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Drogen in der Schule


Drogen in der Schule
Drogen in der Schule: Was muss geschehen?

t-online, mmh

30.11.2010Lesedauer: 4 Min.
Unter vielen Teenager gilt "Kiffen" als cool: Das Thema Drogen sollte in Schulen keinesfalls tabuisiert werden. (Bild: imago)Vergrößern des BildesDas Thema Drogen sollte in Schulen keinesfalls tabuisiert werden. (Bild: imago)
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Jugendliche testen gerne Grenzen aus, probieren oft Neues, ob im Kleidungsstil oder in der Jugendsprache. Leider gehören zu diesen Jugend-Experimenten auch Drogen. Nicht selten kommen sie durch Mitschüler oder auf dem Schulweg damit in Berührung. Suchtexperte Volker Weyel weiß: "Wir müssen Kindern helfen, dass sie so gefahrlos wie möglich diese Experimentierphase überstehen." Eltern und Pädagogen haben einen Erziehungsauftrag, Drogenprävention ist ein Baustein. Doch wie reagieren Schulen im Ernstfall richtig?

Drogen an der Schule: Was passiert?

Lenas heile Welt ist zusammengebrochen: An ihrer Schule werden Drogen verkauft. Ein Mitschüler der Neuntklässerin hat angeblich einem andern Schüler auf dem Schulhof einen Joint verkauft. Aufgeregt berichten sie dies der Klassenlehrerin, die alarmiert den Direktor, am Nachmittag rufen aufgeschreckte Eltern in der Schule an. Eilig wird ein Elternabend einberufen, der Ruf nach der Polizei wird laut. Der "Verdächtige“ und seine Eltern werden zur Schulleitung zitiert.

Die Kinder sind zerrissen zwischen "Petzen", Angst, Sorge, Verantwortungsgefühl und Unrechtsbewusstsein. Die Schulleitung befindet sich in einem Zwiespalt aus pädagogischem Auftrag für den einzelnen genauso wie für die Gesamtheit und der Pflicht bei einer eventuellen Straftat zu handeln.

In diesem Beispiel wurde zweifellos überreagiert, was oft passiert, wenn eine Schule über kein Konzept zum Umgang mit Drogen verfügt, wenn das Thema Sucht womöglich sogar tabuisiert wird.

Konzepte erarbeiten

Jede Schule in Deutschland ist verpflichtet, das Thema "Sucht und Drogen" an der Schule nicht nur im Unterricht zu behandeln, sondern Regeln für konkrete Fälle festzulegen. Jedes Bundesland hat dabei andere Bestimmungen, immer steht dahinter der pädagogische Auftrag der Schulen. In Hessen beispielsweise gibt es an jeder Schule Funktionslehrer für Suchtfragen, die früher Drogenberatungslehrer hießen. Dieser Lehrer organisiert ein Konzept, das festlegt, wie Schulen mit dem Thema umgehen, wie Eltern und Schüler miteinzubeziehen sind, wann externe Hilfe nötig ist.

Drogen sind ein gesellschaftlich-relevantes Thema

"Schule steht in der Verpflichtung, sich auf gesellschaftlich-relevante Themen vorzubereiten. Die können nicht so tun, als wüssten sie nichts von Komasaufen und Kiffen“, mahnt Volker Weyel, Leiter der Fachstelle für Suchtprävention in Darmstadt. Und die Zahlen sprechen für einen Handlungsbedarf: Etwa ein Drittel der Lehrpersonen der achten und neunten Jahrgangsstufe machen pro Schuljahr Erfahrungen mit bekifften Schülern im Unterricht, so heißt es in einer Broschüre der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Während öffentliche Kampagnen momentan das Hauptaugenmerk auf Komasaufen richten, entwickelt sich eine Subkultur unter Jugendlichen, in der "Kiffen" cool ist. Der Hype verbreitet sich per Internet. Die Kommunikationswege haben sich geändert, die soziale Kontrolle fällt mehr und mehr weg, und vor allem verfügen die Jugendlichen über eine hohe Kaufkraft - auch für Drogen.

Nicht überreagieren

Zurück zum Fallbeispiel. Gut wäre es gewesen, der Klassenlehrer hätte sich sofort an den Funktionslehrer gewandt, der dann die nötigen und angemessenen Schritte unternommen hätte. Dabei hat eine Schule einen relativ großen Ermessensspielraum, bewegt sich aber gleichzeitig in einer rechtlichen Grauzone: Sie unterliegt der Verschwiegenheitspflicht, sie muss keine Anzeige erstatten, aber sie muss Indizien nachgehen. Die Schulleitung muss abwägen, wie groß die Gefährdung des Einzelnen ist: Ein 13-Jähriger ist stärker gefährdet als ein 17-Jähriger, erfordert also ein schnelleres Eingreifen.

