Pellworm - hier hat Hektik keine Chance
"Urlaub auf Pellworm? Da ist doch nichts los." Die Nordsee, klar, viel frische Luft auch, aber kein Sandstrand, keine flippige Promenade, kein aufregendes Nachtleben. Stattdessen 3500 Schafe und 1000 Kühe. "Das ist ja gerade das Schöne - die Ruhe, die Landschaft, das Meer, das Watt, die Schafe, das Grün", sagt Hilde Elsner aus Ronnenberg bei Hannover am Hafen Tammensiel. Die grüne, 37 Quadratkilometer große Insel im nordfriesischen Wattenmeer steht im Schatten der Schwestern Sylt oder Amrum, auch weil Pellworm so anders ist. Wer einmal hier war, kommt oft wieder - oder nie. Schauen Sie sich Pellworm auch in unserer Foto-Show an.
Hilde Elsner kam mit Ehemann Gerhard von Nordstrand zu einem Tagesausflug rüber. Sie kennt die Insel bestens. 15 bis 20 Mal war sie in den Siebzigern und Achtzigern wohl da. Und der fehlende Sandstrand? "Dafür hat man keinen Sand in der Badehose", sagt Gerhard Elsner. Der Tourismus-Boom, der sich auf anderen Inseln in den 50-er und 60-er Jahren anbahnte, ging an Pellworm vorbei. Ihre landwirtschaftliche Prägung und der fehlende Sandstrand trugen wesentlich dazu bei. Auch gibt es erst seit 1965 eine Wasserversorgung vom Festland.
"Im Grunde sind wir ganz froh", sagt Bürgermeister Jürgen Feddersen zum Ausbleiben eines Touristenansturms. Die traditionsbewusste Insel behielt so ihren beschaulich-biederen Charakter. Er setzt auch auf den Trend zu luxuriösen Ferienwohnungen mit Sauna und anderen Extras. Die Vier- und Fünf-Sterne-Ferienwohnungen, die es schon gibt, sind bestens gebucht. Auch auf moderne Kommunikation muss der stressgeplagte Manager aus Hamburg auf Pellworm nicht verzichten, denn die Internetanbindung ist in Ordnung. Die Urlauber kommen vor allem aus Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Baden-Württemberg. Zunehmend tauchen Österreicher und Schweizer auf.
Eine Natur wie in Irland
Pellworm ist Schleswig-Holsteins Klein-Irland. Die Insel besteht zu zwei Dritteln aus Grasland. Fast überall Schafe, ganz windstill ist es selten. Im Süden liegt der einzige - grüne - Badestrand, auf der Wiese stehen ein paar Strandkörbe, dazwischen toben Kinder. In der Nähe, hinter dem Deich, betreibt ein Ex-Banker ein Hotel. Nicht weit weg davon steht der Postkarten-Leuchtturm in Rot-Weiß-Rot. Mehr als 300 Paare feiern jährlich Hochzeit auf Pellworm, die meisten auf dem Leuchtturm. Außer dem Tourismus ist die wirtschaftliche Basis recht schmal. Die Landwirtschaft dominiert mit Milchviehwirtschaft sowie dem Anbau von Weizen, Raps und - für die Biogasanlage - Mais.
So wurde Pellworm zur Insel
Erst durch schwere Sturmfluten war Pellworm übrigens überhaupt eine Insel geworden. Als 1095 die Alte Kirche gebaut wurde, gehörte es noch zum Festland. Neben der uralten Kirche soll ein kleines Hotel mit Wellnessangebot entstehen. Die bejahrte Bundeskegelbahn mit dem Charme der 50er-Jahre hat ausgedient. Doch bei allen vorsichtigen Veränderungen, die Pellworm erleben wird - ein unlösbares Problem beschreibt Christoph Petersen, der 45 Jahre lang das Gasthaus "Hooger Fähre" betrieben hat und bedeutungsvoll mit Blick ins Weite sagt: "Der Winter ist zu lang".