Andere Hersteller sind weiter Tesla will nach Todesfällen Türmechanismus ändern
Die elektrischen Türöffner bei Tesla sorgen schon seit Jahren für Kritik. Nach Unfällen und Problemen mit der Stromversorgung plant das Unternehmen, die Technik anzupassen.
Tesla will das Türsystem seiner Fahrzeuge überarbeiten. Grund ist die anhaltende Kritik an den versenkbaren Griffen und elektrisch gesteuerten Türöffnern, die sich bei Stromausfall nur schwer oder gar nicht bedienen lassen. Erst kürzlich konnte ein Ersthelfer die Türen eines verunglückten Tesla nicht öffnen, ein Mann und zwei Kinder starben.
"Das ist etwas, woran wir arbeiten", sagte Teslas Chefdesigner Franz von Holzhausen in einem Interview mit dem Finanzdienst Bloomberg. Ziel sei es, mechanische und elektronische Öffnungssysteme in einem intuitiv nutzbaren Bedienelement zu kombinieren.
Immer wieder ereigneten sich Unfälle, bei denen Rettungskräfte Probleme hatten, Insassen aus den Fahrzeugen zu befreien. Die US-Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA untersucht derzeit Vorfälle beim Model Y aus dem Jahr 2021. In mehreren Fällen konnten Eltern nach dem Parken die hinteren Türen nicht mehr öffnen – viermal wurden Scheiben eingeschlagen, um Kinder zu befreien. Die Ursache war offenbar ein Stromausfall im Niedervolt-Bordnetz, das auch Fenster, Schlösser und Touchscreen versorgt.
Schick, aber auch sicher?
Versenkbare Türgriffe stehen für ein modernes Autodesign: elegant, reduziert, technisch aufgeräumt. Bei Tesla gehören sie seit Jahren zum Markenbild. Modelle wie das Model S, 3, X und Y verzichten weitgehend auf herkömmliche Griffe. Außen lassen sich die Türen per elektrisch gesteuertem "Pop-out-Mechanismus" öffnen – innen über einen Knopf, der einen elektronischen Öffner auslöst.
Notentriegelung: Nicht immer leicht zu finden
Zwar verfügen alle Tesla-Modelle über eine Notentriegelung, falls die Elektrik streikt – doch wo genau sie sich befindet, ist nicht einheitlich geregelt. Beim Model S muss eine Teppichkante unter dem Rücksitz gelöst werden, um an ein Zugseil zu gelangen. Beim Model 3 versteckt sich der Mechanismus unterhalb der Türverkleidung. Bei neueren Modellen wurde die Ergonomie verbessert – vollständig selbsterklärend sind die Notlösungen aber nicht. In Stresssituationen oder für Ersthelfer von außen sind sie praktisch unzugänglich.
Auch andere Hersteller setzen auf elektrische Systeme, kombinieren diese aber teils mit mechanischen Alternativen. Mercedes etwa verwendet beim EQS versenkbare Griffe, die auf Knopfdruck oder bei Annäherung ausfahren – allerdings mit manuellem Überbrückungsmechanismus. BMW kombiniert beim iX eine mechanische Notöffnung mit kapazitiven Sensorgriffen. Der Aufwand für solche Doppellösungen ist hoch – entsprechend teuer sind Reparaturen, wenn etwas ausfällt.
Aus China kommt Gegenwind
China, der größte Markt für Elektrofahrzeuge weltweit, könnte zum Treiber einer grundlegenden Änderung werden. Denn dort arbeiten Zulassungsbehörden laut "Mingjing Pro" an einem neuen Standard, der vollversenkte, elektrisch betriebene Türgriffe ab Juli 2027 verbieten würde. Derzeit ist ein Entwurf in Arbeit, der noch im September finalisiert werden soll. Ziel ist es, mechanische Erreichbarkeit und Bedienbarkeit der Türen jederzeit sicherzustellen – auch nach Unfällen oder bei Systemausfall.
Einige Hersteller reagieren bereits. So verbaut Audi bei den neuen E-Modellen für den chinesischen Markt (Q6L e-tron, A5L) ein System, bei dem eine rote Zugschnur als mechanischer Öffner sichtbar wird, wenn der Strom unterbrochen wird. Der Griff ist damit auch von außen zugänglich – ein wichtiger Fortschritt für die Rettungskette.
Sicherheitsbewertung: uneinheitlich
Bei den europäischen Crashtests (Euro NCAP) gab es bislang keine negativen Bewertungen wegen versenkbarer Türgriffe. Die Tester prüfen dabei, ob Türen nach einem Aufprall automatisch entriegelt werden – was bei Tesla und anderen Herstellern der Fall ist. Ob sich die Türen dann aber auch tatsächlich öffnen lassen, wenn Strom fehlt, wird nicht systematisch getestet. Das hat der ADAC kritisiert – und fordert seit Anfang 2024 eine Überarbeitung der Prüfkriterien.
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Die Versicherungswirtschaft beobachtet das Thema ebenfalls mit wachsender Aufmerksamkeit. Denn neben dem Sicherheitsaspekt spielt auch die Wirtschaftlichkeit eine Rolle: Elektrische Türgriffe gelten als reparaturanfällig. Laut Zahlen chinesischer Werkstätten entfällt bei manchen Herstellern ein erheblicher Teil der Gewährleistungsreparaturen auf defekte Öffner – die Ausfallrate sei achtmal höher als bei mechanischen Systemen.
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
- Archivmaterial
- auto-motor-und-sport.de: "Versenkte Türgriffe: Deshalb will China sie verbieten"




