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So können Sie Ihrem Kind den Tod erklären


Richtige Worte finden
So können Sie Ihrem Kind den Tod erklären

  • Claudia Zehrfeld
Von Claudia Zehrfeld

Aktualisiert am 13.11.2021Lesedauer: 5 Min.
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Trauriges Mädchen: Eltern sollten traurige Nachrichten nicht vor ihren Kindern verschweigen.Vergrößern des Bildes
Trauriges Mädchen: Eltern sollten traurige Nachrichten nicht vor ihren Kindern verschweigen. (Quelle: People Images/getty-images-bilder)

Viele Eltern würden am liebsten alles Schlimme von ihren Kindern fernhalten. Aber es ist keine Lösung, den Tod eines geliebten Menschen zu verschweigen.

Wenn ein geliebter Mensch stirbt, bricht für viele eine Welt zusammen. Kinder reagieren auf solch eine Nachricht allerdings anders als Erwachsene, sie haben eine andere Art zu trauern. Wie kann man ihnen dabei helfen? Und wie erklärt man ihnen überhaupt den Tod? Wir klären wichtige Fragen, die in diesem Zusammenhang auftauchen:

Wann sollten Eltern mit ihrem Kind über den Tod reden?

"Den perfekten Zeitpunkt dafür gibt es nicht", sagt Dana Mundt von der Onlineberatung der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (bke). Stirbt jemand aus dem näheren Umfeld, sollten Eltern darüber auf jeden Fall mit ihrem Kind sprechen. Auch andere Situationen könnten den Anlass geben, den Tod zu thematisieren. Ein Besuch auf dem Friedhof etwa. Oder auch, wenn ein Tier tot im Garten oder am Straßenrand liegt.

Wie können Eltern Ihrem Kind den Tod erklären?

Es gibt vier Aspekte des Todes, die Eltern nutzen können, um diesen Kindern zu erklären, so Oliver Junker. Der Kommunikationsexperte arbeitet unter anderem als Trauerbegleiter für Kinder. Die vier Aspekte sind:

  1. Nonfunktionalität: Auch schon ganz jungen Kindern kann man den Tod anhand der Nonfunktionalität erläutern. "Dabei erklärt man den Tod mit sehr einfachen und klaren Worten anhand der Körperfunktionen", so Junker. Ist der Opa gestorben, könnte man etwa sagen: "Sein Herz schlägt nicht mehr und er atmet nicht mehr. Selbst wenn ich ihn rüttle, reagiert er nicht mehr. Er ist tot." Damit können Kinder laut dem Experten viel mehr anfangen, als wenn man versucht, Umschreibungen zu finden.
  2. Irreversibilität: Sind die Kinder schon etwas älter, etwa im Grundschulalter, können Erwachsene diese erste Erklärung ergänzen: "Und er wird dich auch nie mehr in den Arm nehmen oder mit dir spielen können." Das klinge zwar sehr hart, sagt Junker, "aber dass jemand tot ist, ist auch hart. Das lässt sich nicht beschönigen."
  3. Kausalität: Im späteren Grundschulalter könnten Kinder dann verstehen, dass es verschiedene Ursachen für den Tod gibt. Dann können Eltern ihnen auch die Gründe erläutern – also etwa, ob jemand wegen einer Krankheit, eines Unfalls oder aus Altersschwäche gestorben ist.
  4. Universalität: "Dahinter steckt die Erkenntnis, dass der Tod zum Leben dazugehört", so Junker. Sie spiele für Kinder und für die Erklärung des Todes meist keine so große Rolle. Allerdings komme es vor, dass Kinder fragen, ob sie selbst auch sterben müssen. Darauf können Eltern Junker zufolge zum Beispiel antworten: "Ja, du wirst auch einmal sterben. Aber ich wünsche mir – und du bestimmt auch –, dass du uralt wirst."

Generell empfiehlt Junker, der auch die Kindertrauer-Akademie im bayerischen Kaufering leitet, kurze und authentische Erklärungen zu geben. Er sagt: "Wenn das Kind etwas nicht versteht oder noch mehr wissen will, dann fragt es noch einmal nach – wenn auch nicht unbedingt sofort." Häufig wollten Kinder zunächst nur eine Antwort auf einen ersten Impuls haben. Auch Mundt rät, sich an den Fragen des Kindes zu orientieren. "Kinder stellen häufig Fragen, mit denen man als Erwachsener gar nicht rechnet."

Wenn Eltern die Worte fehlen, könnten auch Kinderbücher zum Thema Tod eine Unterstützung sein. "Bücher, die man sich gemeinsam mit dem Kind anschaut, können helfen, Formulierungen zu finden."

Was sollten Eltern bei der Erklärung vermeiden?

Es gibt Formulierungen, die Eltern besser nicht verwenden. Umschreibungen wie "Er/Sie ist eingeschlafen" oder "Er/Sie ist fortgegangen" nehmen kleine Kinder im Kitaalter noch sehr wörtlich. "Wenn dann die Mutter ein paar Tage für ein Seminar ebenfalls 'fortgeht' oder der Vater auf der Couch einschläft, könnte das Ängste schüren", sagt Mundt.

Ab wann verstehen Kinder, dass der Tod endgültig ist?

Kinder entwickeln im Vorschulalter langsam eine Vorstellung davon, was der Tod bedeutet. "Das Verständnis dafür, dass der Tod unwiderruflich ist, kommt dann teilweise erst mit acht oder neun Jahren", sagt Junker.

