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Russische Großunternehmen schicken Mitarbeiter in Kurzarbeit


Immer mehr Kurzarbeit
Putin unter Druck: Fabriken im Notbetrieb

Von t-online, wan

Aktualisiert am 11.10.2025Lesedauer: 3 Min.
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Wladimir Putin (Archivbild): In vielen Branchen seiner Wirtschaft kriselt es. (Quelle: IMAGO/Kristina Kormilitsyna/imago)
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In der Großindustrie Russlands kriselt es heftig. Viele Unternehmen haben die Arbeitszeit reduziert, um Entlassungen zu verhindern.

Der Angriffskrieg gegen die Ukraine kommt Russland immer teurer zu stehen. Einige Schwergewichte der russischen Industrie müssen Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken oder gar entlassen, weil die Aufträge wegbrechen und die Kosten hoch sind. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet über mehrere Großunternehmen, die in Schwierigkeiten geraten sind.

So hat Cemros, das größte russische Zementunternehmen, seinen Mitarbeitern bis zum Jahresende eine Vier-Tage-Woche verordnet. Der Grund: Es wird weniger gebaut und importierter Zement ist billiger. "Dies ist eine notwendige Maßnahme zur Krisenbewältigung", sagte Cemros-Sprecher Sergei Koshkin. "Das Ziel ist es, alle unsere Mitarbeiter zu behalten." Das Unternehmen hat 13.000 Mitarbeiter und 18 Werke in ganz Russland. Mit der Maßnahme will man auch Entlassungen vermeiden, die die Arbeitslosenzahl nach oben treiben könnten – was man im Kreml wohl nicht gerne sieht, heißt es laut Reuters in Industriekreisen.

Gerade die Billigimporte aus China, dem Iran und Belarus machten der Zementindustrie zu schaffen, sagte der Unternehmenssprecher. Hinzu käme eine Krise in der Bauindustrie. Immer weniger neue Häuser werden gebaut, der Zementverbrauch sei wieder auf dem Niveau während der Covid-Pandemie. Die Anzahl neuer Wohnbauprojekte in Moskau ist stark gesunken und hat den niedrigsten Stand seit zwölf Jahren erreicht.

Wichtige Industriesektoren zeigen Schwäche

Die russische Eisenbahn, die 700.000 Mitarbeiter beschäftigt, hat ihre Mitarbeiter in der Zentrale gebeten, zusätzlich zu den normalen Urlaubstagen und arbeitsfreien Tagen drei weitere Tage pro Monat auf eigene Kosten freizunehmen, wie zwei Quellen gegenüber Reuters angaben. Das Unternehmen, das seit langem als Spiegelbild der russischen Wirtschaft – insbesondere ihrer Rohstoffexporte – gilt, verzeichnet laut Ökonomen einen Rückgang seiner Einnahmen, da die Transporte von Kohle, Metallen und Öl zurückgehen.

Der Autobauer Gorky hat im August ebenfalls eine Vier-Tage-Woche für seine 20.000 Angestellten eingeführt, auch Mitbewerber Kamaz, bei dem 30.000 Menschen arbeiten, ist im Notbetrieb. Gewerkschafter von Avtovaz, Russlands größter Autobauer, bestätigten gegenüber Reuters, dass die 40.000 Mitarbeiter seit September in Kurzarbeit sind.

Alrosa, der weltweit größte Produzent von Rohdiamanten, hat die Gehälter aller Mitarbeiter, die nicht direkt im Bergbau tätig sind, um 10 Prozent gekürzt, unter anderem durch eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit. Man habe Entlassungen so gering wie möglich gehalten, sagte ein Sprecher, nannte aber keine genauen Zahlen. Die Firma Sveza, die Holz und Papier herstellt, musste ein Werk in Sibirien schließen, 300 Mitarbeiter wurden entlassen.

Organisation spricht von Schrumpfung um 5,4 Prozent

Das russische Zentrum für makroökonomische Analysen und kurzfristige Prognosen – eine einflussreiche gemeinnützige Forschungseinrichtung – gab bekannt, dass die nicht mit dem Militär verbundenen Wirtschaftssektoren seit Jahresbeginn um 5,4 Prozent geschrumpft sind. Das Zentrum prognostiziert für dieses Jahr einen deutlichen Rückgang des BIP-Wachstums auf 0,7 Prozent bis 1,0 Prozent.

Russland hat bereits massive Kürzungen im Luftfahrt- und Schiffsbauhaushalt für die kommenden Jahre beschlossen. Laut einem Bericht der "Kyiv Post" sollen die staatlichen Mittel für die russische Flugzeug- und Hubschrauberproduktion im Jahr 2026 deutlich reduziert werden: von derzeit 139,6 Milliarden Rubel (umgerechnet rund 1,37 Milliarden Euro) auf 85,7 Milliarden Rubel (etwa 840 Millionen Euro). Auch im Schiffbau sind erhebliche Kürzungen geplant. Die Fördermittel für das Bundesprogramm "Produktion von Schiffen und Schiffsausrüstung" sollen 2026 von derzeit 75,5 Milliarden Rubel (rund 740 Millionen Euro) auf 32,3 Milliarden Rubel (etwa 320 Millionen Euro) reduziert werden.

Auch Kohle und Stahl-Sektoren betroffen

Überfällige Lohnzahlungen in Russland beliefen sich Ende August auf 1,64 Milliarden Rubel, was einem Anstieg von 1,15 Milliarden Rubel oder dem 3,3-fachen gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht. Die derzeitigen wirtschaftlichen Belastungen haben die Regierung bereits dazu gezwungen, in der gesamten Wirtschaft zu intervenieren, von Schuhherstellern bis hin zu Kohle- und Metallunternehmen, und Rabatte auf den Schienenverkehr, Steuerstundungen und gezielte staatliche Unterstützung anzubieten.

Der Kohlesektor, der etwa 150.000 Menschen beschäftigt, ist laut Reuters vom Rückgang der Exporte stark betroffen. Stellvertretender Ministerpräsident Alexander Novak teilte Präsident Wladimir Putin bereits im April mit, dass sich die finanzielle Lage des Sektors verschlechtere und 30 Unternehmen – mit rund 15.000 Beschäftigten und einer Jahresproduktion von etwa 30 Millionen Tonnen – von der Insolvenz bedroht seien.

Und die nächste Branche steht bereits vor der Krise. In der Stahlindustrie wird laut einem Regierungsprotokoll vom 28. August erwogen, Insolvenzen per Moratorium zu verbieten. Russland ist der fünftgrößte Stahlproduzent der Welt. "In der Stahlindustrie findet derzeit ein stiller Rückgang statt", sagte eine Quelle zu Reuters. Hohe Zinsen seien ein Grund, der starke Rubel und geringe Nachfrage aber weitere Ursachen.

Eigentlich, so ein Branchenkenner, müssten massiv Leute entlassen werden. Das wolle man aber vermeiden. Offenbar will Moskau verhindern, dass die offiziellen Arbeitslosenzahlen sprunghaft ansteigen.

Verwendete Quellen
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