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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Wuchtig", "grotesk", "fesselnd" Urlaubslektüre: Diese Bücher empfiehlt die Redaktion von t-online

Wer jetzt seinen Urlaub plant, sollte auch ein gutes Buch einpacken. Sie wissen nicht, welches? Dann finden Sie hier Empfehlungen aus allen literarischen Genres.
Inhaltsverzeichnis
- "Fourth Wing" von Rebecca Yarros
- "Die Überlebenden" von Alex Schulman
- "Das neue Ehepaar" von Alison James
- "Nach dem Tod komm ich" von Thomas Kundt und Tarkan Bagci
- "Der Maestro – Roger Federer" von Christopher Clarey
- "Verzauberter April" von Elizabeth von Arnim
- "Keiths Probleme im Jenseits" von Linus Reichlin
- "Das Halsband der Taube" von E.W. Heine (und noch ein anderes Buch)
- "Die Bienen und das Unsichtbare" von Clemens J. Setz
- "Februar 33 – Der Winter der Literatur" von Uwe Wittstock
- "Das Ja-Wort: Eine Geschichte vom Heiraten" von Elizabeth Gilbert
- "Umlaufbahnen" von Samantha Harvey
- "Ich möchte Wein trinken und auf das Ende der Welt warten" von Slata Roschal
Für viele ist es der Inbegriff von Urlaub: ein schattiges Plätzchen, Grillenzirpen und endlich genug Zeit zum Lesen. Aber welchen Rezensionen, Bestsellerlisten oder Buchtipps vertraut man in Sachen Urlaubslektüre? Wer private Buchempfehlungen mag und dem Urteil normaler Leseratten eher vertraut als Literaturkritikern, findet hier vielleicht genau die richtige Lektüre: Redakteure von t-online verraten, welche Bücher sie für die Sommerlektüre empfehlen.
"Fourth Wing" von Rebecca Yarros
Empfohlen von Anna-Lena Janzen, Leiterin der t-online-Nachtredaktion in Australien.
Ich habe mich erst gegen den Hype gewehrt. "Fourth Wing" – eine Fantasy-Romanze mit Drachen, gefeiert auf BookTok? Klingt klischeehaft, dachte ich … und habe es dann doch gelesen. Oder ehrlicher: verschlungen.
Rebecca Yarros schreibt so temporeich, und die Dynamik der Protagonisten – die scharfsinnige Heldin Violet und ihr geheimnisvoller Drachenreiter Xaden – ziehen einen sofort in ihren Bann. Am liebsten hätte ich danach selbst einen Drachen gesattelt – stattdessen ging's mit der Tram zurück ins Büro. Kein literarisches Hochkulturprogramm, aber mal ehrlich: Wer will im Urlaub schon Thomas Mann lesen? Zum Abschalten liebe ich fantastische Welten, Drama, Leidenschaft– und ganz viel "nur noch ein Kapitel".
"Die Überlebenden" von Alex Schulman
Empfohlen von Steven Sowa, stellvertretender Leiter der Unterhaltungsredaktion.
Ununterbrochen scheint die Sonne – auch wenn der Abend hereinbricht. Die Dunkelheit, sie ist in dieser Erzählung über einen schwedischen Sommer kein sichtbares Naturphänomen, sondern etwas, das sich im Hintergrund, in der Vergangenheit der Protagonisten eingenistet hat.
"Die Überlebenden" erzählt die Geschichte dreier Brüder, die sich als Erwachsene wiedertreffen und ihre Kindheit aufarbeiten, die sich über das schwierige Elternhaus zerstreiten und den Kopf darüber zerbrechen, warum sie wirken wie drei Fremde, die nichts voneinander wissen.
