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Tesla plant neue Produktionstechnik – wird das E-Auto so zur Massenware?


Alle 45 Sekunden ein Auto
Eine Revolution? Tesla führt neue Produktionsmethode ein

reuters, Victoria Waldersee, Paul Lienert, Norihiko Shirouzu

15.05.2023Lesedauer: 3 Min.
Tesla-Produktion in der Gigafactory Grünheide: Tesla hat im vergangenen Quartal einen Rekord bei seinen Auslieferungen aufgestellt.Vergrößern des BildesTesla-Produktion in der Gigafactory Grünheide: Die Art der Produktion könnte sich maßgeblich ändern. (Quelle: Patrick Pleul/dpa-bilder)
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Schafft Tesla bald die Fließbandfertigung ab? Mit einer neuen Produktionsmethode will der E-Auto-Bauer Zeit und vor allem Kosten sparen.

Tesla gilt als Wegbereiter für die kommerzielle Nutzung von elektrisch betriebenen Fahrzeugen fernab der Automessen. Der von Elon Musk geführte Konzern könnte sich darin als Innovator verewigen – aber nicht nur in Sachen Reichweite oder Design, sondern auch als Erfinder einer neuartigen Produktionstechnik.

So wie einst Henry Ford: Vor hundert Jahren führte der US-Ingenieur und Firmengründer das Fließband in der Autoproduktion ein. Er hatte sich die Methode des Aufteilens in einzelne, am Förderband laufende Arbeitsschritte von einem Schlachthof in Chicago abgeschaut. Mit Ford wurde das Auto zum Massenprodukt. Tesla dagegen setzt heute auf groß- statt kleinteilige Fertigung. "Das Konzept besteht darin, die traditionelle Fließbandfertigung, wie wir sie seit Ford kennen, abzuschaffen", sagt Ignazio Dentici vom Ingenieur-Dienstleister Hexagon.

Baukastensystem, um Kosten zu halbieren

Die Anfang März vorgestellte Methode bezeichnete Tesla-Chefingenieur Lars Moravy als "unboxed", also "ausgepackt". Er beschrieb die künftige Fertigung als ein Baukastensystem, bei dem Modulgruppen zusammengesteckt werden – vergleichbar etwa mit einem Lego-Auto. Dadurch würde viel Zeit gespart: Alle 45 Sekunden soll ein Auto vom Band rollen. Tesla will so die Produktionskosten halbieren, um das utopisch wirkende Absatzziel von 20 Millionen Autos im Jahr bis 2030 zu erreichen. Das wären mehr als zehnmal so viele wie dieses Jahr geplant und etwa so viele Autos wie die beiden heutigen Marktführer Toyota und Volkswagen zusammen absetzen.

Das Besondere am neuen Tesla-System: Designer, IT- und Automatisierungsexperten werden an einen Tisch geholt, um Modulgruppen zu entwerfen. Dadurch sollen Software und Hardware aus einem Guss entstehen und spätere Nachbesserungen in der Produktion überflüssig werden. Die verschiedenen Komponenten werden nicht wie bisher üblich am Fließband montiert, sondern erst zum Schluss zusammengesteckt.

Während in der Montage am Fließband heute ein Fahrzeug Teil für Teil zusammengebaut wird, verkürzt Tesla dies dadurch, dass bereits fertige Module passfertig zusammengefügt werden. Handgriffe wie der Einbau eines Armaturenbretts fallen weg, da dieses Element bereits Teil des vorgefertigten Vorderbaus ist.

Revolution oder Evolution?

Ob Tesla mit dieser Methode den Autobau neu erfindet, darüber gehen die Meinungen auseinander. Der Unternehmensforscher Jan-Philipp Büchler von der Fachhochschule Dortmund hält Teslas neues Verfahren für geradezu revolutionär: "Das ist viel mehr als eine modulare Produktion." Es gehe darum, Standardschritte zu eliminieren, neue Arbeitsmuster zu schaffen, um mehr Tempo und weniger Komplexität. "So kann ich den Automatisierungsgrad deutlich erhöhen."

Tesla tüftelt noch an Elementen des Systems wie das Verwenden großer vorderer und hinterer Unterbaugruppen, die auf einen durchgängig gegossenen Unterboden kommen und dann mit einem Batteriepaket verbunden werden. Karosserieteile werden separat lackiert und am Ende zusammengefügt. Produktionsexperten erwarten, dass dabei Arbeitsschritte wie Stanzen, Schweißen und Lackieren kleinerer Karosserieteile wegfallen. Separate Fabrikhallen dafür wie eine Lackiererei werden überflüssig – Tesla-Fabriken sollen 40 Prozent weniger Fläche brauchen.

Massenware statt hochwertiger Luxusprodukte?

Ein modulares Montagesystem sei in den vergangenen Jahren bei Mercedes, Porsche oder BMW eingeführt worden, erklärt Thomas Bauernhansl, Produktionsexperte vom Fraunhofer Institut. Der Trend gehe dahin, einen Teil des Montageprozesses vom Band zu nehmen und ihn später wieder zu integrieren. Auch Volkswagen, Erfinder eines Baukastensystems mit vielen Gleichteilen, denke darüber nach.

Die Standardisierung der Produktion bei der Tesla-Methode werde allerdings zu Standardautos führen. Im Unterschied dazu gehören individuelle Ausstattungen zum Geschäftsmodell deutscher Premiumhersteller. Die Tesla-Methode sei daher für hochwertige Luxusprodukte nicht geeignet, sagt Bauernhansl. Das führe zu Qualitätseinbußen, die der Luxuskunde nicht hinnehme.

Manche betrachten "Unboxed" nur als Weiterentwicklung des modularen Fertigungssystems, das die Autobauer in den 1990er Jahren einführten, um die Komplexität der wachsenden Elektronik im Auto in den Griff zu bekommen. Die Antwort darauf war damals das Toyota-Produktionssystem, das sich durch sparsamen Teileeinsatz mit geringer Lagerhaltung auszeichnet.

"Sie werden am Anfang eine Menge Probleme haben"

Der frühere Toyota-Manager und heutige Berater Hide Oba sieht als Risiko der Tesla-Methode ihre Starrheit. Der Tesla-Prozess "wird nicht funktionieren, wenn die Produktion dieser großen, vollgepackten Fahrzeugmodule nicht vollständig synchron ist und die fertigen Blöcke nicht pünktlich zum endgültigen Zusammenbau eintreffen."

Der Praxistest steht Ende 2024 an, wenn das neue Tesla-Werk in Mexiko an den Start geht, das eine neue Modell-Generation zum Preis von weniger als 30.000 Dollar produzieren soll. Ob der Zeitplan eingehalten wird, bleibt abzuwarten – hat Tesla in der Vergangenheit doch schon einige angepeilte Termine nicht einhalten können. "Sie werden am Anfang eine Menge Probleme haben", sagt Bauernhansl. "Aber ich glaube, sie schaffen das."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur rtr
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