Reaktionen auf Hamas-Aktion Freude über Freiheit der Geiseln – und eine entscheidende Warnung

In Deutschland und Europa stößt die Freilassung der Geiseln auf Erleichterung – die Hoffnung auf Frieden ist groß. Doch es gibt eine entscheidende Warnung.
Die Freilassung aller von der islamistischen Hamas im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln ist laut Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) ein Schritt auf dem Weg zu Frieden im Nahen Osten. "Endlich. Nach 738 Tagen kehren die Geiseln zurück – darunter auch Deutsche. Zwei Jahre Angst, Schmerz und Hoffnung liegen hinter ihnen. Heute können Familien ihre Liebsten endlich wieder in die Arme schließen", twitterte Merz.
Auch die ermordeten Geiseln müssten heimkehren, damit ihre Familien in Würde Abschied nehmen können, mahnte der Kanzler. "Dieser Tag ist ein Anfang: der Beginn von Heilung und ein Schritt auf dem Weg zu Frieden im Nahen Osten", schrieb Merz.
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Die Hamas hatte am Montagmorgen alle lebenden israelischen Entführten freigelassen. Die Aktion ist Teil eines Friedensplans, den US-Präsident Donald Trump vermittelt hatte. Merz nimmt am Mittag an der "Nahost-Friedenszeremonie" anlässlich des Abkommens zwischen Israel und der Hamas im ägyptischen Küstenort Scharm el Scheich teil.
Zustimmung von Steinmeier und Wadephul
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier lobte die Freilassung als ersten Schritt in Richtung Frieden in Nahost. Das deutsche Staatsoberhaupt schrieb den freigelassenen Geiseln mit deutscher Staatsbürgerschaft am Montag und drückte die Hoffnung aus, "dass sie die Folgen der Gewalt, die sie erleiden mussten, nach und nach werden hinter sich lassen können".
Der Bundespräsident sei seit dem 7. Oktober 2023 in stetem Kontakt mit den Geisel-Familien gewesen und habe sie viele Male persönlich getroffen. Die Familien der heute freigelassenen deutschen Geiseln traf er zuletzt am 10. Juli.
Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) äußerte die Hoffnung, dass Israel und die Palästinenser im Nahostkonflikt der Gewalt abschwören. "Ich hoffe, dass das palästinensische Volk jetzt einen Weg findet, sich auch von der Hamas zu befreien", sagte Wadephul im Deutschlandfunk. Dies liege "im ureigenen Interesse" der Palästinenserinnen und Palästinenser, dass sie friedlich zu ihrem legitimen Ziel kommen, in einem eigenen Staat zusammenzuleben. "Ich glaube im Übrigen, dass die wichtigste Motivation für die Palästinenser, sich abzukehren von Hamas, ist, dass sie eine realistische Chance auf eine eigene Staatlichkeit haben", so der Minister.
Von der Leyen spricht von Erleichterung für die ganze Welt
Auch international wurde die Freilassung der Geiseln durch die radikal-islamische Terrorgruppe Hamas als wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem dauerhaften Frieden in Nahost begrüßt.
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen erklärte, die Rückkehr der Menschen aus der Gefangenschaft sei ein Moment der Erleichterung für die ganze Welt, schrieb sie in sozialen Netzwerken. "Es bedeutet, dass ein Kapitel geschlossen werden kann. Ein neues kann beginnen."
Von der Leyen war wegen ihrer israelfreundlichen Haltung zuletzt stark kritisiert worden. Mit Blick auf das militärische Vorgehen der Regierung des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu hatte sie im vergangenen Monat dann ihren Kurs geändert und mögliche Sanktionen in Aussicht gestellt. Das wiederum war in den Reihen der Europaabgeordneten von CDU und CSU auf Kritik gestoßen.
Nun kündigte die Kommissionschefin EU-Hilfe für den Friedensplan an. Der geplante Vertrag zur Beendigung des Krieges zwischen Israel und der Hamas werde ein historischer Meilenstein sein und die EU sei bereit, mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zu seinem Erfolg beizutragen, teilte sie mit. Konkret wolle man etwa die Palästinensische Autonomiebehörde bei Reformen und bei der Verbesserung der Regierungsführung unterstützen. Zudem werde die EU eine aktive Kraft innerhalb der Gebergruppe für Palästina sein und EU-Mittel für den Wiederaufbau des Gazastreifens bereitstellen.
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Auch in Großbritannien stieß die Freilassung der Geiseln auf Zustimmung. Der britische Premierminister Keir Starmer bezeichnete sie als Beginn der "entscheidenden Phase" zur Beendigung des Krieges. "Jetzt müssen wir dauerhaften Frieden und eine sichere Zukunft für die gesamte Region schaffen", twitterte Starmer.
BND und Verfassungsschutz warnen
Die deutschen Geheimdienste warnten jedoch vor voreiliger Euphorie. Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), Martin Jäger, äußerte sich besorgt: Sollte die Hamas aus dem Gazastreifen verdrängt werden, bestehe ein "sehr reales Risiko", dass sie ihr Vorgehen außerhalb des Gebiets ausweite. Dies würde den arabischen Raum, aber ganz sicher auch Europa betreffen. Jäger zog dabei einen Vergleich zur Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) in den 1960er- und 1970er-Jahren.
Verfassungsschutz-Präsident Sinan Selen erklärte am Montag bei einer Anhörung im Bundestag: "Ich kann da in keinster Weise aus dem Friedenskontext oder aus den Friedensverhandlungen in Gaza eine Entwarnung geben, was die Hamas und deren Wirken in Europa, so auch in Deutschland, angeht."
Deutschland sei für die Hamas seit Langem ein Rückzugs- und Infrastrukturraum, so der Verfassungsschutz-Chef. Das Personenpotenzial bezifferte Selen auf 32.500, ein Anstieg um sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Hamas sehe Deutschland zudem als Operationsraum an. Dies zeige die kürzliche Festnahme von drei Hamas-Aktivisten in Berlin, die Anschläge auf Juden in Deutschland geplant haben sollen.
- Mit Material der Nachrichtenagenturen AFP, Reuters, dpa




