Mit ihrem Rücktritt haben vier Programmdirektoren des polnischen öffentlich-rechtlichen Fernsehens auf das neue, umstrittene Mediengesetz reagiert. Das berichtete die "Gazeta Wyborcza". Damit kamen sie vermutlich ihrer Entlassung zuvor.
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Nach dem Gesetz, das die nationalkonservative Warschauer Regierung am Donnerstag im Eilverfahren auch durch die zweite Kammer des polnischen Parlaments gebracht hatte, soll der Schatzminister und damit die Regierung über die Spitzenposten in den öffentlich-rechtlichen Medien entscheiden. Damit unterliegen diese der staatlichen Willkür. Mandate der bisherigen Aufsichtsräte und Vorstandsmitglieder des öffentlich-rechtlichen Fernsehens und Rundfunks verfallen.
Gegen das Gesetz, das noch die Unterschrift von Präsident Andrzej Duda benötigt, gab es bereits Proteste von Menschenrechtsgruppen und Journalistenverbänden.
Aus Protest hatte das erste Programm des staatlichen Radiosenders Jedynka am Freitag stündlich abwechselnd die polnische und die europäische Hymne gespielt. Dadurch wolle er die Aufmerksamkeit der Hörer auf die bedrohte Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt richten, teilte Chefredakteur Kamil Dabrowa mit.
"Fürchtet euch nicht"
Katarzyna Janowska, seit vier Jahren an der Spitze des Senders "TVP Kultura", gab ihren Rücktritt auf ihrer Facebookseite bekannt - mit einem Foto eines Theaterfoyers vor dem ein Banner mit der Aufschrift "Fürchtet Euch nicht" hängt.
Mit einem offenen Brief verabschiedete sich Tomasz Lis, einer der bekanntesten Journalisten Polens, von den Zuschauern des bisher bei TVP ausgestrahlten Programms "Tomasz Lis na zywo" (Tomasz Lis live), das nun eingestellt wird. "Niemand verschließt den Polen den Mund. Niemand verschließt mir den Mund", schrieb er und kündigte an, "an anderer Stelle" weiter auf Sendung zu gehen.
Zuvor hatte die erst seit kurzem amtierende nationalkonservative Regierung bereits die Rechte des Verfassungsgerichts stark eingeschränkt.