Mit dem Segen der Kirche Russland lädt Europas Rechte ein – darunter einen Bismarck

Wladimir Putin knüpft Kontakte zu Rechtsaußen in Europa. Nun trafen sich rechtsextreme Kräfte in Sankt Petersburg. Unter den Gästen war auch ein Bismarck-Spross.
Das Treffen begann mit einer heiligen Messe und einem Grußwort des Patriarchen Kyrill, dem Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche. Es folgte eine Gedenkminute für den in den USA ermordeten Polit-Influencer Charlie Kirk, der neuen Ikone der Rechten. Nicht allein in den USA.
Im russischen Sankt Petersburg versammelten sich nach Informationen der Nachrichtenplattform "Meduza" Mitte September die Vertreter mehrerer rechtsextremer Organisationen aus Europa, darunter auch Alexander von Bismarck aus Deutschland, ein Nachfahre des deutschen Reichsgründers Otto von Bismarck.
Seit Jahren dehnt das Regime des russischen Staatschefs Wladimir Putin seinen Einfluss auf rechtsextreme Parteien und Gruppierungen in Europa. Eine Studie des Anti-Terrorzentrums (ICCT) in Den Haag kommt zu dem Schluss: "Der Impuls hinter dieser Bereitschaft liegt jedoch in den inhärenten Anti-Establishment-, Anti-Mainstream- und Anti-West-Werten verschiedener rechtsextremer Akteure."
Putin träumt von einem euro-asiatischen Raum. Nicht nur strategisch. Und so sind auch die Gastredner beim Sankt Petersburger Forum ein Signal. Zugeschaltet per Video waren Putins Hof-Ideologe Alexander Dugin, der französische Neu-Rechte Alain de Benoist und der Schweizer Verschwörungs-Mystiker Alain Soral.
Markante Gastredner
Wofür diese Redner stehen, zeigt die Berliner Stiftung "Zentrum Liberale Moderne" des früheren Grünen-Politikers Ralf Fücks. Diese startete schon 2018 mit einem engagierten Team als Aufklärungsprojekt "Gegneranalyse – Antiliberales Denken von Weimar bis heute".
Über Alexander Dugin ist dort zu lesen: "Dugins schrittweises Vordringen in den russischen Mainstream fiel mit dem Aufstieg Wladimir Putins und dessen Ambitionen zur Restauration der russischen Machtsphäre zusammen, die im postsowjetischen Raum ursprünglich ebenfalls unter 'eurasischer' Flagge segelten."
Zu den Vorstellungen des französischen Neu-Rechten de Benoist hält das Projekt fest: "Benoist ist Verfechter einer von ihm als 'Ethnopluralismus' bezeichneten Trennung von Rassen und Kulturen. Danach findet der Mensch nur auf dem ihm angestammten Territorium und in Einklang mit der ihm eingeschriebenen Kultur zu einem sinnerfüllten Leben."
In dieser Gedankenwelt und mit Patriarch Kirills kirchlichem Segen versammelten sich in Sankt Petersburg Vertreter rechtsextremer Parteien und Gruppierungen wie:
- Falange Española de las JONS: Die neonazistische Vereinigung aus Spanien zeigt weiter den Hitlergruß und ehrt die Blaue Division – eine Freiwilligen-Truppe des Franco-Regime, die im Zweiten Weltkrieg unter anderem an der Belagerung von Leningrad beteiligt war, das nun unter dem neuen Namen Sankt Petersburg Gastort des Rechten-Treffens ist.
- III. Weg: Die neonazistische Kleinpartei aus Deutschland ist bei Wahlen nicht erfolgreich. Aufsehen erregt sie mit sogenannten bürgerwehrähnlichen Streifengängen, über die der Verfassungsschutz Baden-Württemberg notiert: "Ziel solcher Aktionen ist es zum einen, Ängste vor Zuwanderern zu schüren. Zum anderen sollen sie die zuständigen Behörden als machtlos gegenüber Straftaten von Migranten darstellen und letztlich den Staat in ein schlechtes Licht rücken."
- Les Nationalistes: Eine Neonazi-Gruppe aus Frankreich, zu deren Gründern 1983 auch ehemalige SS-Angehörige gehörten.
Auch Rechtsextreme aus den Niederlanden und Belgien waren angereist. Die Rechercheplattform "Follow the money" – Spur der Scheine – hatte erst in der Vorwoche enthüllt, dass russische Stellen Reisen hochrangiger Vertreter der rechtsextremen niederländischen Partei "Forum voor Democratie" (FvD) nach Russland sponsert.
Rechter Bismarck-Spross
Unter den Gästen wurde laut "Meduza" auch Alexander von Bismarck geführt. Der entfernte Verwandte des ersten deutschen Reichskanzlers Otto von Bismarck (1815-1898). Der ältere Bismarck verfolgte im 19. Jahrhundert das außenpolitische Ideal der Äquidistanz – des diplomatischen gleichen Abstands zu Moskau und London. Die Idee findet im 21. Jahrhundert auch bei AfD-Politikern wie Alexander Gauland Anklang.
Der Bismarck-Nachfahre sucht hingegen eher die Nähe zu Russland. Alexander von Bismarck soll laut Recherchen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) in prorussische Propaganda verwickelt sein. Der Unternehmer betreibt demnach die Webseite "Berlin 24/7", auf der regelmäßig Inhalte veröffentlicht werden, die prorussische Narrative unterstützen.
Putins Interesse an der internationalen Rechten ist klar: Die liberalen Demokratien des Westens zu schwächen, etwa über Zuwendungen durch das rechte Netzwerk "Voice of Europe" an rechte Parteien. Das Europäische Parlament verabschiedete im vergangenen Jahr eine Resolution und zeigte sich "zutiefst besorgt über die anhaltenden Bemühungen Russlands, die Demokratie in der EU zu zersetzen“.
Im Protokoll ist vermerkt: Die Rechtsaußenfraktionen im Plenum stimmten dagegen.
- meduza.io: ‘We are not subject to Russophobia’ (Englisch)
- icct.org: Russia and the Far-Right (Englisch)
- libmod.de: "Gegneranalyse – Antiliberales Denken von Weimar bis heute"
- verfassungsschutz-bw.de: Der III. Weg
- ftm.de: Europe’s public bank rocked by conflicts of interest and favouritism yet again (Englisch)




