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Social Freezing: Yogeshwar schwingt bei Günther Jauch die Moralkeule


Schwanger werden gilt nicht?
Yogeshwar schwingt bei Jauch die Moralkeule

t-online, Von Julian Moering

Aktualisiert am 27.10.2014Lesedauer: 4 Min.
Wilde Wortgefechte im Gasometer: Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar legte sich mit den Frauen anVergrößern des BildesWilde Wortgefechte im Gasometer: Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar legte sich mit den Frauen an (Quelle: imago-images-bilder)
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Facebook macht es vor, Apple zieht nach: Beide US-Unternehmen zahlen ihren Mitarbeiterinnen das sogenannte "Social Freezing", das Einfrieren unbefruchteter Eizellen ohne medizinischen Anlass. Und ganz in der Tradition deutschen Bedenkenträgertums fragte Günther Jauch: "Eiskalte Karriereplanung - Ist Kinderkriegen Chefsache?" Dieser Talk zeigte vor allem eines: In Deutschland ist eine heiße, mitunter sogar überhitze Debatte um die Motive der Frauen und der Konzerne entbrannt.

Zu Gast im Gasometer in Berlin waren Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar, Regisseurin Sharon Berkal, Zeit-Korrespondentin Elisabeth Niejahr, Gynäkologe Nicolas Zech und Unternehmensberaterin Petra Dalhoff.

Biologische Uhr ausgetrickst

Und so funktioniert "Social Freezing": Seit einigen Jahren ist es Medizinern möglich, dem weiblichen Körper Eizellen zu entnehmen und durch eine Art Schockgefrieren über einen langen Zeitraum zu konservieren. So können Frauen ihre biologische Uhr austricksen und Familienplanung selbstbestimmter angehen.

Eine neue Ära in der Reproduktionsmedizin. Erstmals sind es nicht mehr nur behandlungsbedürftige Patientinnen, die sich dieser umfangreichen Prozedur unterziehen, sondern kerngesunde junge Frauen.

Dabei wird einerseits gerne das Bild der karrieregeilen Frau gezeichnet, die in ihrem Leben kein Platz für Kinder hat und das Thema Familie lieber aufschiebt. Andererseits wird Facebook und Co. unterstellt, durch dieses scheinbar freiwillige Angebot an die Mitarbeiterinnen einen Karrieredruck aufzubauen, nach dem Motto: Schwanger werden gilt nicht.

Yogeshwar teilt aus

Diese Bedenken teilt auch Yogeshwar: "Die Firmen sollen sich nach dem Menschen richten und nicht der Mensch solche Klimmzüge machen, damit manche Firmen noch reicher werden", forderte der 55-Jährige.

Leider blieb Yogeshwars These, die Unternehmen würden "Social Freezing" aus reinem Eigennutz und zur besseren Kontrolle der Belegschaft anbieten, unangetastet im Raum stehen. Über die genauen Umstände etwa bei Facebook oder Apple blieb der Zuschauer im Unklaren.

Auch über Maßnahmen, die angesprochene Unternehmen angeblich zur Unterstützung von Müttern von natürlich gezeugten Kindern anbieten, wurde nur gemutmaßt. Frau Dalhoff, die selbst erst mit 43 Mutter geworden ist und als Unternehmensberaterin offensichtlich die Arbeitgeberseite vertreten sollte, hatte leider wenig Erhellendes beizutragen. Hier hätten ein paar harte Fakten dem Verlauf der Diskussion gutgetan.

Dennoch ist die Angst, von Unternehmen mehr und mehr zum "Social Freezing" gedrängt zu werden, zumindest in Deutschland weitestgehend unbegründet. Hierzulande ist es kaum denkbar, dass Firmen die Kosten für die Behandlung übernehmen, schon alleine weil das Gesundheitssystem mehrheitlich in staatlicher Hand liegt.

Kopfschütteln bei Frauen

Statt der Ausgangsfragestellung nachzugehen, verlagerte sich die Diskussion nach und nach in den Bereich der Ethik und hin zur Frage nach der moralischen Bewertung von "Social Freezing". Yogeshwar hatte daruf eine klare Antwort, und sorgte deswegen für reichlich Kopfschütteln bei der bekennenden und praktizierenden "Social-Freezing"-Anhängerin Berkal.

