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Die wichtigsten Fragen: Das bedeutet die Agrar-Kompromiss der EU-Staaten


Was der Agrar-Kompromiss für deutsche Bauern bedeutet

Von dpa
Aktualisiert am 21.10.2020Lesedauer: 4 Min.
Ein Landwirt fährt mit einem Traktor über ein noch grünes Getreidefeld: Die EU-Staaten haben sich auf eine Reform der milliardenschweren Agrarpolitik verständigt.Vergrößern des BildesEin Landwirt fährt mit einem Traktor über ein noch grünes Getreidefeld: Die EU-Staaten haben sich auf eine Reform der milliardenschweren Agrarpolitik verständigt. (Quelle: Frank Rumpenhorst/dpa/dpa-bilder)
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Jahr für Jahr fließen Dutzende Milliarden Euro als Subventionen an Europas Landwirte. Künftig sollen Bauern dafür mehr Klima- und Umweltvorgaben erfüllen. Ein Überblick.

Keine Revolution, aber ein Systemwechsel – so sieht Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner den Kompromiss der EU-Staaten auf eine Reform der Agrarpolitik. Der "Status quo" werde aufgegeben, sagte die CDU-Politikerin. Zuvor hatte sie zwei Tage lang mit ihren EU-Kollegen in Luxemburg verhandelt, ehe am Mittwochmorgen eine Einigung auf eine Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) für die kommenden Jahre stand.

Fast zeitgleich legte das Europaparlament Eckpunkte seiner Position fest. Alle versprechen mehr Umweltschutz – doch Umweltschützer sind entsetzt. Fragen und Antworten im Überblick.

Was ist die GAP überhaupt?

Die gemeinsame EU-Landwirtschaftspolitik wurde 1962 ins Leben gerufen, um vor allem zwei Ziele zu erfüllen: Sie sollte zum einen sicherstellen, dass Bauern ein angemessenes Einkommen haben. Und zum anderen sollte sie eine sichere Nahrungsmittelversorgung in Europa gewährleisten. Im Laufe der Jahre kamen nach und nach Klima- und Umweltvorgaben hinzu.

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Derzeit fließen jedes Jahr etwa 58 Milliarden Euro an Fördergeldern – rund 40 Prozent des EU-Budgets – in den Sektor. Ein Großteil des Geldes geht bislang in der sogenannten ersten Säule als Direktzahlungen an die Bauern. Die Summe richtet sich vor allem nach der Größe der bewirtschafteten Fläche. Insbesondere diese Praxis steht heftig in der Kritik, weil sie großen Betrieben viel Geld beschert - unabhängig davon, ob sie umweltfreundlich arbeiten. Ein kleinerer Teil des Geldes geht in der zweiten Säule unter anderem in die Entwicklung des ländlichen Raums.

Warum ist die GAP-Reform so wichtig?

Die Gemeinsame Agrarpolitik ist der mit Abstand größte Posten im EU-Haushalt. Viele Landwirte sind von den Direktzahlungen aus Brüssel abhängig, fürchten aber zugleich zu hohe Umweltauflagen. Mitte 2018 hat die EU-Kommission die Reform für 2021 bis 2027 vorgeschlagen. Umweltschützer sahen die Chance, eine ökologische Wende mit deutlich mehr Klima- und Umweltschutz einzuleiten. Für 2021 und 2022 gilt bereits eine Übergangsphase, in der sich im Grunde nichts ändert.

Was sind die Streitthemen?

Besonders umstritten in den Verhandlungen im Rat und im Parlament war, wie viel Umwelt-, Klima- und Tierschutz nötig ist - und wie viel machbar. Die Landwirtschaft trägt erheblich zum Ausstoß von Treibhausgasen in der EU bei, die bis 2050 klimaneutral werden möchte. Einem neuen Bericht der EU-Umweltagentur EEA zufolge werden Lebensräume und das Überleben Tausender Tierarten unter anderem durch eine nicht nachhaltige Land- und Forstwirtschaft bedroht. Die biologische Vielfalt in Europa gehe weiter stark zurück.

