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Umgangsrecht: Wenn mein Kind mich nicht mehr sehen will


Wenn mein Kind mich nicht mehr sehen will

Robert Scholz

27.05.2009Lesedauer: 5 Min.
Qualitativ geprüfter Inhalt
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Für diesen Beitrag haben wir alle relevanten Fakten sorgfältig recherchiert. Eine Beeinflussung durch Dritte findet nicht statt.

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„Gestern stand ich vor der Schule und wollte wenigstens einmal mein Kind sehen. Sie hat geweint und ich konnte gerade noch meine Tränen unter- drücken. Nach vier Wochen hatte ich Emma zum ersten Mal wieder im Arm.“ Ein Extremfall wird hier beschrieben, sicher. Ein Fall, von dem jeder, der in Trennung lebt, hofft, dass er nicht eintritt. Aber wer hilft, wenn ein Elternteil dem anderen das Kind entzieht? Welches Umgangsrecht haben getrennt lebende Elternteile? Und wie wird der - oft vorgeschobene - Wille des Kindes berücksichtigt? Fragen, die sich heute wieder mehr Menschen in Deutschland stellen müssen. 2008 ließen sich 191.900 Ehepaare scheiden. Das sind drei Prozent (4800 Paare) mehr als 2007.

Rechte von Eltern und Kindern

Obwohl es eine stark emotionale Sache ist, ist sie im Gesetz sehr nüchtern formuliert. Vielleicht sollte man sagen: Weil es eine stark emotionale Sache ist, braucht es eine nüchterne, juristische Sprache, um sie zu regeln. Das Umgangs- oder Besuchsrecht ist eine auf Gegenseitigkeit angelegte gesetzliche Regelung. Nicht nur dem Elternteil, bei dem das Kind nicht dauerhaft lebt, soll eine gesetzlich gesicherte Möglichkeit gegeben werden sein Kind zu besuchen. Auch das Kind selbst soll seinerseits ein verbrieftes Recht haben, Vater oder Mutter zu sehen. Zumeist sind es die Väter, die ausgezogen sind und auf ein geregeltes Besuchsrecht setzen müssen. Denn, bei aller Schuld, die man womöglich gegenüber seinem Ehepartner auf sich geladen hat, Kinder haben keine.

Was steckt dahinter?

85 Paragrafen befassen sich im Bürgerlichen Gesetzbuch mit der `Elterlichen Sorge`. Die Paragrafen 1626 und 1684 dieses langen Kapitels bilden das Fundament des Umgangsrechtes. Der eine formuliert, dass das Wohl des Kindes vom Umgang mit beiden Elternteilen abhängt. Der andere verbrieft das Recht und die Pflicht auf Umgang mit seinem Kind, wie auch umgekehrt, den Umgang des Kindes mit den Eltern. Erst seit etwas mehr als zehn Jahren hat der Gesetzgeber die Verantwortung beider Elternteile betont und im Gesetz verankert. Dies hat auch damit zu tun, dass Männer ihre Vaterrolle heute anders verstehen und leben als noch vor Jahren. Vor allem aber beruht diese Neuformulierung auf den Erkenntnissen von Kinderpsychologen: Kinder brauchen beide Eltern! Die Beziehungen zu diesen sollen weitgehend intakt gehalten und, im Idealfall, weiter vertieft werden.

„Ich bin ja froh, also in dieser Hinsicht froh, dass ich mal verheiratet war. Ansonsten würde meine Ex-Frau ja alles verhindern, was mit dem Kind zu tun hat. Ich würde meine Tochter wahrscheinlich gar nicht mehr sehen.“

Umgangsrecht und Sorgerecht?

Umgangs- und Sorgerecht sind zwei verschiedene Dinge. Genauer: Das Umgangsrecht ist Bestandteil der elterlichen Sorge. Bei verheirateten Paaren nehmen im Normalfall beide Partner das Sorgerecht war und entscheiden somit auch nach der Trennung in wichtigen Angelegenheiten des Kindes gemeinsam. Auch wenn das Sorgerecht auf nur ein Elternteil übertragen wurde, kann der andere Teil weiterhin auf sein Umgangsrecht bestehen. Wichtig wird dies bei unverheirateten Paaren. Die Mutter übt in diesem Fall erst einmal das alleinige Sorgerecht aus. Sie müsste der gemeinsamen Sorge um das Kind zustimmen. Der Umgang mit dem Kind bleibt aber in solchen Fällen vom Sorgerecht unberührt. Ein Vater hat auch dann das Recht auf Umgang mit seinem Kind.

