Angesichts des Flüchtlingsansturms verliert Kroatien an den eigenen Grenzen zunehmend die Kontrolle. Innenminister Ranko Ostojic drohte nun, die Übergänge zu Serbien zu schließen, sollten noch einmal binnen eines Tages so viele Flüchtlinge ins Land strömen wie am Donnerstag. Der zuvor noch so selbstsicher auftretende Regierungschef Zoran Milanovic machte derweil Griechenland mit scharfen Worten für die Flüchtlingskrise verantwortlich.
Flüchtlings-Katastrophe
Kroatischer Innenminister Ranko Ostojic schlägt Alarm
Kroatische Regierung hatte zuvor erklärt, Tausende, aber nicht Zehntausende Flüchtlinge bewältigen zu können. Video
"Ist das eine Art Rache Griechenlands an Deutschland und Europa?", sagte Milanovic laut übereinstimmenden Berichten mehrerer Medien in Zagreb.
"Türkei ist doch ein sicheres Drittland"
"Griechenland erlaubt, dass tausende Menschen, deren Leben nicht bedroht ist, auf Booten auf ihre nahe gelegenen Inseln kommen", erklärte er und fügte hinzu: "Die Türkei ist doch ein sicheres Drittland."
Es bestehe offensichtlich ein stillschweigendes Übereinkommen, dass die Flüchtlinge ungehindert in den Schengenraum reisen könnten, sagte Milanovic weiter.
Straßen zu mehreren Grenzübergängen gesperrt
Nachdem Ungarn die sogenannte Balkanroute in der Nacht auf Dienstag faktisch geschlossen hatte, ist Kroatien das Ziel der Flüchtlinge auf dem Weg nach Westeuropa. Am Donnerstag kamen knapp 9000. Ein Ansturm, mit dem das EU-Land kaum noch fertig wird. Am Abend sperrte Kroatien Straßen zu insgesamt sieben Grenzübergängen nach Serbien. "Die Maßnahme gilt bis auf weiteres", erklärte die Polizei.
"Es gibt Grenzen unserer Kapazität", sagte Milanovic nachdem am Nachmittag vor allem in Tovarnik die Lage eskaliert war und Flüchtlinge eine Polizeisperre durchbrochen hatten. "Bis zu einem gewissen Grad geraten die Dinge außer Kontrolle, weil die Menschen illegal unsere Grenze überqueren", schlug Staatspräsidentin Kolinda Grabar-Kitarovic in Zagreb Alarm. Nach einem Bericht der Zeitung "Jutarnji list" sollte sich die Armee für einen Einsatz an der Grenze bereit machen.
"Wir können keine weiteren Flüchtlinge aufnehmen", sagte auch Innenminister Ostojic. Es sei nur noch ein Transit zu den Registrierungszentren rund um Zagreb möglich. Wer kein Asyl suche, werde als illegaler Einwanderer betrachtet, sagte Ostojic.
Slowenien stoppt Zug mit Flüchtlingen
Zuvor hatten die Kroaten noch von einem Korridor über Slowenien in Richtung Österreich für die Flüchtlinge gesprochen. Die Slowenen schlossen eine Passage für Flüchtlinge allerdings schon am Mittwoch aus. Das Land liegt auf der Route nach Österreich und Deutschland, dem Ziel der meisten Flüchtlinge. Am Abend stoppte die slowenische Polizei einen Zug aus Kroatien mit etwa 200 Flüchtlingen an Bord am Grenzbahnhof Dobova.
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