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Strompreise: Katherina Reiche für zentralen Beschluss kritisiert


"Es wird zum Schwur kommen"
Reiche ignoriert Strompreis-Hebel: Beraterin macht Ansage


17.09.2025Lesedauer: 3 Min.
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Katherina Reiche: Die Wirtschaftsministerin will beim Ökostromausbau bremsen. (Quelle: IMAGO/Frederic Kern)
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Wirtschafts- und Energieministerin Katherina Reiche betont bei der Präsentation ihres Gutachtens zur Energiewende: Die Kosten müssen runter. Einen wichtigen Hebel dafür ignoriert sie jedoch.

Wirtschafts- und Energieministerin Katherina Reiche spricht sich für einen Kurswechsel bei der Energiewende aus. Insbesondere geht es ihr darum, die Kosten zu senken. Die CDU-Politikerin sagte am Montag bei der Vorstellung ihres Gutachtens zum Stand der Energiewende in Berlin, das Energiesystem müsse so effizient gestaltet werden, dass Industrie, Verbraucher und öffentliche Haushalte nicht überfordert werden.

Regierung ignoriert wichtigen Hebel für günstigere Strompreise

Dabei will die Bundesregierung allerdings einen zentralen Hebel zur Senkung der Stromkosten nicht nutzen. Das kritisiert am Mittwoch die Ökonomin und Beraterin von Wirtschaftsministerin Reiche, Veronika Grimm, explizit: "Die meisten Energieökonomen sind sich einig: Notwendig wären regional differenzierte Preissignale in Deutschland – also mehrere Preiszonen –, um die zahlreichen Investitions- und Produktionsentscheidungen der Akteure im Strommarkt zu koordinieren." Dass dies nicht geplant sei, mache ihr Sorgen, so die Wirtschaftsweise im Interview mit dem "Tagesspiegel Background".

Tatsächlich wird auch auf EU-Ebene die Aufteilung Deutschlands in mehrere Preiszonen befürwortet. In Deutschland gibt es nur eine sogenannte Stromgebotszone – anders als in anderen europäischen Ländern, wie zum Beispiel Italien, Dänemark und Schweden. Das bedeutet, dass deutsche Stromanbieter ihren Strom zu einem einheitlichen Preis am Markt verkaufen, völlig unabhängig davon, ob der Windanlagenbetreiber seinen Strom günstiger erzeugen kann als der Gaskraftwerksbetreiber. Der Preis wird anhand von Angebot und Nachfrage bestimmt: Wenn gerade viel Ökostrom produziert werden kann, dann sinkt der Preis. Das gilt dann für alle, ob man nun in Hamburg, Berlin oder München wohnt.

Dieses System hat lange funktioniert. Jetzt aber kommt es an seine Grenzen, denn: Im Süden des Landes wird weniger erneuerbarer Strom (vor allem aus Windkraft) erzeugt als im Norden. Das hat zum Teil geografische Gründe: In Schleswig-Holstein an der Küste ist es einfacher, Strom aus Windenergie zu produzieren als in den bayerischen Alpen. Dass in Nordrhein-Westfalen mittlerweile kumuliert über 7.000 MW Windkraftleistung installiert sind, in Baden-Württemberg jedoch nur 1.889 MW, lässt sich allerdings durch die Geografie kaum erklären.

Regierung will die süddeutsche Industrie nicht vor den Kopf stoßen

Zwischen den Bundesländern ist beim Ausbau der Erneuerbaren mittlerweile ein enormes Gefälle entstanden. Das löst nicht nur politischen Unmut aus, sondern führt auch zu Engpässen im Stromnetz. So kommt es mittlerweile regelmäßig vor, dass im Norden oder im Osten viel Strom erzeugt wird, dieser aber nicht in den Süden transportiert werden kann, wo er benötigt wird. Wenn das passiert, werden Windkraftanlagen abgeschaltet und stattdessen springen Kohlekraftwerke im Ruhrgebiet ein. Trotzdem sinkt der Strompreis für alle, weil ja theoretisch viel Ökostrom erzeugt wird. Dieses System nennt man "Redispatch" – und es kostet Milliarden.

Deshalb fordern Energieexperten eine Teilung in verschiedene Strompreiszonen, damit der Preis sich mehr an den regionalen Bedingungen orientiert und weil dies ein klares Signal an die Regionen mit weniger erneuerbaren Energien wäre, hier mehr zu tun.

Die Bundesregierung lehnt diesen Vorstoß jedoch ab. Begründet wird das damit, dass dann vor allem in Bayern und Baden-Württemberg die Strompreise steigen würden. Da dies auch die wirtschaftsstärksten Länder sind, würde das die Industrie dort noch mehr belasten. Die nord- und ostdeutschen Länder wiederum beklagen, dass sie eigentlich mehr Unternehmen durch niedrigere Strompreise anlocken könnten, wenn es keine Einheitszone gäbe.

Auch im Energiewendebericht des Wirtschaftsministeriums werden im Stromsystem mehr regionale Signale gefordert, um es insgesamt günstiger zu machen. Katherina Reiche betonte auf der Pressekonferenz aber erneut: Es werde keine Teilung der Stromzonen geben.

Experte: Es wird "zum Schwur kommen"

Das kritisierte nicht nur Veronika Grimm. Auch Felix Matthes, Energieexperte am Öko-Institut, betonte in einem Pressebriefing des Science Media Center: "Man sagt auf der einen Seite, [es] sind diese Nicht-Regionalisierungssignale ein Kostentreiber. Klare Antwort: Sind sie. Auf der anderen Seite schließt man das mächtigste Instrument, was wir in diesem Bereich haben, explizit aus." Aus seiner Sicht wird es bei diesem Thema relativ schnell "zum Schwur kommen". Die Politik werde sich entscheiden müssen, "ob die Systemkosten wirklich ein Thema sind oder ob man sie eigentlich als Vorwand genommen hat".

Dass die Bundesregierung in dieser Frage ihre Meinung noch mal ändert, ist unwahrscheinlich. Allerdings muss sie sich mit der EU darüber einig werden. Theoretisch hat die EU-Kommission die Macht, eine Teilung der Stromzonen zu bestimmen. Bis Ende des Jahres muss die Bundesregierung daher eine Vereinbarung mit der EU aushandeln, wenn sie die einheitliche Strompreiszone beibehalten will.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche

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