Eigentlich bedeutet mir Muttertag nichts. Mein Mann macht mir keine Geschenke, meine Kinder sind aus dem Alter raus, in dem sie nette Dinge für die "beste Mama" basteln. Aber dieses Jahr erlebte ich einen ganz speziellen Muttertag. Einfach so.
- "Dieser Tag ist ein Kunstprodukt": Leser-Debatte zum Muttertag
- Warum feiern wir den Muttertag?: Muttertag 2018 – Datum, Bedeutung, Geschenkideen
- Reaktionen auf "Regretting Motherhood": ''Das ist in Deutschland ein empfindlicher Punkt''
- Fotoprojekt mit 50 Frauen: Dellen, Runzeln, Polster - so schön sind Mütter
- So ticken Väter heute: Sieben Fakten über den modernen Papa
Sie sitzt mir im Café gegenüber, mit Tränen in den Augen, Tränen des Glücks. Wir kennen uns nicht, aber es sprudelt aus ihr heraus. Sie erzählt mir von ihrem ersten Enkelkind, erst ein paar Stunden ist der kleine Tom alt. Gerade kommt sie vom Besuch aus der Klinik und muss ihr Glück mit jemandem teilen.
Das verbindet Mütter
Aber auch ihre Sorgen und die wilden Gedanken, die ihr durch den Kopf schossen. Die Angst um ihre Tochter und das noch ungeborene Kind, als die Wehen eingesetzt hatten. Denn da wurde die Erinnerung in ihr wach an das Mädchen, das sie selbst verloren hatte, das Kind wurde tot geboren.
Wir reden - mit Tränen in den Augen, wir lachen, wir hängen unseren Erinnerungen nach. Wir werden uns wohl nie wieder sehen. Für die 60-Jährige war das Lokal nur ein Zwischenstopp auf der Heimfahrt von der jungen Familie, doch für den Moment waren wir engste Vertraute.
Kurz danach erreicht mich die Nachricht einer Freundin: Ihr Sohn ist geboren, gesund, sie ist unfassbar glücklich. Eine andere Freundin erzählt von dem seltsamen Gefühl zwischen Stolz und Schmerz, das sie ergreift, seit sich der Auszug ihrer Tochter ankündigt. Sie wird zum Studium in eine weit entfernte Stadt gehen. Wie oft wird man sich sehen? Wie sehr wird sich das Kind verändern?
Eine andere Freundin beschreibt ihr Gefühlschaos am 18. Geburtstag ihrer Tochter mit Liedzeilen von Reinhard Mey: "Was habe ich in all den Jahren ohne dich eigentlich gemacht? Als Tage noch tagelang waren, wie hab' ich sie nur rumgebracht?" Er spricht so vielen Eltern aus der Seele: "Ein Haus wird doch erst ein Zuhause, wenn eine Wiege darin steht!"
Man bleibt immer Mutter - und immer Tochter
Dazwischen erzählt mir eine Bekannte von den Sorgen um die Mutter. Sie wird älter, vielleicht bald ein Pflegefall. Wie lässt sich das alles bewältigen?
Freude, Trauer, Glück liegen so nahe beieinander. Das Muttersein hat so viele Facetten. Nur selten nehmen sich Mütter Zeit, das Glück zu genießen, Stress und Trauer zu verarbeiten.
Junge Mütter dagegen - so heißt es ja - würden nur über ihre Babys reden. Mag sein. Aber vielleicht sind sie einfach auch das Allerwichtigste, das sie haben - ein Leben lang.
Leider dauert es nicht "bis ich 100 Jahre bin", wie Reinhard Mey in seinem Lied "Keine ruhige Minute" vermutet, irgendwann ist das Nest leer und dann werden Erinnerungen umso wertvoller - hoffentlich sind viele schöne dabei.