Die 37-Jährige hat sich zusammen mit ihrem Freund bewusst für das Einfrieren ihrer Eizellen entschieden, weil sie "erst einmal etwas für sich selbst erreichen" aber trotzdem nicht kinderlos bleiben will.

Yogeshwar fand es mal wieder sehr bedenklich, "wenn ein so natürlicher Prozess wie das Kinderkriegen plötzlich verkopft wird und angstbehaftet ist". Schön ist das sicher nicht, da möchte man ihm Recht geben.

Mutter werden - locker bis 45

Doch was ist mit den Frauen, denen nicht das Glück zuteil wurde, in einer glücklichen Beziehung zu stehen und somit das Mutterwerden als natürlichen Prozess und logische Konsequenz von Abläufen erleben zu können? Für sie bietet "Social Freezing“ eine Möglichkeit, die Chancen auf eine Schwangerschaft zu einem späteren Zeitpunkt zu erhöhen. Locker bis 45, wie Gynäkologe Zech bestätigte.

Männer sind dank Viagra bis ins hohe Alter zeugungsfähig, und Frauen sollen ihre Fruchtbarkeit nicht erhalten dürfen? Für Berkal ein klarer Fall von Doppelmoral. Viagra entspräche nach der Definition von Yogeshwar auch nicht dem "natürlichen Prozess“. Schade: Bei dieser Argumentation wurden leider Potenz und Fruchtbarkeit in einen Topf geworfen.

Berkal platzt der Kragen

Zu guter Letzt will Yogeshwar bei den Frauen, die "Social Freezing" in Anspruch nehmen, eine "Entgleisung der Priorisierung“ ausgemacht haben. Es gäbe im Leben nun einmal wichtigeres als den Job. Damit erhebt er seine Vorstellung von der glücklichen Jung-Familie quasi zur moralischen Instanz. Sehr fragwürdig.

An diesem Punkt platzte der ansonsten besonnen für ihre Sache eintretenden Berkal der Kragen. Sogar mit dem Publikum legte sie sich an. Yogeshwars Ausführungen kanzelte sie als "Panikmache für den kleinen Geist" ab und fand es bezeichnend, "dass alle klatschen, wenn Sie (Yogeshwar) mit ihrem konservativem Weltbild kommen“.

In einem seiner wenigen Einwürfe stellte Jauch die an diesem Punkt passende Frage: "Geht uns Männer das überhaupt was an?" Zeit-Korrespondentin Niejahr ist der Meinung: Auf jeden Fall!

Die 49-jährige Journalistin hat selbst einmal Eizellen einfrieren lassen, ist dann aber auf natürlichem Wege Mutter geworden. Sie forderte: "Männer sollten sich viel stärker an solchen Entscheidungen beteiligen und die Frauen nicht damit alleine lassen."

"Ja" zum Leben

Sie selbst habe in ihrem Leben lange mit dem Thema Familie und Karriere gehadert. Das Einfrieren ihrer Eizellen habe ihr in den ersten Berufsjahren eine Sicherheit gegeben. Obwohl sie zugibt, sich "dafür geschämt zu haben" und es heute als Glücksfall empfindet, die Eizellen nicht gebraucht zu haben, verurteilt sie Frauen nicht, die sich für "Social Freezing“ entscheiden. "Welche Alternativen gibt es denn für Frauen, die lange studieren und sich in ihrem Job etablieren wollen?"

Und das ist der springende Punkt. "Social Freezing" bietet Frauen neben der Pille eine zusätzliche Alternative der selbstbestimmten Familienplanung. Noch dazu verschafft ihnen diese Methode noch mehr Zeit. Auch Frauen, deren biologische Uhr bereits abgelaufen ist, können sich den Kinderwunsch doch noch erfüllen. Und jedes Kind mehr ist ein Gewinn für die Gesellschaft. Wie hat es Frau Berkal so schön gesagt: "Ich sage damit 'Ja' zum Leben."

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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