„Ich will mich ja um das Kind kümmern, aber meine Frau verhindert jeden geregelten Ablauf. Ich muss über Wochen eine konkrete Planung vorlegen, kann nie mal spontan irgendetwas mit meiner Tochter unternehmen.“

Wie muss der Umgang eigentlich zeitlich ausgestaltet werden?

Es gibt keine pauschale Antwort auf diese Frage. Das Kind steht auch hier im Vordergrund. Jede Regelung muss sich an seinem Wohl orientieren. Dabei spielt das Alter des Kindes ebenso eine Rolle, wie sein ausdrücklicher Wille, sein Gesundheitszustand und die Entfernung zwischen den Wohnorten der Eltern. Aber die übliche Regelung folgt dem Muster, dass der Umgang aller vierzehn Tage, von Freitag- bis Sonntagnachmittag stattfindet. Die Ferienzeit wird meist jeweils zur Hälfte den Eltern zugesprochen.

„Manchmal habe ich Angst, ganz den Kontakt zu Emma zu verlieren. Was, wenn sie mich nach einiger Zeit nicht mehr sehen will?“

"Ich will nicht zum Papa"

Der Kampf um das Kind, seine Erziehung, seinen Wohnort und der Umgang mit ihm, ist oft die Weiterführung des Scheidungskrieges mit anderen Mitteln. Nicht selten wird das Argument ins Feld geführt, dass das Kind keinen Umgang wünscht, um Besuchsregelungen zu unterlaufen. Wenn keine ernsthaften Verstöße desjenigen, der ein Besuchsrecht einfordert, vorliegen, so wird der Umgang gewährt werden müssen. Wenn das Kindeswohl nicht gefährdet ist, so werden die entsprechenden Stellen helfen, den Besuchswunsch durchzusetzen. Dem betreuenden Elternteil wird dann nahegelegt, auch seinerseits an das Wohl des Kindes zu denken. Dieses sieht der Gesetzgeber ganz klar im Umgang mit beiden Elternteilen. Dieses Wohl darf nicht den eigenen Befindlichkeiten geopfert werden - von keiner Seite. Den Gerichten und Mitarbeitern der Jugendämter ist bewusst, dass negative Einflüsse auf die Kinder einwirken können. Beide Seiten können Motive haben, die Kinder zu manipulieren. Das Jugendamt wird versuchen, auf den betreuenden Elternteil einzuwirken, seinen Widerstand gegen die Besuchsregelung aufzugeben. Vor allem bei Kindern unter zehn Jahren, wird alles versucht um den Umgang zu gewährleisten. Immer vor dem Hintergrund, dass keine potentielle Gefährdung des Kindes vorliegt. Je älter die Kinder allerdings werden, desto eigenständiger und glaubwürdiger sind sie und desto eher wird dem Willen des Kindes gefolgt. Es ist auch für die Ämter und Beratungsstellen ein schwieriger Prozess der Abwägung. Umso mehr sollten die Eltern im Sinne ihrer Kinder die persönlichen Kränkungen außen vor lassen. Ein ebenso schwieriges, wie wichtiges Unterfangen.

„Was soll ich tun, wenn sie mir das Kind ganz nimmt…wenn sie Emma nie mehr zu mir lässt?“

Wer hilft bei Differenzen in Bezug auf den Umgang?

Wenn die Wunden aber so tief sind, dass auch in der Besuchsregelung keine Einigung erzielt werden kann, oder wenn sich Streitigkeiten wegen der Besuche aufbauen, dann ist der erste Ansprechpartner das Jugendamt. Auch die Familienberatungsstellen der Wohlfahrtsverbände (Diakonie, Caritas, Arbeiterwohlfahrt, Rotes Kreuz u.ä.) nehmen beratende und vermittelnde Funktionen in diesen Fragen war. Die Jugendämter sind allerdings gesetzlich dazu verpflichtet, in Umgangsstreitigkeiten zu vermitteln. Viele Gerichte berufen sich auf diese vorgeschaltete Beratungs- und Vermittlungspflicht der Jugendhilfe. Erst wenn Eltern über diese Bemühungen ihre Differenzen nicht ausräumen konnten, kommen juristische bzw. gerichtliche Schritte in Betracht. Das Verfahren ist somit erst einmal auf Vermittlung und Ausgleich der Interessen ausgerichtet.

„Nach einem Gerichtstermin und endlosen Mediationsgesprächen beim Jugendamt haben wir uns dann geeinigt. Und dann gab es danach, irgendwann, diesen Punkt, wo wir uns angesehen haben und gesagt haben: Das hätten wir auch früher haben können. Jetzt läuft es besser, …weil wir uns beide zurücknehmen - wegen der Kinder.“

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