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Corona und Kinderarbeit: "Habe Angst, Corona zu bekommen und zu verhungern"


Corona und Kinderarbeit
"Ich habe Angst, Corona zu bekommen und zu verhungern"

Von t-online, sms

Aktualisiert am 29.10.2020Lesedauer: 4 Min.
Kinderarbeit: Durch die Corona-Pandemie bricht in vielen armen Familien das Einkommen weg.Vergrößern des BildesKinderarbeit: Durch die Corona-Pandemie bricht in vielen armen Familien das Einkommen weg. (Quelle: Lennart Zech/Kindernothilfe)
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Die Corona-Pandemie prägt das Leben weltweit. Besonders hart getroffen werden Kinder und Jugendliche, die ohnehin in Armut leben und arbeiten müssen. Die Kindernothilfe hat dazu jetzt eine Studie veröffentlicht.

Zwischen Mai und Juli 2020 hat die Kindernothilfe weltweit die Situation von Kindern und Jugendlichen untersucht, die arbeiten müssen. Die Studie zeigt, wie sich die Herausforderungen für die Kinder und ihre Familien seit Beginn der Corona-Pandemie verschärft haben und wie darauf reagiert werden sollte.

Wie wurde die Studie durchgeführt?

Die Kindernothilfe hat gemeinsam mit sechs Kinderrechtsorganisationen aus Bolivien, Guatemala, Indonesien, Kenia, den Philippinen und Sambia Erfahrungsberichte und Botschaften von Kindern und Jugendlichen zusammengetragen. Dabei wurden 25 Jungen, 21 Mädchen im Alter von sieben bis 17 Jahren befragt. Zusätzlich wurden Informationen von neun Bezugspersonen zusammengetragen.

Die Kinder müssen beispielsweise als Kleinhändler, Müllsammler, Straßensänger, Erntehelfer, Schneider oder Assistenten in Maurer- oder auch Bäckerbetrieben arbeiten.

Welche Auswirkungen hat die Corona-Krise?

Zwischen Mai und Juli gab es in Indonesien, auf den Philippinen und in Sambia teilweise einen Lockdown, während in Bolivien, Guatemala und Kenia strenge Lockdowns mit Ausgangssperren galten. Die Corona-Krise hat sich somit nicht nur auf ihr Einkommen, sondern auch auf die Bildung, Ernährung, Gesundheit und das Wohlbefinden der Kinder ausgewirkt.

Auswirkungen auf das Einkommen

Durch den Lockdown und die Einschränkungen wurden viele Kinder entweder arbeitslos oder hatten ein deutlich geringeres Einkommen, so die Studie weiter. Zusätzlich sind auch viele Eltern arbeitslos geworden oder haben weniger verdient. Die ärmsten Bevölkerungsschichten sind besonders betroffen, weil sie nicht von zu Hause aus arbeiten können.

Vor der Pandemie waren Arbeit und Einkommen der Kinder, Jugendlichen und Bezugspersonen stabiler. Es war einfacher für Kinder und Jugendliche, Arbeit zu finden; sie verdienten mehr, und ihre Einkünfte wurden oft verwendet, um Grundbedürfnisse abzudecken.

"Für mich hat COVID-19 alles schwieriger gemacht," erzählt ein elfjähriges Mädchen aus Sambia. "Das wenige Geld, das wir hatten, haben wir für Essen ausgegeben. Jetzt hängen wir von meinem Onkel in Lusaka ab, der ebenfalls damit kämpft, seine Grundbedürfnisse abzudecken."

Auswirkungen auf Bildung

Außerdem konnten die Kinder vor der Corona-Pandemie das Geld, das sie verdient hatten, in Bildung investieren, zum Beispiel in Schulgebühren oder Schulmaterial. Jetzt wird das Geld benötigt, um lebensnotwendige Kosten für die Familie zu decken. Hinzu kommt, dass während der Lockdowns vielerorts auch die Schulen geschlossen wurden.

Häufig fehlt ein Internetzugang, ein Computer oder Smartphone. Ein Zwölfjähriger aus Guatemala erklärt: "Wir machen unsere Hausaufgaben, aber wir bekommen keinen Unterricht, weil die Gemeinde keinen Computer hat. Wir lernen mit den ausgedruckten Hausaufgaben, die wir vom Lehrer bekommen. Wir lernen nicht viel, weil wir diese Kopien ohne Erklärungen zu den Themen erhalten." Auch eine 14-Jährige aus Bolivien berichtet, dass sie kaum noch lerne.