Autor Alex Schulman gelingt mit erzählerischer Finesse eine meisterhafte Sogwirkung: Er lässt zwei Handlungsstränge parallel laufen – die 24-Stunden-Gegenwart der Geschwister wird von den Rückblenden der Kindheit unterlaufen. Die Dysfunktionalität der Familie, der Kontrast aus Naturidylle und Kindheitsdrama und ein so wuchtiges wie verblüffendes Ende machen aus diesem Roman ein Erlebnis, das nachhallt wie ein Echo über den spiegelglatten See in der schwedischen Einöde.
"Das neue Ehepaar" von Alison James
Empfohlen von Lena Treichel, KI-Redakteurin und Buch-Bloggerin.
Stellen Sie sich vor, ins Haus neben Ihnen ziehen neue Nachbarn – ein Ehepaar mit einem Baby und einem Hund. In Ihrer Nachbarschaft ist es üblich, sich umeinander zu kümmern. Aber Ihre neuen Nachbarn zeigen recht deutlich, dass sie daran kein Interesse haben. Sie sind aber neugierig und stoßen dabei auf eine Geschichte, die sie in große Gefahr bringen wird. Und nun stellen Sie sich vor, Sie ziehen mit Ihrem Mann, Ihrer Tochter und Ihrem Hund in ein Traumhaus, Ihr Leben scheint perfekt. Aber es ist nicht Ihr Ehemann. Sie sind nicht die Person, für die Sie sich ausgeben. Und Ihre Nachbarin kommt Ihren Geheimnissen immer weiter auf die Schliche.
"Das neue Ehepaar" von Alison James ist spannend, voller Plottwists. Durch verschiedene Perspektiven auf die Geschichte kommt nach und nach ans Licht, was für Geheimnisse in der Nachbarschaft lauern, die von außen perfekt scheint. Ich konnte es im Urlaub nicht weglegen und habe dabei sogar meinen Cocktail vergessen, der am Ende ziemlich wässrig schmeckte, weil sämtliche Eiswürfel geschmolzen waren – aber das war es wert!
"Nach dem Tod komm ich" von Thomas Kundt und Tarkan Bagci
Empfohlen von Jennifer Buchholz, Ratgeber-Redakteurin.
Wenn man morgens zur Arbeit kommt und schon genau weiß, welche immer gleichen Aufgaben und Abläufe einen erwarten, kann das auf Dauer frustrierend sein. So ging es auch Thomas Kundt. Doch als der Finanzberater die Chance bekam, sein Leben zu ändern, griff er zu – und wurde Tatortreiniger. Was für viele nach dem schlimmsten Job der Welt klingt, wurde für ihn ein Neuanfang voller Sinn und Leidenschaft.
In "Nach dem Tod komm ich" erzählt Kundt gemeinsam mit Autor und Podcaster Tarkan Bagci tragikomisch, ehrlich und schonungslos von diesem besonderen Beruf. Sie nehmen den Leser mit an Orte, an denen noch Körperteile liegen oder die voller tragischer Schicksale stecken. Bagci schildert das so detailliert und intensiv, dass man meint, selbst danebenzustehen – mit allen Gerüchen und Gänsehautmomenten. Das ist nicht immer etwas für schwache Nerven oder Mägen, aber faszinierend bis zur letzten Seite. Danach schaut man garantiert wachsamer durchs Leben, wirft einen genaueren Blick auf den Vorhang beim Nachbarn oder den verdächtig vertrockneten Blumenstrauß. Und ja, man respektiert auch den Tod ein bisschen mehr.
"Der Maestro – Roger Federer" von Christopher Clarey
Empfohlen von Florian Vonholdt, freier Mitarbeiter der Sportredaktion.
Sommerzeit ist Tenniszeit. Sowohl auf dem Court als auch vor dem Fernseher. Zwischen Wimbledon und US Open passt wunderbar die Lektüre über einen der weltweit beliebtesten Sportler, den es jemals gab.
