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Ein Baby nach mehreren Fehlgeburten: Drei Engel wachen über Julia


Ein Baby nach mehreren Fehlgeburten
Drei Engel wachen über Julia

t-online, Simone Blaß

10.09.2016Lesedauer: 4 Min.
Die kleine Julia ist das große Glück ihrer Eltern.Vergrößern des BildesDie kleine Julia ist das große Glück ihrer Eltern. (Quelle: Privat)
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Hanna hat drei Babys verloren und daraus nie ein Drama gemacht.

Julia ist vier Wochen alt. Hanna hält das wunderschöne, gesunde Baby im Arm und strahlt - trotz Brustentzündung. "Klar, wie in der Werbung ist es nicht, aber ich weiß, man wächst mit seinen Aufgaben und über diese Aufgabe freue ich mich von ganzem Herzen."

Hanna war keine der Frauen, für die ein Lebensplan nur mit Kind funktioniert. Die biologische Uhr schwieg - bis Peter auftauchte. 2009 war das. Peter wusste sofort, dass Hanna die Frau ist, die er heiraten will und mit der er Kinder möchte. "Ich war mir da nicht so sicher, habe mich immer gefragt, was will er denn mit einer Frau, die zehn Jahr älter ist als er?"

Aber der Informatiker hat nicht aufgegeben. Noch im selben Jahr zogen die beiden zusammen und Hanna wurde schwanger. Sie verlor das Kind. Doch Hanna, die früher Leistungssport betrieben hatte, war das Kämpfen gewöhnt und biss die Zähne zusammen. "Ich bin bereits nach fünf Tagen wieder arbeiten gegangen. Ich hatte gerade einen sehr anspruchsvollen Job angetreten und sehr hohe Ansprüche an mich."

Panikanfälle und Herzrasen waren erste Anzeichen

Auch privat blieb Hanna auf der Überholspur. "Ich habe das Baby am 4. März verloren, im Juni haben wir geheiratet und kurze Zeit später war ich wieder schwanger." Als sie auch dieses Kind verlor, wurde ihr Frauenarzt aktiv. "Wir wurden medizinisch komplett durchgecheckt, alle Werte waren okay, man konnte keine Auffälligkeiten finden." Wirkliche Trauer ließ Hanna auch diesmal nicht zu.

Bis zur dritten Schwangerschaft. Denn der Tod dieses Kindes, wieder an einem 4. März, löste eine Lawine aus. Erste Anzeichen waren Herzrasen, nächtliches Schwitzen und Panikanfälle. "Auch beruflich lief es schon eine ganze Weile nicht mehr rund, und als mein Chef mich bei einem klärenden Gespräch fragte, wie es denn privat so laufe, da öffneten sich plötzlich die Schleusendeckel und die Tränen liefen in Strömen. Ich hatte einen richtigen Zusammenbruch."

Die Trauer sucht sich ihren Weg

Ihr Mann reagierte sehr verständnisvoll und sensibel. Er überredete Hanna, einen Kurantrag zu stellen. Ein bisschen Erholung und dann wäre alles wieder gut, das hofften die beiden. Doch die behandelnde Ärztin merkte, was wirklich los war mit Hanna, schrieb sie arbeitsunfähig und nahm sie "aus dem System".

Es folgten 14 Tage auf der Depressionsstation eines Krankenhauses. "Mir war inzwischen klar, dass der Zusammenbruch vom Verdrängen der Fehlgeburten kam und von all den Dingen, die ich mir aufgehalst hatte, um meine Gefühle zu deckeln. Die sich dann mit Wucht ihren Weg gesucht haben." Während der Reha in einer psychosomatischen Klinik begann sie aufzuarbeiten. "Ich habe mit deren Hilfe eine Art Dankbarkeit gegenüber meinen Fehlgeburten entwickelt."

Fehlgeburten bis 500 Gramm wurden wie Abfall behandelt

Bis zu zwanzig Prozent aller Schwangerschaften enden mit einer Fehlgeburt. Das Verständnis für Eltern, die früh ein Kind verloren haben, hat sich verändert. Früher wurden diese Föten wie Abfall behandelt, landeten auf dem Müll.

Heute hat jedes Bundesland eine andere Regelung für die Bestattung von Fehlgeburten. Hanna und ihr Mann leben in Sachsen. Dort gilt, dass Kinder unter 500 Gramm ebenfalls ein Recht auf Bestattung haben. Wenn die Eltern das nicht wünschen, dann überführen die Krankenhäuser die toten Kinder in ein Krematorium und bestatten sie anonym.

Auch "Sternenkinder", ein Verein für die Hinterbliebenen früh verstorbener Kinder, bestattet anonym und doch persönlich. Zweimal jährlich findet eine Trauerfeier statt, die Kinder bekommen eine gemeinsame Grabplatte mit einem Symbol. "Auch diese Seelen sollen eine Ruhestätte finden. Unser drittes Kind ist ein Wolkenschaf und wir haben seitdem ein Plüschschaf namens Lola, das wir wie ein Familienmitglied behandeln."

Man klammert sich an jeden Strohhalm

Als der Schwangerschaftstest zum vierten Mal zwei Streifen anzeigte, besuchte Hanna ihre Kinder auf dem Friedhof. "Ich war die einzige dort in dem Moment. Es war sonnig und ich hatte ein ganz friedliches Gefühl. Da war so etwas Beschützendes."

Dann nahm das Schicksal seinen Lauf. "Durch einen Zufall erfuhr ich gleich am ersten Tag nach dem Schwangerschaftstest davon, dass es möglich sein könnte, dass mein Körper genetisches Fremdmaterial abstoße, und dass es wichtig wäre, das sofort abzuklären. Man klammert sich da ja an jeden Strohhalm."

Die Zeit drängte. Schon am nächsten Tag hatte sie sich einen Termin bei einer darauf spezialisierten Klinik in München erkämpft. "Wir fuhren acht Stunden für eine Viertelstunde Gespräch. Doch das hat unserem Kind das Leben gerettet."

Hanna wurde geraten, ein Medikament einzunehmen, das eigentlich für die Krebstherapie gedacht ist, aber auch beachtliche Erfolge bei Einnistungsstörungen vorweisen kann. Der Körper wird dadurch quasi überlistet. "Bis der Körper etwas merkt, ist die Einnistung schon passiert." Zweimal wöchentlich spritzte Peter Hanna das Medikament nun in die Bauchdecke. Die Kosten von rund 1500 Euro wurden von der Kasse nicht übernommen. "Doch das war es uns wert!"

Julia ist ein Sonntagskind

Peter und Hanna blickten positiv in die Zukunft. "Aber natürlich hat man Angst, dass es wieder zu einer Fehlgeburt kommen könnte. Doch alle Tests, die wir machen ließen, brachten erfreuliche Ergebnisse." Die Schwangerschaft verlief problemlos und Julia erblickte als Sonntagskind das Licht der Welt. Als Glückskind, wie man sagt. Wenn es nach Peter und Hanna geht, bleibt sie kein Einzelkind - obwohl sie das für die beiden eigentlich auch jetzt schon nicht ist.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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