Bis zu 50 Prozent Rabatt Neue Strompreismodelle kommen nach Deutschland

Ein deutscher Stromanbieter bietet seit Kurzem einen neuen Tarif für Stromkunden an: einen Windstromtarif. Profitieren können Kunden, die in der Nähe bestimmter Windräder leben.
Schon seit einiger Zeit gibt es für Stromkunden die Möglichkeit, ihren Verbrauch an die Verfügbarkeit von erneuerbaren Energien anzupassen und dadurch zu bestimmten Zeiten finanziell zu profitieren. Diese sogenannten dynamischen Stromtarife müssen seit Beginn des Jahres 2025 verpflichtend im Portfolio aller Stromunternehmen zu finden sein.
Diese Tarife sind aber nicht an die regionalen Gegebenheiten angepasst. Das heißt: Es zählt immer der Strompreis für ganz Deutschland und es können grundsätzlich alle Stromkunden (sofern sie einen Smart Meter haben) mitmachen, völlig unabhängig davon, ob in ihrer Region viel oder wenig erneuerbare Energie erzeugt wird.
Windstromtarif für Brandenburg, Hessen und Bayern
Es gibt aber auch andere Modelle, die die Bürgerinnen und Bürger im direkten Umkreis von Solar- und Windparks stärker profitieren lassen. Diese sind verschiedenen Studien zufolge auch für eine breitere Akzeptanz der Energiewende wichtig. Deshalb sind neue Stromtarife und Bürgerbeteiligungen in ganz Deutschland immer mehr im Kommen.
Zurzeit bietet der deutsche Stromanbieter Octopus Energy etwa einen Windstromtarif an, der die Anwohner in der Nähe bestimmter Windparks ansprechen soll. Das Unternehmen nennt das Modell "Fan Club" – ein Wortspiel im Englischen, da das Wort "Fan" zugleich Ventilator bedeutet. Teilnehmen können bisher Menschen in der Umgebung folgender Windparks in Deutschland (es sollen weitere dazukommen):
- Windpark Großräschen (Brandenburg): PLZ 01983, 03229, 01968, 01994, 03205, 03238, 01998, 03103, 01993, 01979, 03119, 01987, 03116, 03226, 01945, 02979, 01996, 03246, 02991
- Windpark Gaishecke (Hessen): PLZ 36289, 36217, 36251, 36266, 36269, 36277, 36179, 36284, 36208, 36282, 36275, 99837, 36132, 36414, 36214, 36404, 36166, 36199, 36419, 36272, 36286, 36469, 36460
- Windpark Gösserdorf (Bayern): PLZ 96369, 96328, 95326, 96317, 95336, 96224, 95365, 96364, 96257, 96268, 96277, 96352, 96264, 95346, 95355, 96275, 96346, 96342, 96279, 95369, 96524, 96272, 96260, 96242, 96349, 96247, 95361, 96332, 95359, 96215, 96465, 95358
Teilnehmende Stromkunden erhalten dem Unternehmen zufolge bei "mäßigem" Wind 20 Prozent Rabatt auf den normalen Arbeitspreis im Stromtarif und bei "starkem" Wind 50 Prozent Rabatt. Kunden sollen in der App sehen können, wann es welchen Rabatt gibt. Was als "mäßig" oder "stark" gilt, variiert leicht zwischen den Standorten, bemisst sich aber an einer konkreten Windstärke.
Allerdings benötigen Kunden auch bei diesem Stromtarif – wie bei allen dynamischen Stromtarifen – einen Smart Meter. Octopus Energy schreibt auf der Firmenwebseite, dass sich das Unternehmen auf Anfrage um den Einbau eines solchen intelligenten Messsystems kümmert; in der Praxis ist dies allerdings oft vor allem für Mieter und Mieterinnen schwierig.
Bürgerbeteiligung der Energiewende in NRW schon Pflicht
Mit dem "Fan Club" will der Stromanbieter vor allem Kunden gewinnen, die in direkter Nachbarschaft von Windparks leben und bisher nicht das Gefühl hatten, dass sie besonders davon profitieren können. Auch wenn es keinen anderen Stromanbieter in Deutschland gibt, der einen solchen Windstromtarif anbietet, ist dies kein neuer Gedanke. Im Gegenteil: Bürgerstrom gibt es schon seit vielen Jahren. In Nordrhein-Westfalen müssen Betreiber von Wind- und Solarparks seit 2023 die direkten Anwohner sogar verpflichtend finanziell beteiligen.
Das Bürgerenergiegesetz NRW macht aber keine Vorgaben, wie die Beteiligung der Anwohnerschaft erfolgen muss. Möglich sind aber auch vergünstigte Stromtarife für Anwohner, pauschale Direktzahlungen oder Auszahlungen von Profiten an die Gemeinde.
Bürgerstrom ohne Smart Meter über die Bürgerwerke
Eine weitere Möglichkeit, sich direkter an der Energiewende zu beteiligen, geht wie bei den Bürgerwerken über Bürgerstromtarife. Diese funktionieren genauso wie ein herkömmlicher Stromanbieter, nur stecken hinter den Bürgerwerken Energiegenossenschaften aus ganz Deutschland, die die Einnahmen nutzen, um weitere Solar-, Wind- und Wasserparks zu bauen. Nach eigenen Angaben fließen 0,5 Cent/Kilowattstunde aus dem Stromtarif in den Bau neuer Anlagen. Kunden können auf der Webseite auch abrufen, welche Anlagen in ihrer Region den Bürgerwerken zuzurechnen sind. Bei Tarifabschluss wird Kunden angezeigt, aus welchen Anlagen "ihr" regionaler Strom künftig kommen wird.
Der Vorteil dieses Modells ist, dass man keinen Smart Meter braucht und es sich um ganz normale Stromtarife und nicht um dynamische Modelle handelt (wobei es im Angebot der Bürgerwerke diese ebenfalls gibt). Das ist vor allem für Kunden, die ihren Verbrauch kaum flexibel anpassen können, von Vorteil. Die dynamischen Tarife wie im "Fan Club" von Octopus Energy eignen sich hingegen für Besitzer von steuerbaren Geräten wie Elektroautos oder Wärmepumpen.
- octopusenergy.de: "Octopus Energy Fan Club – günstiger Strom, wenn der Wind weht"
- buendnis-buergerenergie.de: "Karte der Bürgerenergie-Projekte in Deutschland"
- windenergieausbau.nrw.de: "Bürgerenergie – Förderung und Beteiligung in NRW"
- buergerwerke.de: "Unsere Genossenschaften – Bürgerwerke eG"