Der renommierte US-Tennisjournalist Christopher Clarey hat 2022, zum Ende der 25 Jahre währenden Karriere von Roger Federer, seine unzähligen Begegnungen mit dem Ausnahmesportler, Gespräche mit sämtlichen Personen aus dessen Umfeld, eigene Beobachtungen und Anekdoten zu einer unterhaltsamen Biografie zusammengefasst. Sie wirft einen Blick auf den Sportler, aber auch auf die Privatperson Federer, dessen Neugier auf die Menschen und auf die Welt seine beispiellose Popularität begründete.
Sie blickt aber auch auf die Kämpfe, die der Schweizer nicht nur mit seinen Gegnern ausfocht, sondern auch mit sich selbst.
Nicht nur für Tennisfans ein inspirierendes Buch über einen sich auflehnenden, schlägerzertrümmernden Teenager, der sich später zum Gentleman des Sports wandelte.
"Verzauberter April" von Elizabeth von Arnim
Empfohlen von Susanne Ostwald, Lektorin.
Dieses Buch nur im April zu lesen, wäre viel zu schade. Denn "Verzauberter April" von Elizabeth von Arnim ist die perfekte Urlaubslektüre zu jeder Zeit. Und zwar nicht nur für Ferien in Italien, wie sie in dieser Geschichte vier Engländerinnen in den 1920er-Jahren verbringen.
Eine Annonce in der "Times", in der ein von Glyzinien umranktes Schlösschen an der Küste Liguriens zur Ferienmiete angeboten wird, führt sie zufällig zusammen – und verschiedener könnten die Frauen kaum sein. Daher kommt es zu allerlei Nickeligkeiten, von denen die Autorin herrlich ironisch mit spitzer Feder zu erzählen weiß. Ob sich die Damen am Ende noch zusammenraufen? Und welche Rolle spielen die Männer dabei?
"Verzauberter April" ist Urlaubserzählung, Emanzipationsgeschichte, Romanze – und nicht zuletzt eine Liebeserklärung an Italien und seine Gärten, wohin man gleich abreisen möchte. Die Lebensgeschichte der in Australien geborenen englischen Schriftstellerin, die ihren Namen der Ehe mit einem preußischen Adeligen verdankte – und nicht zu verwechseln ist mit Bettina von Arnim –, ist übrigens eine pralle Erzählung für sich.
"Keiths Probleme im Jenseits" von Linus Reichlin
Empfohlen von Matti Hartmann, Redakteur in der Panoramaredaktion.
Ist es wirklich ratsam für Fred Hundt, den deutschsprachigen Autor einiger populärwissenschaftlicher Physikbücher, von denen genau eins ins Englische übersetzt wurde, mit einem ihm zufällig bekannten Promi-Leibarzt in New York Drogen zu nehmen, eine Verschwiegenheitserklärung zu unterzeichnen und ohne zu wissen, weshalb, eine abgelegene Insel in der Karibik anzusteuern? Und was sagt Hundt dem Superstar, der sich dort vor den Augen der Welt versteckt hält, weil er nach seinem überraschenden Ableben plötzlich doch wieder Lust auf eine Zigarette bekam und nun Angst hat, dass ihm in einem Nasa-Labor genau das angetan werden könnte, was "sie mit einem Außerirdischen tun, der einen Motorschaden hatte"?
Bloß ein Kapitel hat der Superstar aus Hundts Buch gelesen und diesem entnommen, dass, wenn Materie und damit auch Leben prinzipiell unwahrscheinlich sind, es doch vollkommen okay sein muss, "wenn ab und zu eine Leiche zum Masseur geht, weil sie vom langen Liegen Rückenprobleme hat". Jetzt hält der Superstar Hundt zwar für einen Besserwisser, möchte sich aber dennoch dringend mit ihm unterhalten – während Hundt lieber mit seinem großen Idol über Musik reden würde und außerdem ein Auge auf die faszinierende Mitwisserin Lynn geworfen hat.
