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Türkei: Ausnahmezustand läuft aus – Kritik an Erdogans Anti-Terror-Gesetz


Kritik am Anti-Terror-Gesetz in der Türkei
"Der Ausnahmezustand wird zum Dauerzustand"

Von dpa, afp, job

Aktualisiert am 18.07.2018Lesedauer: 3 Min.
Recep Tayyip Erdogan: Der türkische Präsident lässt den Ausnahmezustand in seinem Land auslaufen. Die Opposition kritisiert, dass er ihn mit einem noch strengeren Anti-Terror-Gesetz ersetzt.Vergrößern des BildesRecep Tayyip Erdogan: Der türkische Präsident lässt den Ausnahmezustand in seinem Land auslaufen. Die Opposition kritisiert, dass er ihn mit einem noch strengeren Anti-Terror-Gesetz ersetzt. (Quelle: Umit Bektas/Reuters-bilder)
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Erdogan ist so mächtig wie nie. Jetzt lässt er den Ausnahmezustand in der Türkei auslaufen. Die Opposition sagt: Nur, um ihn durch ein noch strengeres Anti-Terror-Gesetz auszutauschen.

In der Nacht zum Donnerstag endet in der Türkei der Ausnahmezustand. Doch die türkische Regierung bereitet für die Zeit danach ein strenges neues Anti-Terror-Gesetz vor. Die Opposition fürchtet, dass der Ausnahmezustand so durch noch restriktivere Maßnahmen ersetzt wird. Der bekannte türkische Journalist Can Dündar vergleicht die Situation in der Türkei gar mit der Lage in Deutschland nach 1933.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte den Ausnahmezustand nach dem Putschversuch im Juli 2016 verhängt und sieben Mal verlängert. Durch ihn waren Grundrechte der Türken eingeschränkt worden. 80.000 Menschen wurden nach Angaben der türkischen Regierung in Verbindung mit dem Putsch oder mit "Terrorismus" festgenommen, darunter prokurdische Oppositionelle, Journalisten und Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen. Rund 130.000 Staatsbedienstete verloren ihre Arbeit.

Teils weitergehende Rechte als im Ausnahmezustand

Einem Entwurf des Anti-Terror-Gesetzes zufolge sollen nun zum Beispiel die Gouverneure zumindest Teile ihrer Machtfülle aus dem Notstand behalten. Sie sollen befugt sein, Menschen, bei denen der Verdacht besteht, dass sie "die öffentliche Ordnung oder Sicherheit stören", den Zugang zu bestimmten Orten zu verwehren. Außerdem sollen sie weiter die Versammlungsfreiheit einschränken dürfen. Verdächtige können zwischen 48 Stunden und zwölf Tagen in Polizeigewahrsam gehalten werden – mehr als vor Beginn des Ausnahmezustands.

Der Staat behält sich mit dem geplanten Gesetz zudem vor, für drei weitere Jahre öffentliche Angestellte zu schassen, denen Verbindungen zu "terroristischen" Gruppen nachgesagt wird. Der Entwurf regelt im Detail, wie Richter, Mitglieder der Streitkräfte oder Ministeriumsmitarbeiter entlassen werden können. Wie während des Ausnahmezustands will der Staat all jenen, die wegen Terrorverdachts aus dem Staatsdienst entlassen wurden, weiterhin ihre Pässe entziehen. Außerdem kann der Staat nicht nur von Verdächtigen, sondern auch von Ehepartnern und Kindern "Telekommunikations-Informationen" einholen.

Das Ende des Ausnahmezustands kommt weniger als einen Monat nach Erdogans Wiederwahl. Erdogans Machtfülle ist seitdem enorm gewachsen. Denn am Tag seiner Vereidigung trat das neue Präsidialsystem in Kraft, in dem der Staatschef zugleich Regierungschef ist und die gesamte Exekutivgewalt innehat. Der Präsident kann somit auch ohne die Sonderrechte eines Ausnahmezustandes Präsidialdekrete erlassen.

Opposition: "Ausnahmezustand wird Dauerzustand"

Das Anti-Terror-Gesetz soll dem Entwurf zufolge zunächst drei Jahre gültig sein. Damit werde "der Ausnahmezustand nicht für drei Monate, sondern für drei Jahre verlängert", kritisierte der Fraktionsvorsitzende der oppositionellen CHP im Parlament, Ozgür Ozel. Die CHP beschuldigt die Regierung, mit den Maßnahmen "gegen die Verfassung" zu verstoßen und "den Ausnahmezustand zum Dauerzustand" zu machen.

Auch regierungskritische Medien hatten davor schon im Vorfeld gewarnt. Der frühere Chefredakteur der türkischen Zeitung "Cumhuriyet", Can Dündar, ging im ZDF-"Morgenmagazin" sogar noch weiter und verglich die Situation in der Türkei mit der Lage in Deutschland nach dem Reichstagsbrand 1933. "Es gibt leider wahnsinnig besorgniserregende Parallelen", sagte Dündar.

Gegen Dündar läuft in der Türkei ein Verfahren wegen "Spionage". Angesprochen auf die Wiederwahl Erdogans sagte Dündar nun im ZDF, gerade die Deutschen müssten wissen, "dass auch ein Diktator gewählt werden kann". Dündar, der seit Juli 2016 in Deutschland im Exil lebt, zeigte sich trotz des Endes des Ausnahmezustands pessimistisch. Die Situation werde sich nicht bessern. Im Gegenteil: "Für die Medien wird es noch schlimmer werden."

Verwendete Quellen
  • dpa, AFP
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