Wohnungseigentümergemeinschaft So lange dürfen Sie Ihre alte Gasheizung noch nutzen

Rund die Hälfte aller deutschen Haushalte heizt mit Erdgas. Bis 2045 müssen all diese Anlagen nach und nach ausgetauscht werden. Welche Fristen und Möglichkeiten gibt es in Mehrfamilienhäusern?
Im Gebäudeenergiegesetz (GEG) ist festgelegt, wie Deutschland im Bereich Heizen bis 2045 klimaneutral werden will. Die Heizung ist deshalb in den Fokus gerückt, weil sie nach Berechnungen des Umweltbundesamtes für rund 72 Prozent der CO2-Emissionen im Wohnumfeld verantwortlich ist. Weitere 12 Prozent gehen auf das Warmwasser zurück. Die verbliebenen Emissionen sind auf den Stromverbrauch zurückzuführen.
Durch den Heizungstausch kann daher ein großer Brocken an im Haushalt entstehenden Emissionen reduziert werden. Zudem können Haushalte mit einer modernen Heizung viel Geld sparen.
Heizungstausch im Mehrfamilienhaus: Verwalter muss tätig werden
2023 wurden nach Angaben des Energieverbands BDEW rund 48,3 Prozent der Heizungen mit Erdgas betrieben. In den 41,9 Millionen Wohnungen wurden die meisten (33,7 Prozent) mit einer Gaszentralheizung beheizt, gefolgt von einer Ölzentralheizung (23,0 Prozent). 15,2 Prozent der Wohnungen nutzten die Fernwärme und 11,6 Prozent hatten eine Gasetagenheizung. 2023 nutzten nur 5,7 Prozent der Wohnungen eine Wärmepumpe. Die übrigen Haushalte nutzten andere Systeme wie Pellets oder Stromspeicheröfen.
Von den 41,9 Millionen Wohnungen befanden sich 2023 mehr als die Hälfte (22,0 Millionen) in Mehrfamilienhäusern. Beim Heizungstausch ist das mit zusätzlichen Hürden verbunden: Während im Ein- oder Zweifamilienhaus die Entscheidung über die neue Heizung bei nur wenigen einzelnen Personen liegt, muss im Mehrfamilienhaus die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) entscheiden.
In vielen Mehrfamilienhäusern gibt es noch einen Hausverwalter, der die bürokratischen Arbeiten übernimmt und zum Beispiel mit Mietern in Kontakt tritt. Der Hausverwalter muss auch beim Thema Heizung tätig werden. Bis Ende 2024 musste er zum Beispiel den Bezirksschornsteinfeger beauftragt haben, eine Bestandsaufnahme zu den Heizungen der WEG zu machen. Diese Informationen sollten der WEG dann zur Verfügung gestellt werden. Enthalten sein sollten:
- Alter der Heizung(en)
- Effizienz der Heizung(en)
- Zustand der Heizung(en) und damit Dringlichkeit des Handelns
Sinnvoll wäre es dann auch, im Anschluss einen Energieberater zu beauftragen, der die Möglichkeiten der zukünftigen Wärmeversorgung im Haus in einer Sitzung vorstellt. Die Energieberatung wird vom Bund gefördert.
Gasheizung im Mehrfamilienhaus tauschen: Das ist erlaubt
Danach hat die WEG theoretisch erst einmal Zeit, über die verschiedenen Optionen nachzudenken und zu diskutieren, bevor sie sich festlegt. Gasheizungen müssen bis 2045 ausgetauscht werden, das ist für Bestandsanlagen die einzige feste Frist. Das ändert sich aber, wenn eine Heizung im Haus kaputtgeht.
Wenn die Heizung im Mehrfamilienhaus irreparabel kaputtgeht, kann sie durch eine neue Gasheizung erst einmal ausgetauscht werden. Geht sie vor Mitte 2026 in einer Großstadt oder vor Mitte 2028 in einer kleineren Gemeinde (weniger als 100.000 Einwohner) kaputt, muss die neue Heizung ab 2029 schrittweise immer mehr erneuerbare Energien (EE) verwenden:
- Ab 1.1.2029: 15 Prozent EE
- Ab 1.1.2035: 30 Prozent EE
- Ab 1.1.2040: 60 Prozent EE
- Ab 1.1.2045: 100 Prozent EE
Geht die Gasheizung erst nach 2026 bzw. 2028 irreparabel kaputt, kann ebenfalls eine neue Gasheizung installiert werden. Aber dann tickt die Uhr: Die WEG hat dann fünf Jahre Zeit, sich zu entscheiden, wie sie in Zukunft heizen will, und dies formell in einem WEG-Beschluss festzuschreiben. Für den Entscheidungs- und Beratungsprozess kann es sinnvoll sein, eine außerordentliche WEG-Sitzung einzuberufen. Das entscheidet der Hausverwalter.
