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Papaphasen: Wenn nur der Papa zählt


Papa in der Pole Position
Wenn nur der Vater angesagt ist

t-online, Nicola Wilbrand-Donzelli

18.02.2011Lesedauer: 4 Min.
Papaphase: Mütter müssen dann mit der Eifersucht fertig werden.Vergrößern des BildesPapaphase: Mütter müssen dann mit der Eifersucht fertig werden. (Quelle: imago)
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Papa ist der Superstar! Diese "Nur-Papa-zählt-Phase" kennen vor allem Eltern von Zwei- bis Dreijährigen. Bei Müttern weckt das oft Eifersucht. Doch eigentlich ist das ein ganz normales Phänomen: In bestimmten Situationen bevorzugt man bestimmte Ansprechpartner in der Familie. Eine Shoppingtour ist für die Teenager mit der Mutter einfach spannender und beim Computerkauf ist der Vater der bessere Ratgeber. Aber wie ist das bei kleinen Kindern? Auch sie favorisieren zeitweise einen Elternteil und grenzen sich gleichzeitig vom anderen stark ab. Vor allem die Papas sind da häufig im Vorteil.

Mama ist abgeschrieben

Seit einigen Wochen ist die zweijährige Lisa wie ausgewechselt. Kaum dreht sich abends der Schlüssel in der Tür, rennt sie los und fliegt ihrem Papa freudig in die Arme. Von da an hat die Kleine nur noch Augen für ihren "Paaapaa“, dessen permanente Anwesenheit sie dann auch bis zum Schlafengehen konsequent und lautstark einfordert. Nur Papa darf beim Abendessen das Käsebrot schneiden, die Gute-Nacht-Geschichte vorlesen und sie vorm Einschlafen zudecken. Mama ist in dieser Zeit abgeschrieben und wird wie Luft behandelt. Diese demonstrative Ablehnung ist für die meisten Mütter eine schmerzhafte Erfahrung, zumal sie ja tagsüber die Hauptbezugsperson für ihr Kind sind.

"Papa Superstar“ mit Spaßfaktor

Das Phänomen "Papakind“ kommt besonders häufig bei Zwei- bis Dreijährigen vor und viele Mütter klagen sich in Internetchats gegenseitig ihr Leid. Eine junge Frau erzählt von ihrem Mann und ihrer kleinen Tochter: “Er spielt mit ihr halt Spiele, die ich nicht spielen kann, weil ich oft einfach nicht die Zeit, die Nerven oder auch die Kraft habe. Zum Beispiel sie in den Wäschekorb setzen und mit ihr durch die Wohnung fliegen. Er blödelt mit ihr herum und mit ihm gibt es halt den ultimativen Spaßfaktor.“ Eine andere Mutter kommt sich in solchen Situationen wie das dritte Rad am Wagen vor. Sie schreibt: “Das ist schmerzlich. Jetzt sagt sie immer, dass ich weggehen soll, dass sie nur zu Papa will. Am Wochenende ist es ganz schlimm. Die beiden lachen und toben und ich putze die Wohnung.“

Gerlinde Unverzagt, Journalistin und Autorin zahlreicher pädagogischer Ratgeber, ist selbst vierfache Mutter und kennt die Problematik, die vor allem am Wochenende auftaucht. Kinder, die unter der Woche auf bestimmte Bitten gegenüber der Mutter mit Wutanfällen reagierten, seien samstags plötzlich wie ausgewechselt: "Was viele Mütter erbost, ist das leichte Spiel, das der Partner bei den Kindern hat. Mit Papas freundlichen 'Lass mich mal' geht plötzlich alles wie geschmiert. Dieselben Handgriffe, dieselben Worte, dasselbe Anliegen - ein grundverschiedenes Kind.“

Enge Bindung macht auch Abgrenzung nötig

Es muss keinen bestimmten Anlass geben, dass ein Kind einen Elternteil plötzlich ablehnt. Dieses Verhalten ist ein natürlicher Prozess der Abgrenzung, bei dem meist die Mütter die Leidtragenden sind, erklärt Familiensoziologe Hans-Walter Grumbinger gegenüber der Zeitschrift "Baby und Familie": “Mama ist zum Glück nicht abgeschrieben. Das Kind empfindet dann eher: Die Mama ist ja sowieso da, Papa ist jetzt aufregender.“ Gerade kleinere Kinder, die eine ganz besondere Bindung an die Mutter spüren, streben nach Unabhängigkeit. In der Psychologie nennt man diesen Schritt aus der Zweisamkeit in eine Dreierbeziehung "Triangulierung“. Autorin Gerlinde Unverzagt hat diesen Abgrenzungsprozess bei ihren Kindern ebenfalls miterlebt: “Aus der engeren Bindung zur Mutter muss man sich am heftigsten losstrampeln, losboxen, losschreien. Und im nächsten Moment wieder auf Mamas Schoß klettern, um aufzutanken.“