In "Keiths Probleme im Jenseits" beschließt der Ich-Erzähler, sich einfach treiben zu lassen. Eine kluge Idee: Wer es der Romanfigur gleichtut und sich in Linus Reichlins Buch hineingleiten lässt, erlebt eine kurzweilige, groteske Wildwasserfahrt, die einen nicht nur an einigen der ganz großen, existenziellen Fragen des Lebens vorbeireißt, sondern die auch noch verdammt viel Spaß macht, irre komisch ist und ruckzuck vorübergeht. Leicht und flockig geschrieben – genau das Richtige für den Urlaub. Und am Ende weiß man, was man ohnehin schon ahnte: "Das Universum ist ein Zustand der Erregtheit." Danke dafür!
"Das Halsband der Taube" von E.W. Heine (und noch ein anderes Buch)
Empfohlen von Florian Harms, Chefredakteur.
Es gilt nicht nur als Anmaßung, sondern auch als Tabu, als Autor sein eigenes Buch zu empfehlen. Aber was gibt es Aufregenderes, als Tabus zu brechen? Eben. Deshalb werfe ich vor meinem eigentlichen Buchtipp wenigstens einen schnellen Blick auf den Roman "Versuchung", dessen Autor aus guten Gründen genauso heißt wie ich. Darin geht es zum einen um die Jagd auf den besten Geschmack der Welt: Er ist so intensiv, dass jeder, der von ihm kostet, sofort süchtig wird. Es lockt ein Riesengeschäft! Zum zweiten spielt das Buch in der schillernden Welt des Orients und beschreibt die Wurzeln der Konflikte zwischen Arabien und Europa. Und zum dritten ist es die Suche eines Sohns nach seinem verschollenen Vater. Viel Stoff, ziemlich gelungen, finde ich. Aber das ist nun wirklich eine Anmaßung.
Also schnell zu einem anderen Buch. Auch dieses spielt im Orient, allerdings im 13. Jahrhundert. Im Roman "Das Halsband der Taube" soll ein Tempelritter den Mord an Herzog Ludwig von Bayern aufklären. Seine Ermittlungen führen ihn nicht nur ins Umfeld von Kaiser Friedrich II., sondern auch zum mysteriösen Orden der muslimischen Assassinen, die von einer Festung in Persien aus Attentäter losschicken. Der Tempelritter taucht in die Wunderwelt des Orients ein und erreicht nach gefährlicher Reise die geheimnisvolle Burg Alamut – wo er prompt dem Zauber der fremden Kultur verfällt und sich nun selbst in den Kriminalfall verstrickt. Das alles ist von E.W. Heine nicht nur spannend, sondern auch in gefälliger Sprache aufgeschrieben, sodass man dieses Buch gar nicht mehr aus der Hand legen möchte. Die ideale Urlaubslektüre also. Ganz ohne Anmaßung.
"Die Bienen und das Unsichtbare" von Clemens J. Setz
Empfohlen von David Bär, Werkstudent im SEO-Team.
Viele Geschichten gleichen sich – manche mehr, manche weniger. Wenige Autoren schaffen es, gänzlich neue Horizonte zu markieren. Mit "Die Bienen und das Unsichtbare" hat Clemens J. Setz genau das geschafft, mit einem Buch über Plansprachen. Das Buch, das irgendwo zwischen Sachbuch, Erzählung und Lyrik zu verorten ist, zieht einen schnell in den Bann, besonders, weil Setz nicht trocken erzählt oder zusammenfasst, sondern an seiner eigenen Reise durch die Welt der Fantasiesprachen teilhaben lässt.
