Experten im Gespräch EU macht Druck: Hat die Einspeisevergütung eine Zukunft?

Milliarden fließen jedes Jahr in die Förderung erneuerbarer Energien. Doch das Erneuerbare-Energien-Gesetz muss reformiert werden. Fachleute warnen vor einem zu späten Kurswechsel.
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in seiner aktuellen Form läuft Ende 2026 aus. Ab 2027 fordert die EU eine Reform, inklusive eines Rückzahlungsmechanismus (Clawback). Wie die Förderung künftig aussehen soll, ist umstritten. Das Science Media Center (SMC) hat Experten gefragt, welche Modelle sinnvoll sein könnten.
Hohe Kosten für den Staat
Bislang unterstützt das EEG Betreiber von Wind-, Solar- und Biomasseanlagen mit einer festen Vergütung (Marktprämie): Sie erhalten bei der Einspeisung ihres Stroms einen garantierten Mindestpreis pro Kilowattstunde. Liegt der Strompreis an der Strompreisbörse darunter, zahlt der Staat die Differenz. Liegt er darüber, behalten die Betreiber die Mehrerlöse. Für diese Förderung gibt der Staat mehrere Milliarden aus. Im Jahr 2024 waren es rund 18,5 Milliarden Euro.
Bundesministerin für Wirtschaft und Energie Katherina Reiche stellte zuletzt infrage, ob private Solaranlagen überhaupt noch staatlich gefördert werden sollten. Der Grund: Viele Betreiber kleiner PV-Dachanlagen speisen ihren Strom ins Netz ein, wenn sie ihn selbst nicht benötigen – unabhängig vom aktuellen Stromangebot. Für diese Einspeisung erhalten diese die gesetzlich garantierte Vergütung.
Problematisch ist dabei, dass die Einspeisung oft zu Zeiten erfolgt, in denen ohnehin ein hohes Aufkommen an Strom aus erneuerbaren Energien, insbesondere durch andere PV-Anlagen, besteht. Da viele Anlagen gleichzeitig Strom einspeisen und dabei nicht auf die aktuelle Netzsituation oder ein mögliches Überangebot achten, kann es zu einer Überlastung des Stromnetzes kommen. Dies erhöht das Risiko von Netzinstabilitäten (Brownouts) bis hin zu großflächigen Stromausfällen (Blackouts).
Differenzverträge im Gespräch – eine Alternative?
Als Alternative zum bisherigen Modell könnten sogenannte Differenzverträge (englisch: "Contracts for Difference"; kurz: CfD) eingeführt werden. Diese funktionieren ähnlich wie bisherige staatliche Zuschüsse, enthalten aber eine wichtige Neuerung: Die Betreiber von Wind- oder Solaranlagen erhalten bei niedrigen Strompreisen weiterhin eine finanzielle Unterstützung. Steigen jedoch die Preise an der Strombörse stark, müssen sie einen Teil der Einnahmen an den Staat zurückzahlen.
Für Verbraucher mit dynamischen, also an den Börsenpreis angepassten Stromtarifen, könnten solche Verträge einen wichtigen Vorteil bringen: Sie ermöglichen langfristig stabile und kalkulierbare Strompreise. Dabei verteilt sich das Risiko der Preisschwankungen auf viele verschiedene Anlagen und die Belastung für jeden Einzelnen reduziert sich. CfDs schützen Verbraucher also vor plötzlichen, heftigen Strompreissprüngen und machen die Stromversorgung insgesamt verlässlicher und fairer.
Ein Beispiel verdeutlicht das: Ein Betreiber erhält im Vertrag einen festen Preis von 10 Cent pro Kilowattstunde garantiert. Liegt der Börsenpreis bei 6 Cent, zahlt der Staat die fehlenden 4 Cent dazu. Steigt der Preis auf 16 Cent, muss der Betreiber die 6 Cent Differenz zurückzahlen. Für Verbraucher bedeutet das, dass starke Strompreissteigerungen abgefedert werden und gleichzeitig der Ausbau erneuerbarer Energien sicher finanziert bleibt. So entsteht ein fairer Ausgleich, der Preissicherheit schafft und vor plötzlichen Kostensteigerungen schützt.
DIW-Experte fordert Differenzverträge
Das Science Media Center hat daraufhin Experten nach ihrer Einschätzung zu dieser Alternative gefragt. Karsten Neuhoff, Leiter der Abteilung Klimapolitik beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), spricht sich für Differenzverträge in Verbindung mit einer staatlichen Absicherung für die Produzenten aus. So könnten Verbraucher direkt von verlässlichen Strompreisen profitieren. Zudem sollten Ausschreibungen künftig stärker netzdienliches Verhalten belohnen – etwa Solaranlagen, die morgens und abends Strom liefern, oder Windkraft im Süden, die das Netz gleichmäßiger auslastet. Bioenergie müsse sich stärker auf Speicher- und Reservezwecke ausrichten, statt dauerhaft Strom zu produzieren.
Auch Florian Egli, Leiter der Forschungsgruppe Public Policy for the Green Transition an der Technischen Universität München (TUM), plädiert für Differenzverträge. Angesichts geopolitischer Unsicherheiten sei ein hohes Tempo beim Ausbau erneuerbarer Energien nötig. Feste Einspeisevergütungen für private Aufdach-Solaranlagen seien dagegen nicht mehr zeitgemäß. Stattdessen sollten variable Strompreise Anreize schaffen, Speicher und Einspeisung besser auf das Netz abzustimmen. Zusätzlich brauche es mehr Batteriespeicher und einen schnelleren Netzausbau.
Die Leiterin des ifo Zentrums für Energie, Klima und Ressourcen, Karen Pittel, weist darauf hin, dass große Wind- und Solaranlagen heute oft auch ohne Förderung wirtschaftlich betrieben werden können – wenn die Standortbedingungen stimmen. Wichtig sei, bestehende Förderungen planbar abzuschmelzen und das Ende klar zu kommunizieren, um Investitionen nicht zu gefährden. Sie spricht sich außerdem für eine gezielte Förderung von Innovationen aus, etwa bei neuen Batteriemodellen, Langzeitspeichern oder Technologien zur flexiblen Stromnachfrage.
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CfDs bieten jedoch nicht nur Vorteile. Kritiker bemängeln, dass zu starre Preisstrukturen zu fehlenden Flexibilitätsanreizen im Stromverbrauch oder -angebot führen. Auch ist die Ausgestaltung der Verträge komplex und die Weitergabe der Abrechnungsmodelle an Verbraucher kompliziert.
Noch ist allerdings offen, wie die Bundesregierung das Fördersystem reformieren wird. Klar ist nur, dass mit dem Auslaufen des EEG in seiner jetzigen Form die Förderung für erneuerbare Energien neu geregelt werden muss.
- Science Media Center, Pressemitteilung liegt der Redaktion vor
- sciencemediacenter.de: "Startseite – Science Media Center Germany
- sciencemediacenter.de: "Strommarkt: In wie viele Preiszonen sollte Deutschland geteilt werden?"
- diw.de: "Arbeitsgruppe Sozial-Ökologische Transformation (SOET)"
- diw.de: "Neuhoff, Karsten"