Lehrer sind keine Therapeuten oder Polizisten

Allen muss klar sein: Schulen bieten keine Therapie an, führen keine Drogentests durch und sind auch keine Außenstelle der Polizei. Schulen können zwar Drogen-Konsumenten von der Schule verweisen, doch es ist sinnvoll, ein Kind so lange wie möglich in das Schulleben einzubinden. Eine klare Grenze besteht dann, wenn der betroffene Schüler mit Drogen dealt und damit andere Kinder gefährdet.

Eine weitere klare Vereinbarung ist: Kein Konsum von Drogen vor oder während der Schule oder bei Schulveranstaltungen, keine Teilnahme am Unterricht in berauschtem Zustand, keine Weitergabe von Drogen.

Haben Lehrer eine Pflicht zur Anzeige?

So lange nur der Verdacht vorliegt, ein Kind würde Drogen konsumieren, sollten Lehrer erst ein Gespräch mit dem Schüler suchen, erhärtet sich der Verdacht, müssen sie auch die Eltern hinzuziehen. Diese werden aufgefordert gemeinsam mit der Schule Sohn oder Tochter zur Einhaltung der Regeln zu verpflichten. Drogen-Deals sind strafbare Handlungen. Wird ein Lehrer Zeuge eines Deals auf dem Schulgelände, ist er verpflichtet, dies bei der Polizei anzuzeigen.

Offensiver Umgang

„Schulen müssen offensiv das Thema Drogen angehen, nur dann kann auch Prävention greifen“, sagt Weyel. Ein Selbst-Test an mehreren Schulen zeigt, es ist nicht einfach, den betreffenden Fachlehrer zu ermitteln. Viele Schulen klammern dieses Thema auf ihrer Homepage völlig aus. Das Drogenverbot auf dem Schulgelände findet sich allenfalls in einem Paragraf der Schulordnung. Ist es doch ein Tabu-Thema? Offensiv ist jedenfalls anders.

Gerüchte oder Indizien?

Besonders schwierig ist es mit Gerüchten umzugehen. „Wer nicht in den einschlägigen Kreisen ist, erzählt auch mal etwas Falsches, weil er es nicht einordnen kann“, gibt die Darmstädter Schulsozialarbeiterin Anne Korbach zu bedenken. Diese Gerüchte verbreiten sich dann schnell auch über SchülerVZ und andere Netzwerke, daraus kann Mobbing entstehen. Die wirklich Betroffenen erzählen nichts. Auch Eltern sitzen oft diesen Hinweisen aus dritter Hand auf, hier gilt, besonnen zu reagieren und sich an den zuständigen Lehrer zu wenden.

Wichtigster Baustein: Drogenprävention

Vielleicht der wichtigste Baustein in der „Drogenpolitik“ der Schulen ist die Prävention. Drogenprävention muss lebensnah sein, sie darf nicht mit Abschreckung, Verboten oder Notendruck arbeiten, aber muss klare Aussagen über die Konsequenzen - gesundheitlich und strafrechtlich - des Drogenkonsums treffen. Ihr Ziel ist, Kinder zu stärken für ein selbstbewusstes Leben ohne Drogen.

Erfolgreiche Drogenprävention hängt stark von der Person ab, die sie betreibt, weiß Harald Schmidt, Geschäftsführer der zentralen Geschäftsstelle der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes in Stuttgart. „Es kommt nicht unbedingt darauf an, ob der Referent Polizist oder Sozialarbeiter ist, sondern ob er die Schüler als Person mit seinen Botschaften erreicht. Da spielt Authentizität auch eine große Rolle. Kennt er die Lebenswelt der Schüler, ihre Probleme und Ängste. Kann er Folgen und Konsequenzen eindrücklich schildern, Beispiele aufzeigen, in denen der Drogenkonsum ein schlimmes Ende nahm - dann erreicht er die Zielgruppe durchaus."

Zielgruppennahe Ansprache

Drogenprävention unterliegt Moden. Die Eltern der heutigen Jugendlichen erinnern sich vermutlich noch an Filme über Raucherbeine und Kehlkopf-Mikrofone, die in Schulen vom Bio-Lehrer zur Abschreckung gezeigt wurden. Im Deutsch-Unterricht wurde oft der Film „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ als Milieu-Studie gezeigt. Das ist vorbei. Authentizität und zielgruppennahe Ansprache ist gefragt. Aufklärung, Wissensvermittlung ist richtig. Aber benotete Referate und Drogenprävention als Lernstoff für die Klassenarbeit führen sicherlich nicht zum Ziel.

Weitere Links zum Thema Drogenprävention: www.polizei-beratung.de und www.luka.polizei-beratung.de

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