Zwischen historischen Geschichten, Tagebucheinträgen und Alltags-Anekdoten finden sich jede Menge Gedichte, in Sprachen, von denen Sie wahrscheinlich noch nie gehört haben. Egal ob Esperanto, Bliss oder Volapük, Setz übersetzt die meisten Gedichte liebevoll selbst und erzählt die Geschichten der Dichterinnen und Dichter hinter den Werken mit viel Feingefühl. Man lernt den wahrscheinlich einzigen Dichter Schwedens kennen, der seine Gedichte in Bliss verfasst, trifft die einzige Volapük-Muttersprachlerin und darf die Gedichte lesen, die der Hund von Thomas Manns Tochter in eine Schreibmaschine tippte.
Clemens J. Setz, der 2021 mit dem renommierten Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet wurde, beeindruckt sprachlich immer wieder durch seinen Hang zum Verrückten und scheinbar Sinnlosen. Wie passend scheint es da, dass ausgerechnet Ernst Jandl seine Begeisterung für die Literatur weckte.
Das Buch eignet sich perfekt als Urlaubslektüre, bleibt leicht bekömmlich und subtil lehrreich. Es schafft einen frischen Blick auf Sprache und weckt Lust, bald eine neue zu lernen.
"Februar 33 – Der Winter der Literatur" von Uwe Wittstock
Empfohlen von Philipp Heinemann, Leiter der Ratgeberredaktion.
Wer Florian Illies' "1913" und "Liebe in Zeiten des Hasses" gerne gelesen hat, wird Uwe Wittstocks "Februar 33 – Der Winter der Literatur" nicht aus der Hand legen können. Mit ähnlicher Eleganz, aber mehr Tiefe als sein Autorenkollege legt Wittstock eine Art chronologische Collage der Wochen nach Hitlers "Machtergreifung" vor.
Im Mittelpunkt: Deutschlands Schriftsteller, die fliehen, zaudern, streiten oder resignieren. Tag für Tag begleitet Wittstock Thomas Mann, Alfred Döblin, Berthold Brecht, Gottfried Benn und viele andere durch jene Wochen, die nur der Anfang der Nazi-Herrschaft waren, in denen aber bereits die für alle sichtbaren Grundsteine der Katastrophe gelegt wurden.
Trotz des zugebenermaßen nicht gerade sommerleichten Themas eignet sich "Februar 33" für alle literatur- und geschichtsinteressierten Leser für den Urlaub, denn Seite für Seite wird es schwieriger, es beiseitezulegen. Und wer von Uwe Wittstock nicht genug kriegen kann, dem sei noch "Marseille 1940 – Die große Flucht der Literatur" empfohlen.
"Das Ja-Wort: Eine Geschichte vom Heiraten" von Elizabeth Gilbert
Empfohlen von Laura Schameitat, Leiterin der Regionalredaktion NRW.
Wenn meine Freunde mitbekommen, dass ich hier einen "schnulzigen Liebesroman" empfehle, ist die Verwunderung garantiert groß. Ich bin nämlich bekannt dafür, nur Sachbücher zu lesen und mit Fiktion eher wenig anfangen zu können. Aber dieses Buch ist eben auch kein schnulziger Liebesroman – auch wenn Titel, Cover und Autorin (bekannt für ihren Topseller "Eat, Pray, Love") darauf schließen lassen könnten.
In dem autobiografischen Werk erzählt uns Gilbert davon, wie sie nach einer gescheiterten Ehe ihren inneren Widerstand gegen erneutes Heiraten überwindet. Dazu wird sie nämlich gezwungen, weil sie mit ihrem brasilianischen Partner in den USA leben möchte und die Einwanderungsbehörde einen Trauschein verlangt.
Weil sie nicht erneut kopflos und vor Verliebtheit benebelt in eine Ehe "stolpern" will, entscheidet sie sich zu intensiver Feldforschung vor dem Gang zum Altar. Gilbert reist durch die Welt und untersucht das Konzept Ehe und wie unterschiedlich es in verschiedenen Kulturen gelebt wird. Was daraus entsteht, ist eher Sachbuch als Roman, eine realistische und niemals kitschige Betrachtung von Liebe und Ehe, gespickt mit feinem Humor und locker-leicht am Pool oder Strand wegzulesen.