Auswirkungen auf Ernährung und Gesundheit

Durch das geringere Einkommen und den eingeschränkten Zugang zu Lebensmitteln haben viele arme Familien auf billigere und weniger nährstoffreiche Lebensmittel zurückgegriffen. Daraus resultieren vor allem bei kleinen Kindern und Schwangeren Mangelernährung und Gewichtsverlust.

"Wenn wir Arbeit haben, haben wir gutes Essen; aber wenn nicht, dann essen wir einfach alles, was wir kriegen können oder lassen im schlimmsten Fall Mahlzeiten aus", erzählt ein 16-Jähriger, der als Müllsammler auf den Philippinen arbeitet.

Nur einige wenige Heranwachsende essen seit Ausbruch der Pandemie besser als zuvor, weil sie die ganze Zeit zu Hause sind – sie haben sogar zugenommen. Viele haben jedoch ihre Ernährung auf pflanzliche Lebensmittel umgestellt und Einschränkungen beim Zugang zu Obst erlebt. Auch die Nahrungsmittelhilfe reicht oft nicht aus, um alle Familienmitglieder satt zu machen.

Die Angst, wegen Corona zu verhungern

Bei den Kindern und Jugendlichen hat die Pandemie viele Sorgen und Ängste ausgelöst. Haben sie sich vorher noch Gedanken gemacht, ob sie ausreichend verdienen oder Schule und Arbeit unter einen Hut bekommen, plagen die Kinder jetzt ernste Existenzsorgen und Unsicherheiten im Hinblick auf die Zukunft. "Ich habe Angst, Corona zu bekommen und zu verhungern, weil es kein Essen gibt", klagt beispielsweise ein 15-jähriges Mädchen aus Kenia.

Zu den Ängsten kommen Stress und Erschöpfung, weil sich viele Kinder jetzt um die Familie kümmern und mehr im Haushalt helfen müssen. In Kenia wird bereits ein Anstieg der Suizidrate bei arbeitenden Kindern und Jugendlichen gesehen. Auch, wenn viele Kinder jetzt mehr Zeit hätten, um sich auszuruhen, langweilen sie sich und sehen die Unterbrechung des Lebens als eine große Herausforderung. Der Kontakt zu Freunden und Verwandten und das Spielen draußen fehlen zusätzlich.

Einziger positiver Effekt: Durch die Corona-Krise könnte auch das Familienleben gestärkt werden, vermutet die Kindernothilfe in der Studie. So sagte beispielsweise ein 13-jähriges Mädchen aus Guatemala: "Wir kommunizieren jetzt mehr, weil meine Eltern mehr daheim sind." Auch ein Jugendlicher von den Philippinen meint: "Wenn es Probleme oder Geschichten gibt, über die wir sprechen wollen, dann teilen wir sie mit unserer Familie. Wir haben mehr Zeit, die Beziehung zu unserer Familie zu pflegen, dafür aber weniger Zeit mit unseren Freunden."

Wie könnte Deutschland helfen?

Die Kindernothilfe fordert, dass die deutsche Entwicklungspolitik Kinder im Corona-Hilfsprogramm besonders berücksichtigt. Es gehe vor allem um "schnelle Unterstützung durch konkrete Nothilfe wie sofortige Lebensmittelunterstützung und durch kleine Bargeldleistungen, um Überleben zu sichern und ärmste Menschen vor extremster Ausbeutung zu bewahren."

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Mittelfristig könne Deutschland auch helfen, indem funktionierende Kinderschutz- und soziale Sicherungssysteme aufgebaut werden. Dabei sei besonders wichtig, dass betroffene Kinder und Jugendliche an den Projekten teilnehmen, damit die Mittel auch bei den Bedürftigen ankommen.

Durch den Zugang zu Internet und Technik sollten zudem Bildungsmöglichkeiten geschaffen werden und ungleiche Lebensbedingungen ausgeglichen werden.

Verwendete Quellen
  • Kindernothilfe: Studie zu Corona-Auswirkungen
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