Nachdem ein WEG-Beschluss steht, muss er innerhalb von acht Jahren umgesetzt werden. Das heißt also, dass zwischen der Havarie der Gasheizung und der Umstellung auf eine klimafreundliche Lösung bis zu 13 Jahre vergehen können.
Ein Beispiel
Im Haus einer Münchner WEG geht am 21.3.2027 eine Gasetagenheizung irreparabel kaputt. Da München schon eine abgeschlossene Wärmeplanung zu diesem Zeitpunkt hat, hat die WEG jetzt bis zum 21.3.2032 Zeit, sich auf eine klimafreundliche Lösung für ihr Haus zu einigen. In der Zwischenzeit wird die alte Gasheizung durch eine neue ersetzt, die mit Wasserstoff oder Biomethan betrieben werden kann. Die WEG einigt sich schon 2030 auf ihren Wärmeversorgungsplan in einem rechtskräftigen Beschluss. Sie wollen alle Gasetagenheizungen gegen eine Zentralheizung mit Fernwärme austauschen. Die Wohnungseigentümer haben bis 2038 Zeit, diesen Plan umzusetzen.
Gasheizung im Mehrfamilienhaus tauschen: Das sind die Möglichkeiten
Bei der Entscheidung darüber, welche Heizung die richtige für das jeweilige Haus ist, hilft ein unabhängiger Energieberater. Um einen zertifizierten Experten in Ihrer Region zu finden, nutzen Sie die Liste der Deutschen Energie-Agentur (dena). Nur die Berater auf dieser Liste werden auch gefördert.
Grundsätzlich gibt es für Mehrfamilienhäuser folgende Möglichkeiten:
- Anschluss an ein Wärmenetz (Zentralheizung)
- Wärmepumpe (Zentralheizung)
- Biomasse-Kessel z. B. für Pellets (Zentralheizung)
- Gasheizung, die mit EE betrieben werden kann (Dezentrale Heizung)
- Etagenwärmepumpe (Dezentrale Heizung)
- Hybridheizung, z. B. Wärmepumpe und Gas (Zentralheizung)
Die Umbauarbeiten und der Heizungstausch werden staatlich gefördert. Die Zuschüsse betragen:
- 30.000 Euro für die erste Wohneinheit
- jeweils 15.000 Euro für die zweite bis sechste Einheit
- jeweils 8.000 Euro ab der siebten Einheit
Das Öko-Zentrum NRW stellt einen Förderrechner insbesondere für Mehrfamilienhäuser zusammen. Tragen Sie in einer Excel-Tabelle alle Ihre Angaben ein und es wird berechnet, wie viel Geld Sie als Zuschuss bekommen können. Berücksichtigt wird darin auch, dass in WEGs teilweise unterschiedliche Eigentumsverhältnisse bestehen und sich das auf den Eigenanteil der einzelnen Wohnungen auswirken kann.
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Fazit
Der Heizungstausch im Mehrfamilienhaus ist etwas komplizierter als im Einfamilienhaus. Vor allem erfordert es viel Koordination und viele Absprachen zwischen den Eigentümern. Deshalb haben WEGs auch lange Fristen, um zu diskutieren und eine Entscheidung zu treffen.
Zu beachten ist, dass ab 2027 der CO2-Preis noch einmal spürbarer ansteigen wird. Wer in den 2030er-Jahren noch eine Gasheizung betreibt, muss mit höheren Kosten rechnen. Dabei werden Vermieter besonders in die Pflicht genommen: Je länger ein Eigentümer mit der Umrüstung wartet, desto mehr muss er sich auch an den CO2-Kosten des Mieters beteiligen.
- energiewechsel.de: "Gasetagenheizungen: Was Eigentümerinnen und Eigentümer wissen sollten"
- gebaeudeforum.de: "GEG-Weg: Die Zukunft des Ordnungsrechts"
- heizen.fnr.de: "Gebäudeenergiegesetz (GEG)"
- bmwsb.bund.de: "Kurzinfo: Wärmeversorgung im Mehrfamilienhaus"
- umweltbundesamt.de: "Kohlendioxid-Emissionen im Bedarfsfeld Wohnen"
- energie-fachberater.de: "Heizungsförderung im MFH: So wird der Zuschuss berechnet"
- oekozentrum.nrw: "Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG)"
- bdew.de: "Wärmemarkt Deutschland 2023 – Zahlen und Fakten"