Wer den Bund fürs Leben schon immer kritisch hinterfragt hat, vielleicht auch schon eine Ehe hinter sich hat oder sich einfach gerne mit dem Thema Beziehungen auseinandersetzt, wird das Buch mögen. Bonus-Tipp: Wer kann, sollte das Original auf Englisch lesen, denn Gilberts besonderer Stil ist nur schlecht übersetzbar.
"Umlaufbahnen" von Samantha Harvey
Empfohlen von Steve Haak, Redakteur Digital und Raumfahrt.
Entspannen im Urlaub bedeutet, nicht nur den Körper auf Reise zu schicken, auch der Geist will weit weg von Gewohntem. Mit "Umlaufbahnen" gelingt ihm das hervorragend. Autorin Samantha Harvey nimmt den Leser mit in eine Höhe von 400 Kilometern über der Erde. Dort umkreisen sechs Astronauten in einer Raumstation die Erde – zwei Frauen und vier Männer.
Der Roman beschreibt einen Tag auf dem Raumschiff, die dröhnende Stille dort, die Enge, das erhabene Gefühl, von oben auf die Erde blicken zu können, Sonnenaufgänge und Sonnenuntergänge. Und dem Verlust von allem Irdischem wie dem Quaken der Frösche, Spiegeleier oder der Notwendigkeit eines dicken Wintermantels.
"Umlaufbahnen" ist kein philosophischer Text, aber eindrucksvoll poetisch. Es geht um Wetterphänomene, den Tod der Mutter einer der Astronautinnen, Experimente an Mäusen, die Zukunft der Menschheit, die Schönheit des Universums und liebevolle Nachrichten von Verwandten.
Autorin Harvey ist immer nah dran an der Besatzung, beschreibt deren Gefühle und Empfindungen behutsam und geht respektvoll mit beidem um. Bedeutsame Sätze reiht sie mühelos aneinander und lässt sie fast schwerelos erscheinen. Der Leser will immer nur noch eine Erdumrundung miterleben und dann noch eine und noch eine. Aber auch der Tag auf einer Raumstation hat nur 24 Stunden – leider.
"Ich möchte Wein trinken und auf das Ende der Welt warten" von Slata Roschal
Empfohlen von Susanne Litzka, Leiterin des Lektorats.
Freimütiges Geständnis: Dieses Buch wurde wegen seines Titels gekauft. Nach einem langen Tag voller Texte über Kriege, Klima und Irrsinn – national wie global – klang es einfach zu verlockend: "Ich möchte Wein trinken und auf das Ende der Welt warten". Nun ja, Slatas Roschals Roman ist wahrlich kein Stoff, aus dem große Fröhlichkeit erwächst. Diese Sprachwucht, mit der er geschrieben ist, weckt allerdings Begeisterung.
Der Inhalt selbst ist schnell erzählt. Eine Frau sitzt im Hotelzimmer und reflektiert über verpasste Lebensentscheidungen, "über die sozialen Umstände, die Mütter zu unglücklichen Menschen machen", wie der Verlag recht technisch schreibt. Klingt genauso deprimierend, wie es ist – vor allem, weil jede Berufstätige mit Kindern, jede Tochter von Eltern, jeder Mensch in einer langjährigen Beziehung sich irgendeiner Weise wiedererkennt. Und doch zieht es einen hinein – weil jedes Wort, jeder Satz trifft.
Mit der monologischen Stimme der Erzählerin erschafft Roschal einen Sog der atemlos mäandernden Sätze, die plötzlich abbrechen, wenn das Gedankenkarussell es verlangt, poetisch und kratzig, wuchtig und klar. Kein Buch, von dem man häppchenweise nur einen Absatz vor dem Einschlafen lesen sollte. Als Weinbegleitung empfiehlt sich hingegen ein kühler Grauburgunder.
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