid-Intensivstation: Weil es zu wenig Personal gibt, werden immer mehr Betten gesperrt.Vergrößern des Bildes
Covid-Intensivstation: Weil es zu wenig Personal gibt, werden immer mehr Betten gesperrt. (Quelle: Reichwein/imago-images-bilder)

Obwohl es aktuell wieder vermehrt Covid-Patienten auf den Intensivstationen gibt, werden immer mehr Betten gesperrt. Der Grund dafür ist dramatisch – und die Lage scheint sich weiter zu verschärfen.

Immer mehr Betten auf deutschen Intensivstationen sind gesperrt und stehen nicht zur Verfügung. Zu diesem Ergebnis kommen die Initiatoren einer Umfrage unter 643 Intensivmedizinern der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) und der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin (DGIIN). Doch woran liegt das, werden die Betten mitten in der vierten Corona-Welle nicht dringend benötigt?

Warum sind so viele Betten gesperrt?

"Dahinter steckt keine böse Absicht – es fehlt schlicht das geschulte Pflegepersonal", erklärt der ehemalige Präsident der Divi, Professor Uwe Janssens. Er ist zudem Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Internistische Intensivmedizin St.-Antonius-Hospital. Die schon vor der Pandemie nachweisbaren Probleme in der Intensivmedizin haben sich demnach noch verstärkt. "Die zurückliegenden, zermürbenden Monate haben zu einer Verschlechterung der Stimmung und zu weiteren Kündigungen von Stammpflegekräften geführt."

Grund für die gesperrten Betten sei daher, dass viele Pflegekräfte wegen der Belastungen ihren Beruf beendet oder ihre Arbeitszeit reduziert hätten, sagte auch der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Gernot Marx, bei "MDR Aktuell".

Ist der Mangel auch für Patienten spürbar?

Von der Divi heißt es dazu, in der kommenden Zeit sei auch mit einer spürbaren Einschränkung in der Versorgung der Bevölkerung zu rechnen.

Bereits jetzt sind der Umfrage zufolge 20 Prozent der maximal betreibbaren High-Care-Betten, in denen Patienten invasiv beatmet werden können, sowie sogar 35 Prozent der Low-Care-Betten auf Intensivstationen gesperrt. "Konkret können wir einen Negativ-Trend auch anhand der gemeldeten freien und belegten Betten im Divi-Intensivregister verfolgen", sagt Professor Christian Karagiannidis, wissenschaftlicher Leiter des Divi-Intensivregisters.

"So sind wir derzeit in der absurden Situation, dass wir zwar glücklicherweise nur rund 1.500 Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen behandeln müssen, gleichzeitig fehlen uns aber mehr als 4.000 Betten", sagt Gernot Marx. "So verzeichnen wir wieder eine Einschränkung der Notfallversorgung und müssen geplante, schwere Operationen von Patienten verschieben – eine dauerhaft nicht vertretbare Situation mit Blick auf die uns anvertrauten Patienten“, mahnt der Präsident.

Man werde zwar alle Covid-19-Patienten versorgen können. "Aber wenn die Zahlen wieder deutlich nach oben gehen, werden wir wieder Operationen absagen. Das ist natürlich nicht das, was wir wollen."

Wie viele Betten stehen aktuell zur Verfügung?

Und auch die Zahlen zeigen, was bereits in der Umfrage angekündigt wird: Am 27. Oktober wurden insgesamt rund 22.000 betreibbare Intensivbetten gemeldet. Am 1. Januar dieses Jahres waren es noch 26.475 Betten, also rund 4.400 mehr – und das war zum Höhepunkt der zweiten Corona-Welle, in der zahlreiche Pflegekräfte selbst erkrankt waren und ausfielen.

Mit Blick auf die aktuell belegten und freien Betten sind die Zahlen besonders alarmierend: Während vor einem Jahr noch rund 8.000 Betten frei waren, sind es aktuell nur noch etwas mehr als 2.500. Käme mit der Infektionswelle auch eine ähnlich hohe oder gar höhere Welle an Covid-Intensivpatienten als noch 2020 auf die Krankenhäuser zu, wären diese schnell an der Belastungsgrenze.

Was droht uns angesichts des Personal- und Bettenmangels?

Mitautor Professor Stefan Kluge, Direktor der Klinik für Intensivmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, spricht deshalb aus, was aus der Erkenntnis immer weniger betreibbarer Betten folgen kann: Eine absehbar schwere Herbst- und Winterwelle mit vielen Covid-19-Patienten, aber auch anderen Krankheiten wie Grippe oder RSV, könne die Intensivmedizin in Deutschland erneut an und über ihre Grenzen bringen. "Der Beatmungsanteil von Intensivpatienten wird voraussichtlich deutlich steigen und mit ihr auch die Arbeitsbelastung des Personals", so Kluge.

Welche Lösungen werden vorgeschlagen?

Grundsätzlich gilt es natürlich, die Pflegekräfte langfristig zu halten und auch berufliche Perspektiven zu bieten. So sollen beispielsweise die Arbeitsbedingungen auf den Intensivstationen spürbar verbessert werden.

"Für eine erfolgreiche Bewältigung der Corona-Pandemie ist es jetzt unbedingt erforderlich, das System grundlegend zu reformieren“, fordert Professor Felix Walcher, Präsident elect der Divi und Direktor der Klinik für Unfallchirurgie am Universitätsklinikum Magdeburg. Ideen dazu hat die Divi bereits im März veröffentlicht. Darunter der Aufbau von psychosozialen Angeboten für die Mitarbeiter sowie die Einführung moderner Arbeitszeitmodelle. "Es gilt unbedingt berufliche Perspektiven für die Pflege zu schaffen", resümiert Walcher.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Situationsbericht Divi
  • Pressemitteilung Divi: "Fehlende Pflegekräfte auf Intensivstationen: In jedem dritten Bett kann kein Patient mehr behandelt werden"
  • Nachrichtenagentur dpa
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