Sollten Eltern die eigene Trauer vor dem Kind verbergen?

"Kinder haben so feine Antennen, sie bekommen es mit, wenn es den Eltern nicht gut geht", sagt Erziehungsexpertin Mundt. Schon allein deswegen sollten Erwachsene den eigenen Kindern gegenüber nicht so tun als wäre heile Welt. Stattdessen sollten sie kurz erklären, dass und warum sie traurig sind. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass Kinder die bedrückte Stimmung auf sich beziehen. "Manchmal haben Kinder ganz verrückte Gedanken und meinen, dass sie Schuld an der Situation sind, weil sie beispielsweise unerlaubterweise nachts zu lange wach waren."

Zudem sollten Eltern im Blick haben, dass Kinder meist noch keine Vorerfahrung und somit noch keine Bewältigungsstrategien für Trauerfälle besitzen, fügt Junker hinzu. Deshalb orientieren sie sich an ihren Bezugspersonen. "Zeigen sich die Eltern nur stark und trauern nicht vor den Kindern, lernen diese fälschlicherweise, dass man seine Gefühle zurückhalten muss, wenn jemand gestorben ist."

Wie trauern Kinder?

Kinder trauern anders als Erwachsene. "Bei ihnen kommt die Trauer in Wellen", sagt Junker. " Manche Wellen sind größer, andere kleiner." Der plötzliche Wechsel von Traurigkeit zu Spiel und Spaß sei deshalb typisch. "Erst sind sie total traurig und weinen. Aber im nächsten Moment sehen sie vielleicht eine Seifenblase oder einen lustigen Hund und kichern und lachen", sagt Mundt.

Wie können Erwachsene Kindern beim Trauern helfen?

Wichtig ist laut Trauerbegleiter Junker, dass man versucht, den gewohnten Tagesablauf nicht zu unterbrechen, die Strukturen beizubehalten. Wenn sich Essens- und Schlafenszeiten ständig verschieben, verliere der Nachwuchs zusätzlich an Halt. Außerdem bräuchten die Kinder viele Möglichkeiten, sich zu bewegen. Man sollte mit ihnen raus auf den Spielplatz gehen, zum Bolzen oder zum Schwimmen. "Letztendlich ist es ein extremer Stresszustand und Stress lässt sich am besten durch Bewegung und Aktivität abbauen", so der Experte.

Mundt fügt hinzu, dass Eltern die Trauer klar ansprechen sollten. "Sie können fragen: Was macht dich traurig? Was können wir tun, damit du nicht mehr so traurig bist?" Meistens hätten Kinder dafür ganz fantastische Ideen: "Weil die Oma gerne Sonnenblumen mochte, kann man gemeinsam eine Sonnenblume aufs Grab legen. Oder man schaut zusammen Fotos an oder lässt einen Abschiedsbrief an einem Luftballon in den Himmel steigen."

Daraus könnte zudem ein Ritual entstehen, das Eltern und Kinder regelmäßig zur Trauerbewältigung vollziehen könnten. Wichtig sei, dass Mutter und Vater immer ein offenes Ohr für die Fragen des Nachwuchses haben. Wenn sie selbst gerade zu stark in Trauer steckten, könnten sie dem Kind sagen "Ich kann es dir gerade nicht so gut erklären, weil ich noch ganz doll traurig bin" und auf den Partner verweisen und diesen bitten, einzuspringen. Oder sie bitten einen nahen Verwandten oder auch Bekannten. Das könne sehr hilfreich und entlastend sein. So verhindern sie außerdem, dass der Nachwuchs das Gefühl hat, er dürfe solche Fragen nicht stellen. "Das sind wichtige Fragen", so Diplom-Sozialpädagogin Mundt.

Sollten Eltern ihr Kind mit zur Beerdigung nehmen?

Diese Frage hören sowohl Mundt als auch Junker sehr häufig von Eltern, die Rat suchen. Mundt rät, sich das Kind und die Situation genau anzuschauen und individuell zu entscheiden. "Sobald das Kind alt genug ist zu verstehen, wofür dieses Ritual ist, sollte es mitgenommen werden", findet Junker. Wenn das Kind schon in der Lage ist, selber zu entscheiden, ob es mitkommen möchte oder nicht, sollten Eltern es fragen. Besteht die Möglichkeit, den Leichnam noch einmal zu sehen, sollte das Kind ebenfalls mitgenommen werden, so der Experte. Denn: "Es gibt viele Erwachsene, die mit 40 oder 50 Jahren schwer krank werden aufgrund einer nicht bewältigten Trauer oder weil sie nicht Abschied nehmen konnten."

Auf ein solches Abschiednehmen muss man den Nachwuchs allerdings gut vorbereiten und ihn dabei auch begleiten. "Man sollte erklären, warum es dieses Ritual gibt und ihnen auch aufzeigen, dass sie jederzeit gehen können, wenn es ihnen zu viel wird", sagt Junker. Wichtig sei zudem, dass Kinder nach der Beerdigung die Möglichkeit haben, rauszugehen und zu toben, um den Stress abzubauen.

Bei Fragen und Unsicherheiten in Erziehungsthemen können Eltern sich zum Beispiel an die Beratungsstellen der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung vor Ort oder online wenden. Informationen finden Sie unter www.bke-elternberatung.de. Die Beratung ist kostenlos.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Interview mit Dana Mundt von der Onlineberatung der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung
  • Interview mit Oliver Junker, Trauerbegleiter für Kinder
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