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Der Wolf zurück in Deutschland: Das sollten Sie wissen


Ruhe bewahren, nicht rennen
Allein mit dem Wolf

Uwe Kauss

15.12.2016Lesedauer: 4 Min.
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Wie gefährlich ist das in Märchen oft "großer, böser Wolf" genannte Wildtier wirklich?Vergrößern des Bildes
Wie gefährlich ist das in Märchen oft "großer, böser Wolf" genannte Wildtier wirklich? (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)

Der Wolf ist zurück: Der Jäger aus Mythen, Märchen und Sagen war über hundert Jahre aus Deutschland verschwunden – inzwischen streifen wieder sie wieder durch unsere Wälder.

Er ist wieder da. Der erste Wolf seit über 100 Jahren machte sich wahrscheinlich 1996 aus den Wäldern Polens auf den Weg nach Westen. Er schwamm durch die Neiße, wanderte ein paar Kilometer weiter – und blieb. Den ehemaligen Truppenübungsplatz Muskauer Heide im sächsischen Landkreis Bautzen markierte er als sein Territorium. 1998 wurde dort ein zweiter Wolf beobachtet. Die beiden wurden ein Paar. Im Jahr 2000 wurden erstmals vier Welpen in Freiheit geboren und in den folgenden Jahren kamen einige weitere zur Welt. Aktuell haben die Biologen in ganz Deutschland 46 Rudel mit jeweils mehreren Tieren gezählt, dazu kommen weitere Paare und Einzeltiere.

In welchen Bundesländern es Wölfe gibt

"Sie leben vor allem in Sachsen, Brandenburg und Niedersachsen", erzählt die Biologin Vanessa Ludwig, Projektleiterin des Kontaktbüros "Wolfsregion Lausitz" in Rietschen, Sachsen. "Bei uns gibt es immer wieder mal Begegnungen zwischen Menschen und Wölfen", sagt sie. Doch auch in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern haben Jäger, Förster und Wanderer die leisen Jäger inzwischen zu sehen bekommen. Seit der Wiedervereinigung stehen die bis zu 50 Kilogramm schweren Tiere in ganz Deutschland streng unter Naturschutz.

"Bei Erkundungen und Abwanderungen legen Wölfe problemlos Distanzen zwischen 30 und 70 Kilometern pro Nacht zurück", erzählt Ludwig. Begegnen sie dabei Menschen, ist die Unruhe sofort groß: Die Medien berichten aufgeregt, Angst breitet sich unter den Bewohnern der Umgebung aus.

Wann die Wahrscheinlichkeit am größten ist

Denn der Wolf ist ein Prädator. Er reißt vor allem alte, schwache und junge Rehe, Hirsche, Wildschweine, aber auch Ziegen und Schafe. Vor allem in der Dämmerung und nachts sind Wölfe unterwegs, denn nun ist ihre Chance am größten, Beute zu machen. Ihr Geruchssinn und Gehör sind extrem fein und präzise, ebenso ihr Sehvermögen. Den Geruch von Beute oder von Artgenossen können sie über eine Strecke von zwei Kilometern lokalisieren. Tagsüber zieht der Wolf sich in ein sicheres Versteck zurück. Er schläft, döst, erzieht den Nachwuchs und putzt sein Fell.

Die seltene Begegnung mit Wanderern werde daher am ehesten in der Dämmerung oder in der Dunkelheit stattfinden, erklärt Ludwig. Meist erblickt er den Menschen, erschreckt und verschwindet mit einem Satz von der Bildfläche. Denn das Fell der Wölfe ist den Farben des Waldes extrem gut angepasst. Ihre Tarnung ist nahezu perfekt. Das helle Silber wie in vielen Buchillustrationen ist in Europa nur äußerst selten zu finden.

Bloß nicht losrennen!

"Unter bestimmten Umständen kann man einem Wolf auch auf kleinerer Distanz begegnen", weiß Biologin Ludwig. Etwa, wenn der Wanderer ihm gegen die Windrichtung entgegen kommt. Der Gegenwind hindert die Wolfsnase, ihn zu erkennen. Auch hat ein Wolf keine Chance, Menschen im Auto bei geschlossenen Scheiben zu identifizieren. Wer das seltene Glück hat, vor einem der so seltenen Wölfe zu stehen, braucht sich, so Ludwig, aber keine Sorgen zu machen. Ruhig bleiben - das sei die erste Regel. "Wer nun panisch losrennt, könnte beim Wolf einen Beutereflex auslösen. Den haben übrigens auch Hunde. Wer flieht, verhält sich wie Beute." Keine gute Idee. Also stehen bleiben, gegebenenfalls den Hund zurückrufen und anleinen.

Der Umgang mit neugierigen Jungwölfen

Sucht der Wolf nicht binnen Sekunden das Weite, könnte es ein neugieriger Jungwolf sein. "Wenn er nicht verschwindet: Einfach in die Hände klatschen und laut schreien, um auf sich aufmerksam zu machen", empfiehlt sie, "dabei langsam zwei, drei Schritte in seine Richtung gehen." Doch das sei nur äußerst selten nötig. Ihre Erfahrung ist eine andere: "Es genügt das leiseste Geräusch, und der Wolf ist weg. Der Druckknopf an der Kamerahülle, eine Bewegung am Reißverschluss – das genügt normalerweise, und er haut ab. Fotos sind in freier Wildbahn daher fast unmöglich zu machen."

Stolpern Querfeldein-Wanderer zufällig über einen Wolf am "Riss", also beim Fressen eines Beutetiers, sei Distanz die beste Vorsicht: "Wenn er die Gefahr vermutet, der Mensch wolle seinen Riss erbeuten, könnte er angreifen." Auch hier gilt: Ruhig bleiben und hundert Meter Umweg gehen, dann geschieht nichts.

Problemfall "Kurti"

Schwierig wird’s nur, wenn sich Wölfe an Menschen gewöhnen – etwa, wenn sie angefüttert werden. Der "Kurti" genannte Wolf in Niedersachsen etwa, der im Mai dieses Jahres ein gewaltiges Medienecho erzeugte, lief Menschen gerne hinterher – und erzeugte damit Panik. "Er muss positive Erfahrungen gemacht haben, er hatte Interesse an ihnen. Vielleicht hat er früher Futter von Menschen erhalten. In freier Wildbahn ist so ein Verhalten jedenfalls nicht zu erklären", wertet Ludwig sein Verhalten. Für ihn ein tödlicher Irrtum: Kurti wurde aufgrund seines Verhaltens vorsorglich getötet.

Die Expertin zur Angst vor dem "großen, bösen Wolf": "Der Mensch hat niemals zu seiner Beute gehört – auch, wenn das in Märchen und Sagen immer berichtet wird. Wir sind für den Wolf auch keine Nahrungskonkurrenten. Sie meiden Menschen normalerweise mit sehr großer Distanz. Sie sind sehr, sehr vorsichtig." Die Biologin betont: "Seit über 50 Jahren ist in ganz Europa kein einziger Angriff auf Menschen gemeldet worden."

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