Wie sehen die Kompromisse aus?

Die endgültige Reform ist noch nicht absehbar. Sie wird davon abhängen, wie die anstehenden Verhandlungen zwischen EU-Staaten und Parlament verlaufen. Eine Neuerung sollen jedoch sogenannte Öko-Regelungen sein. Das sind Umweltmaßnahmen – etwa für den Artenschutz –, die über die Pflicht-Anforderungen für Bauern hinausgehen. Erfüllt ein Landwirt sie, bekommt er zusätzliches Geld.

Die Einigung der EU-Staaten sieht nun vor, dass mindestens 20 Prozent der Direktzahlungen nur an jene Landwirte gehen sollen, die solch zusätzliche Öko-Leistungen erbringen. Viele Länder hatten sich allerdings Ausnahmen oder geringere Ambitionen gewünscht. Deshalb soll es eine zweijährige Übergangsphase geben. Sie soll sicherstellen, dass Geld, das den EU-Staaten zusteht, nicht verfällt, falls das für die Öko-Regelungen vorgesehene Budget nicht ausgeschöpft wird. Das EU-Parlament hat sich auf einen Anteil an Eco-Schemes von 30 Prozent verständigt – ohne Übergangsphase.

Agrarministerin Klöckner betonte am Mittwoch, dass es keine Direktzahlungen mehr geben werde, die nicht an Umweltbedingungen geknüpft seien. Auch sollen die EU-Staaten entscheiden können, die Flächenzahlungen für große Betriebe ab 100.000 Euro zu kappen oder ab 60.000 Euro zu reduzieren. Eine verpflichtende Kappung – wie von der EU-Kommission vorgeschlagen – ist nicht vorgesehen. Um kleine Betriebe mit Blick auf die Umwelt-Vorgaben zu unterstützen, soll der bürokratische Aufwand für sie geringer sein.

Neu soll außerdem sein, dass alle EU-Staaten Strategiepläne erstellen müssen, die von der EU-Kommission genehmigt werden müssten. Darin sollen sie darstellen, wie sie eine Reihe vorgegebener Ziele erreichen wollen - etwa die Erhaltung der Natur, den Klimaschutz und die Sicherung der Lebensmittelqualität. Somit sollen die EU-Staaten flexibler werden, wie sie die Vorgaben erfüllen.

Was bedeutet das für Deutschland?

Das ist schwer abzusehen. Klöckner verwies am Mittwoch darauf, dass zunächst noch die Verhandlungen mit dem Europaparlament anstünden. Anschließend müsse der deutsche Strategieplan ausgearbeitet werden. Deutschland erhält Klöckners Angaben zufolge künftig fast genau so viel Geld aus dem Agrarbudget wie bisher. Ihr Ministerium geht von einem leichten Rückgang um 0,7 Prozent auf 44 Milliarden Euro aus.

Wie fallen die Reaktionen aus?

Umwelt- und Naturschützer reagierten entsetzt. "Die EU-Politik zeigt, dass sie nicht bereit ist, den radikalen Klimaschutz voranzutreiben, mit dem sie sich in der Öffentlichkeit feiert", sagte etwa Tilman von Samson von Fridays for Future. Auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) brachte ihr Missfallen über die Verhandlungen ihrer Kabinettskollegin zum Ausdruck. "Die dringend notwendige Ausrichtung der Agrarförderung an Umwelt-, Naturschutz und Tierschutzstandards" müsse nun auf nationaler Ebene stattfinden.

Der Deutsche Bauernverband bewertete die Ergebnisse hingegen als "notwendigen und letztendlich auch tragbaren europäischen Kompromiss". "Der Weg zu einer grüneren Agrarpolitik geht weiter und bringt für die Landwirte neue Herausforderungen, denen wir uns stellen", sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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