Der Alaska-Hinterhalt Die Fliege ist der Spinne ins Netz gegangen

Beim Alaska-Treffen mit Donald Trump zeigte Wladimir Putin sein größtes Talent: Er spannte sein Netz – und der US-Präsident tappte hinein.
Seine Limousine mit dem Moskauer Kennzeichen stand auf dem Rollfeld des Luftwaffenstützpunkts Elmendorf-Richardson. Der Aurus, der Dienstwagen des russischen Präsidenten, wurde eigens für das Gipfeltreffen eingeflogen. Doch Wladimir Putin stieg in einen anderen Wagen. Er nahm Platz in Donald Trumps Präsidentenauto "The Beast". Ein einmaliger Vertrauensbeweis – könnte ein unbescholtener Beobachter glauben.
Aber Putin vertraut in der Politikwelt niemandem. Jeder Schritt folgt einem Kalkül. In dem Moment, als die Türen des "Beasts" zuschlugen, hatte Putin Trump da, wo er ihn haben wollte: in seinem Netz.
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Von der Motte zur Spinne
Beim KGB trug Putin einst den wenig schmeichelhaften Spitznamen "die Motte." In Alaska war er jedoch die Spinne. Sorgsam bereitete er das klebrige Netz für sein Opfer vor. Der Ort? Anchorage war ein Vorschlag Putins, wie er selbst unumwunden zugab. Erlaubte er dem Kremlchef doch, eine seiner Geschichtsvorlesungen über die glorreiche russische Historie zu halten.
Die Teilnehmer? In Hinterzimmern von russischer Seite diktiert und aussortiert. So wurde etwa Keith Kellogg von dem Gipfel ausgeschlossen – Medienberichten zufolge auf Wunsch Putins. Kellogg war für Putin zu Ukraine-freundlich.
Der Empfang? Eines Kriegshelden würdig. Während der Kriegsverbrecher Putin auf den brav wartenden Trump zumarschierte, spendete ihm der US-Präsident mindestens dreimal Beifall.
Und dann die Krönung: Die Einladung auf den Rücksitz des "Beasts". Als die Limousine losfuhr, konnte sich Putin ein zufriedenes Grinsen nicht verkneifen. Es sagte: Ich habe ihn.
Ein Tête-à-tête mit Trump bringt Waldimir Putin an sein Ziel
In diesem Moment scheiterten alle Versuche, das Format der Gipfelgespräche auf eine Konstellation aus sechs Personen (die Präsidenten, ihre Außenminister und Berater) zu begrenzen. Nun hatte Putin sein Tête-à-tête mit Trump – in einer so intimen Atmosphäre, dass sie fast unanständig wirkte. Und hier konnte Putin endlich der Fliege, die er in sein Netz gelockt hat, das Gift ins Ohr tröpfeln.
Eine Disziplin, die Putin meisterhaft beherrscht. Der ehemalige russische Ölmagnat Michail Chodorkowski erzählte einst, welches Talent Putin an die Macht gebracht hat: "Er ist ein sehr talentierter KGB-Mann. Wenn Sie links sind, wird Putin so sein, dass Sie denken, dass er auch links ist. Ihnen gefallen Nationalisten, Putin wird sich so geben, dass Sie ihn für einen Nationalisten halten. Ihnen gefallen Konservative, dann werden Sie den Eindruck gewinnen, dass er ein Konservativer ist", sagte der ehemalige russische Oligarch, der heute zur Opposition gehört. So habe Putin alle an der Nase herumführen können.
Auch er gehörte zu Beginn zu den Unterstützern Putins. "Wie sehr habe ich mich doch getäuscht", sagt Chodorkowski heute. Ein Satz, den auch Trump in nicht allzu ferner Zukunft sagen könnte. Denn in Alaska ist er dem Talent Putins erlegen.