Alternative zur allgemeinen Wehrpflicht Hoffen auf die schwarze Karte

Mit einem Losverfahren zur Wehrpflicht wäre Deutschland nicht allein. Einige Länder haben damit schon Erfahrung.
In Deutschland wird über ein Losverfahren für die Wehrpflicht gestritten. Fachpolitiker aus SPD und CDU sind dafür, Experten sehen es skeptisch. Zuletzt meldete sich der Präsident des Reservistenverbandes der Bundeswehr, Patrick Sensburg, der im Fall der Einführung einer Wehrpflicht die Auswahl nach Qualitätskriterien befürwortet. "Ich wäre eher für das Nachrückverfahren. Das wäre die einfachere und gerechtere Variante", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Freitag einem Vorabbericht zufolge. Doch Deutschland wäre mit einem Losverfahren kein Einzelfall.
In einigen Staaten mit Wehrpflicht wird die Auswahl von Rekruten nicht einfach durch automatische Einberufung aller potenziellen Alterskohorten vorgenommen, sondern durch ein selektives Los- oder Zufallsverfahren, insbesondere dort, wo die Zahl der Anspruchsberechtigten größer ist als die Kapazität des Militärs. Zudem diskutieren manche Staaten eine Rückkehr oder Modifizierung des Wehrdienstes mit Losverfahren, um Freiwilligendienste zu ergänzen. Diese Länder losen bereits Rekruten aus.
Thailand
Thailand praktiziert jährlich ein Losverfahren zur Einberufung junger Männer. Wer keinen Freiwilligenstatus beansprucht, nimmt an einer Ziehung mit roten und schwarzen Karten teil: Eine rote Karte bedeutet Einberufung, eine schwarze Karte Befreiung.
Die thailändischen Streitkräfte sind relativ groß: In einem Jahr (2018) wurden über 500.000 Männer zur Auswahl zugelassen; der jährliche Bedarf lag bei etwa 104.000 Rekruten, wovon viele durch das Losverfahren bestimmt wurden.
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Mexiko
In Mexiko werden angehende Wehrpflichtige mittels eines Losverfahrens ausgewählt. Männer, die 18 Jahre alt werden, ziehen eine Karte in einer Farbe – "schwarz" bedeutet, dass sie als Reservisten "in Bereitschaft" verbleiben, ohne aktiv dienen zu müssen; mit "weiß" werden sie direkt einberufen und leisten einen einjährigen Dienst.
Die aktive Truppenstärke Mexikos beträgt mehrere Zehntausend.
Litauen
Litauen hatte seine Wehrpflicht 2008 ausgesetzt, führte sie aber ab 2015 wieder ein, wobei ein Teil der Rekruten per Zufallsauswahl ("Lottery") bestimmt wird. Jährlich werden in Litauen rund 3.500 Personen (künftig 4.000) im Alter von 18 bis 23 Jahren per Los ausgewählt, um neun Monate Wehrdienst zu leisten. Die litauischen Landstreitkräfte (Land Forces) bilden einen Teil der Gesamtstreitkräfte des Landes.
Dänemark
In Dänemark ist das Losverfahren Teil des Systems, wenn nicht genügend Freiwillige zur Verfügung stehen. Seit Juli 2025 sollen auch Frauen in das Losverfahren einbezogen werden. Die dänischen Streitkräfte haben eine aktive Komponente sowie Reservisten. Für die Armee allein sind etwa 25.400 aktive Soldaten angegeben, plus Reservisten.
In Diskussionen im nordischen und baltischen Raum wird immer wieder das Modell der selektiven oder losbasierten Einberufung erwähnt, etwa in Estland und Finnland, wenn Freiwilligensysteme an Grenzen stoßen.
- osw.waw.pl: "Universal, selective and lottery-based conscription: the Nordic and Baltic states’ different paths to building up their military potential" (englisch)
- aljazeera.com: "Red or black: Experiencing Thailand’s military draft" (englisch)
- forcesnews.com: "Which countries still have conscription" (englisch)
- globalsecurity.org: "Mexico - Military Personnel & Conscription" (englisch)
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