Der Brüsseler Sondergipfel trägt Früchte: Die EU und die Türkei haben einen Aktionsplan beschlossen, um den Zustrom von Flüchtlingen nach Europa einzudämmen. Zudem erhalte die Türkei 3 Milliarden Euro. Das sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Abschluss des Treffens.
Merkel betonte, das Geld diene ausschließlich zur Flüchtlingshilfe, also zur Gesundheitsversorgung oder für Schulen.
EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker sagte, zur Versorgung von Flüchtlingen im Land sollten der Türkei die Finanzhilfen der EU zur Verfügung gestellt werden. Es werde keine Lösung der Flüchtlingskrise geben ohne eine Zusammenarbeit mit der Türkei.
Wie EU-Ratspräsident Donald Tusk ergänzte, soll das Geld der Türkei dabei helfen, vor allen Dingen syrische Flüchtlinge im eigenen Land aufzunehmen und zu versorgen.
"Legitime EU-Finanzhilfen"
"Es ist legitim, dass der Türkei von Europa geholfen wird, Flüchtlinge aufzunehmen", sagte der französische Staatspräsident François Hollande zu den EU-Finanzhilfen. Die Türkei müsse aber noch Bedingungen erfüllen, um die drei Milliarden in mehreren Etappen zu erhalten.
Wer von den 28 EU-Staaten wie viel der Zahlungen übernimmt, muss noch EU-intern geklärt werden. Die EU-Kommission schlug vor, 500 Millionen zu schultern. 2,5 Milliarden müssten also von den Mitgliedstaaten kommen. Deutschland wäre dann mit etwa einer halben Milliarde dabei.
Zur Umverteilung von Flüchtlingen aus der Türkei auf mehrere europäische Staaten gab es nach Merkels Worten keine Verabredung. Über das Thema sei im Kreise der Länder, die viele Flüchtlinge aufgenommen haben, geredet worden, so die Kanzlerin. Kontingente seien eine Möglichkeit. Darüber sei jedoch nicht abschließend beraten worden. Auch konkrete Zahlen seien nicht genannt worden.
Besserer Grenzschutz und Vorgehen gegen Schlepper
In dem Aktionsplan sichert die Türkei unter anderem zu, seine Küsten besser zu schützen und gegen Schlepperbanden und Menschenhändler vorzugehen. Dazu könnte auch die EU-Grenzagentur Frontex ihren Beitrag leisten.
"Das ist ein historischer Tag und ein historisches Treffen", sagte der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu nach dem Sondergipfel.
Merkel verteidigt Deal
Merkel hat die Annäherung an die Türkei. "Wenn man nicht miteinander redet, kann man auch die Kritik bestenfalls über die Medien äußern - aber das führt meistens noch zu keiner Problemlösung", sagte die Kanzlerin nach dem Gipfeltreffen.
"Wenn wir strategische Partner sind, müssen wir die Themen, zu denen wir Fragen oder auch Anmerkungen oder Kritik haben, natürlich auch miteinander offen aussprechen." Das Treffen in Brüssel, bei dem unter anderem über Pressefreiheit und Menschenrechte gesprochen worden sei, habe dafür die Möglichkeit auch für die Zukunft eröffnet.
Türkei gilt als Schlüsselland
Die Türkei gilt für die Europäer als Schlüsselland zur Bewältigung der Flüchtlingskrise. Der Nachbarstaat Syriens ist für Flüchtlinge das wichtigste Hauptdurchgangsland für Hundertausende auf dem Weg nach Europa. Seit 2011 fanden nach offiziellen Angaben aus Ankara allein 2,2 Millionen Menschen aus vom Bürgerkrieg geschundenen Syrien Schutz in dem Nato-Land.
Die EU möchte erreichen, dass die Menschen in der Türkei bleiben. So sollen Schulen für Flüchtlingskinder eingerichtet werden. Das kostet Geld, dass nun zur Verfügung gestellt wird. Und die Türkei kann weitere Forderungen stellen.
Was hat die Türkei von dem Deal?
Die EU will beispielsweise die Lockerung der Visumspflicht für die 78 Millionen Türken beschleunigen. Die Türkei will aber eigentlich mehr - nämlich eine feste Zusage, dass ihre Bürger frei einreisen können.
- Gipfel in Zeiten der Krise: Darum hofiert die EU die Türkei
Zudem sollen die Beitrittsverhandlungen wieder aufgenommen werden. Mehr als zehn Jahre verhandelt die EU mit der Türkei nun schon darüber. Groß vorangekommen ist man nicht, immer wieder wurde gar das Ende der Annäherung ausgerufen.