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Frankreich: Streit um Burkini entzweit das Land – Religion oder Badekleidung?


Religion oder Badekleidung?
Streit um Burkini entzweit Frankreich

Von dpa
Aktualisiert am 16.05.2022Lesedauer: 3 Min.
Eine muslimische Schülerin in einem Burkini: In Frankreich ist erneut ein Streit um den Ganzkörperbadeanzug ausgebrochen.Vergrößern des BildesEine muslimische Schülerin in einem Burkini: In Frankreich ist erneut ein Streit um den Ganzkörperbadeanzug ausgebrochen. (Quelle: Rolf Haid/dpa)
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Die einen sehen darin sozialen Fortschritt, die anderen eine schleichende Islamisierung: In Frankreich ist erneut eine hitzige Debatte um Burkinis entbrannt. Dabei ist der Anlass ein lokaler.

In Frankreich ist erneut ein Streit um Burkinis, die muslimischen Ganzkörperbadeanzüge, losgebrochen. Der Anlass ist lokal: Die Großstadt Grenoble will am Montag über eine Änderung der Schwimmbadordnung beraten und Frauen nicht mehr vorschreiben, mit wie viel oder wie wenig Stoff sie ins Wasser dürfen.

Wenn es nach dem Grünen-Bürgermeister Éric Piolle geht, ist oben ohne vom 1. Juni an ebenso in Ordnung wie Badekleidung, die über Knie und Nacken hinausreicht – wie eben die Burkinis, um die es ihm bei der Lockerung vor allem geht. So mancher Kritiker im auf strikte Trennung von Staat und Religion pochenden Frankreich vermutet hinter diesem Plan eine schleichende Islamisierung.

Piolle: "Das geht uns nichts an"

Der Bürgermeister selbst sieht darin kein großes Ding. Diskriminierung hinsichtlich des Zugangs zu öffentlichen Dienstleistungen müsse vermieden werden, es gehe um den sozialen Fortschritt, dass Menschen zum Baden tragen könnten, was sie wollen, betont Piolle. "Eigentlich ist es uns egal, ob es ein körperbedeckender Badeanzug ist zum Schutz vor der Sonne oder aus religiösen Gründen, das geht uns nichts an", sagte der Bürgermeister kürzlich der Zeitung "Le Figaro" und beklagte "Debatten von extremer Gewalt".

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Auch wenn es offiziell nicht um Burkinis geht, lässt die Vorgeschichte darauf schließen, dass sie dennoch im Zentrum stehen. Nach Protesten für die Zulassung der muslimischen Badeanzüge zeigte der Bürgermeister klare Sympathien für die Gruppierung, die sich dafür starkmacht.

Stadtrat fordert Referendum

Sein konservativer Widersacher im Stadtrat, Alain Carignon, wittert eine illegitime Schützenhilfe für einen politischen Islam und rief zu einem Referendum auf. Außerdem lancierten Burkini-Gegnerinnen und -Gegner eine Petition. "Eine Änderung der Baderegeln würde Forderungen eines politischen Islams erfüllen, das heißt einer totalitären und radikalen Ideologie", heißt es in dem Aufruf.

Mit dem Koran hätten Burkinis nichts zu tun, es gehe um die sexistische Ideologie der Unterwerfung der Frau. Eine Ablehnung von Burkinis sei nicht islamfeindlich, vielmehr könnten Sonderansprüche einzelner Gruppen nicht über die Prinzipien der Republik gestellt werden.

Strikte Vorschriften für Badekleidung

Dabei wird der Burkini im Entwurf der neuen Badeordnung, den die Zeitung "Le Parisien" einsehen konnte, überhaupt nicht namentlich genannt. Vielmehr wird der Begriff "Badeanzug" durch den Begriff "Badekleidung" ersetzt, außerdem entfällt die Festlegung, dass der Badeanzug höchstens von den Knien bis zum Nacken reichen darf. Es bleibt dabei, dass die Badekleidung aus dafür konzipiertem Stoff bestehen und eng anliegen muss. Verboten bleibt Kleidung, die schon vor Betreten des Schwimmbads getragen wurde oder die eine Gefahr für Sicherheit und Hygiene darstellt.

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Schweres Geschütz gegen die Burkini-Pläne in Grenoble fuhr bereits der konservative Regionspräsident Laurent Wauquiez auf. "Ich warne den Bürgermeister: In diesem Fall wird die Region sämtliche Subventionen für die Stadt Grenoble einstellen. Kein Centime der Bewohner von Auvergne-Rhône-Alpes wird die Unterwerfung an den Islamismus finanzieren."

Präfekt Laurent Prévost kündigte am Sonntagabend gar gerichtliche Schritte an, sollte es grünes Licht für das Tragen von Burkinis in öffentlichen Bädern in Grenoble geben. Gemäß der Anweisungen, die er vom Innenminister Gérald Darmanin erhalten hat, werde er vor das Verwaltungsgericht ziehen, um eine Aussetzung der Regelung zu erwirken.

Frankreich als laizistisches Land

Doch warum wird in Frankreich schon seit Langem so verbissen über Kopftuch & Co. gestritten? Die Nachbarn verstehen sich als laizistisches Land, in dem eine strikte Trennung von Staat und Religion herrscht. Der Umgang mit religiösen Symbolen in der Öffentlichkeit sorgt immer wieder für Kontroversen, vor allem im Zusammenhang mit dem Islam.

Bereits 1994 trat ein Gesetz in Kraft, das in Schulen nur noch diskrete religiöse Symbole erlaubt. Zehn Jahre später wurden Kopftücher in Schulen vollständig verboten – Kippa und Kreuz nicht. 2010 folgte das Verbot der Vollverschleierung in der Öffentlichkeit, das sogenannte Burka-Verbot.

Nicht der erste Streit um Burkinis

Um Burkinis gab es bereits im Sommer 2016 einen heftigen Streit in Frankreich. Ein kommunales Burkini-Verbot, wie es an der Côte d'Azur erlassen worden war, erklärte der Staatsrat schließlich für rechtswidrig. Um Burkinis weiterhin von Stränden und aus Bädern zu verbannen, bedienten Kommunen sich in der Folge Vorwänden der Hygiene und der Sicherheit.

Die Hauptstadtregion Île-de-France erließ 2017 eine "Charta der Laizität", die ein Verbot beinhaltete, das 2021 noch einmal bekräftigt wurde. In Grenoble unterdessen probten muslimische Frauen 2019 bereits zwei Mal mit einem "Swim-In", einem Badbesuch im Burkini, den Aufstand.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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