Väter spielen spannender

Väter sind bei einer klassischen Rollenverteilung in der Familie im Gegensatz zu den viel öfter anwesenden Müttern für die Kinder etwas Unerforschtes und Außergewöhnliches und werden damit zu etwas besonders Kostbarem und Interessantem. Im Alter von zwei bis drei Jahren machen Mädchen und Jungen andere Erfahrungen mit dem Vater als mit der Mutter, und das ist natürlich spannend.

Auch das gemeinsame Spielen mit dem Papa läuft anders ab. Alles ist ein bisschen rauer und intensiver. Spiele wie In-die-Luft-Schmeißen oder endlose Balgereien gibt es mit Mama meist nicht. "Väter sind beim Spiel häufig dynamischer und rasanter als Mütter. Sie spielen verwegene, wilde, abenteuerliche und herausfordernde Spiele, die oftmals komplex sind und viel Einsatz, insbesondere auch körperlich, erfordern", sagt der Spiele-Autor und Kulturpädagoge Uli Geißler.

Die männliche Herausforderung im Spiel

Der französische Psychologe Jean Le Camus untersuchte die Bedeutung der frühen Vater-Kind-Bindung. Er beobachtete Eltern vor allem beim Babyschwimmen. Sein Fazit: Väter spielen und berühren ihre Kinder herausfordernder, sind innovativer bei den Spielideen mit ultimativem Spaßfaktor. Mütter verhalten sich beim Spielen eher beruhigend, beschützend und bestätigend. Für den Psychologen ist diese "männliche“ Herausforderung beim Spiel wichtig für die Entwicklung des Gehirns, denn die Kinder werden so vermehrt angeregt selbstständig Lösungsmöglichkeiten zu finden und neue Fähigkeiten zu entdecken.

Identifikation mit den Eltern

Einige Kinder lösen sich eher unauffällig aus der engen Zweierbeziehung zur Mutter, wechseln häufiger die Seiten, sind mal Mamakind mal Papakind. Kommen Geschwister hinzu, orientiert sich das ältere Kind erst recht am Vater. Kleine Jungen zwischen drei und sechs Jahren identifizieren sich ebenfalls besonders stark mit dem männlichen Elternteil. Gerlinde Unverzagt nennt diese geschlechtsspezifische Orientierung "Vaterhunger“.

Eifersucht und Unzufriedenheit vermeiden

Für Mütter ist diese extreme "Papa-Phase“ oft schwierig, vor allem wenn sie von ihrem Kind heftige Ablehnung erfahren. Damit Eifersucht und Unzufriedenheit nicht die Oberhand gewinnen, kann man mit kleinen Veränderungen im Alltag und im elterlichen Rollenverhalten den Teufelskreis durchbrechen. Denn wenn einer nur putzt und gleichzeitig der strenge und schimpfende Erzieher ist, während der andere die Rolle des tollen und lachenden Unterhalters hat, sind Konflikte programmiert.

Außerdem sollten sich beide Elternteile bewusst machen, dass es sich nur um eine bestimmte und vorübergehende Phase handelt, in der die Kinder in extremer Weise den Vater bevorzugen und so einen ersten kleinen Ablöseversuch aus den liebevollen und engen "Fängen“ der Mutter wagen. Ein gelassener Umgang mit der Situation ist deshalb ratsam. Dass ein wenig mehr "Loslassen“ nicht schadet, bringt eine junge Mutter im Internetchat auf den Punkt: “Ich kann mich da so ganz rein fühlen. Die Kleine ist jetzt zweieinhalb und hat jetzt eben eine intensive Papa-Phase. Ist doch schön. Kein Grund zur Eifersucht. Man stelle sich vor, wenn alle Väter in Tränen ausbrechen würden, deren Kinder phasenweise ein innigeres Verhältnis zur Mutter haben.“

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