Weine im Test Diese Roten genießen Sie am besten kalt

Rotwein aus dem Kühlschrank? Das galt selbst ambitionierten Weinkennern lange Zeit als absoluter Fauxpas. Dabei tut so manchem Roten etwas Abkühlung durchaus gut.
Draußen setzt die Sonne das Rotorange des Blättermeers perfekt in Szene, Ton in Ton zum wiederkehrenden Höhepunkt auf den Saisonspeisekarten der Republik: Kürbissuppe. Wer will bei dieser Farbenpracht noch Weißwein im Glas? Stattdessen steigt die Rotweinlust – aber für die schweren, alkoholischen Kandidaten ist es einfach noch zu früh im Jahr.

Zur Person
Die Journalistin Katja Apelt gehört zu den renommiertesten Weinexperten Deutschlands. Sie hat für verschiedene Publikationen über das Wunder aus dem Weinberg geschrieben.
Da ist es gut, dass die Weinwelt nicht nur Primitivo, Amarone oder australischen Syrah kennt, sondern auch leichte, hellere Rotweine. Solche mit moderaten 12 oder 12,5 Volumenprozent Alkohol, mit feiner zugänglicher Frucht, manchmal sogar etwas sprudelnd mit spritziger Kohlensäure – zugängliche Kandidaten, die einem auch nicht zu sehr zu Kopf steigen. In vielen Anbaugebieten findet man sie, zuweilen sind es Landweine – "einfach" sollte man sie niemals mutwillig nennen.
Diese Weine sollten jugendlichen Charakter haben
Aber auch mancher Herkunftswein fällt in diese spezielle Art. Das Beaujolais und seine Crus (also spezielle Lagen) gehören dazu, Bardolino am Gardasee auch, mancher Rote von der Loire genauso, ebenfalls die Weine der Sorte Trollinger, der in Südtirol als Vernatsch bekannt ist. Dabei ist es oft die Rebsorte, die den stilistischen Ton angibt. Sie muss aber auf das entsprechende Klima und einen mutigen Winzer oder eine mutige Winzerin treffen, der oder die den Sortencharakter nicht durch längere Reife und andere Ausbaumethoden maskiert, sondern den Weinen ihren – oft jugendlichen – Charakter lässt.
Wir haben insgesamt sechs Weine dieser Kategorie getestet. Bei der Verkostung kamen die Weine gekühlt (10 Grad Celsius) auf den Tisch und wurden bei Raumtemperatur noch einmal nachverkostet. Hier stellen wir Ihnen die drei Spitzenreiter ausführlich vor. Es sei aber bereits verraten: Das Feld war eng und auch die vier Weine, die keinen Platz auf dem Treppchen ergattern konnten (sie stehen am Ende des Textes), sind feine Repräsentanten dieser spannenden Kategorie.
Der Preis-Leistungs-Sieger
Schon die Verpackung erzeugt Aufmerksamkeit: Pouch nennt sich diese Tüte voll Wein mit Tragegriff, Zapfhahn und Konterfei eines offenbar motorisierten Schimpansen, des "Fast Monkey". Was da klar und kirschrot aus dem Zapfhahn läuft, ist nicht zu verachten. Die Frucht spielt mit reifer Kirsche und Pflaume die Hauptrolle, dazu kommen etwas türkischer Honig und erfrischend minzige Anklänge. Saftig ist der Wein, leicht zu trinken. Tannine sucht man so gut wie vergebens. Der Wein ist weich, samtig, harmonisch. Macht in seinem Preissegment eine wirklich gute Figur. Als Rebsorte steht Vernatsch auf dem Etikett. In der Heimat des Weins, Württemberg, sagt man dazu oft Trollinger.
Zugänglichkeit: 4,5
Fruchtigkeit: 4,5
Intensität 3
Preis: 9,95 Euro für 1,5 Liter
Der alte Bekannte vom Gardasee
Ein bisschen Lugana-Feeling kann man sich hier schon ins Glas philosophieren. Denn von den Hängen des Bardolino-Gebiets schaut man über den Gardasee direkt auf die weichen Lugana-Hügel. Der Wein hat sich dabei ein paar Charaktereigenschaften des beliebten weißen Pendants abgeschaut. Er ist rund, weich und zugänglich, allerdings mit einer italienisch-charmanten Robustheit, die einem Rotwein guttut. Schließlich sollte er wenigstens zu Pizza und Pasta brillieren. Dazu stellt man sich ihn gerne vor. Aber auch zu einem pikanten Zwiebelkuchen – Speck stört ihn nicht. Oder zu einem Kürbisrisotto. Am Gaumen paart der aus den autochthonen Rebsorten Corvina (60 %), Rondinella (30 %) und Molinara (10 %) bestehende Wein gekonnt reife Brombeeren, Pflaume und Sauerkirsche – ein angemessenes Maß rustikaler Tannine strukturiert den Wein. Ein Easy-Drinking-Italiener, den man nicht unterschätzen sollte.
Zugänglichkeit: 4
Fruchtigkeit: 3,5
Intensität: 4
Preis: 9,95 Euro für 0,75 Liter
Frankreichs Hidden Champion
Auch unsere dritte Empfehlung – wobei wir keinen ersten, zweiten und dritten Platz vergeben haben – ist in Deutschland kein Unbekannter. Allerdings wurde er hierzulande über viele Jahre in sehr jungem Zustand getrunken, als Nouveau oder Primeur, was beides für das Gleiche steht: sehr junge Weine, die in der Regel zwischen November, also kurz nach der Lese, und spätestens Ostern konsumiert werden sollten. Dieser Beaujolais hingegen hat ein etwas größeres Trinkfenster von zwei, maximal drei Jahren. Es handelt sich nämlich um eine der zehn bekannten Crus der Region: Fleurie. Und mit der "La Roilette" sogar um eine Einzellage. Gamay ist hier die Rebsorte, die sich in ihrer vollen Schönheit präsentieren kann. Tiefe Schwarzkirsche, eine Idee von Vanille, dabei sehr offen, zugänglich und leicht verspielt mit Veilchenduftigkeit: So zeigt er sich im Glas. Leicht gekühlt besonders fein und elegant. Ein echter Hidden Champion.
Zugänglichkeit: 4
Fruchtigkeit: 3,5
Intensität: 4,5
Preis: 13,90 Euro für 0,75 Liter
Weitere probierenswerte leichte Rote:
2024 Dolcetto d'Alba DOC Azienda Agricola E. Pira e Figli (Bio) (16,50 Euro für 0,75 l)
2023 Saint Nicholas de Bourgeuil AOP Domaine Olivier (10,95 Euro für 0,75 l)
2021 Zweigelt Weingut Bründlmayer (9,50 Euro für 0,75 l)
2024 Sine Trollinger Weingut Aldinger (16,90 Euro für 0,75 l)
Rotwein ist eben nicht nur etwas für Liebhaber schwerer Freuden, sondern kann so angenehm frisch daherkommen wie ein guter Weißwein. Trauen Sie sich ruhig, ihn gekühlt zu trinken, wenn es denn die passende Sorte ist.
- Eigene Meinung





