Reform der UN gefordert Wadephul: "Wir würden alle nur verlieren"

Die Vereinten Nationen stecken in der Krise. In seiner Rede richtet Außenminister Wadephul nun einen eindringlichen Appell an die Mitglieder der Weltorganisation.
Außenminister Johann Wadephul hat die Vereinten Nationen zu Reformen und einer Rückbesinnung auf ihre Gründungswerte aufgerufen. "Wir würden alle nur verlieren in einer Welt, in der das Recht des Stärkeren gilt, internationale Regeln obsolet sind, Verträge nur für Schwache verbindlich sind und Krieg die Fortsetzung der Diplomatie mit anderen Mitteln ist", warnte der CDU-Politiker in seiner Rede vor der UN-Vollversammlung in New York. "Eine solche Welt würde letztlich von Gewalt beherrscht."
Bei der Ansprache des Bundesaußenministers an die Mitglieder der Weltorganisation leitete seine Amtsvorgängerin Annalena Baerbock (Grüne) als Präsidentin der Vollversammlung der Vereinten Nationen die Sitzung.
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Wadephul verlangte Respekt vor Zielen und Prinzipien der UN-Charta. Alle Mitglieder seien verpflichtet, diese zu wahren, sagte er – offensichtlich auch mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.
Wadephul wirbt für Reform der UN
80 Jahre nach ihrer Gründung stünden die UN vor großen Herausforderungen: einer Haushaltskrise, einer Krise des Multilateralismus und einem Mangel an Respekt vor dem Völkerrecht, fügte der Minister hinzu, ohne die "Amerika zuerst"-Politik von US-Präsident Donald Trump direkt anzusprechen.
Eindringlich warb Wadephul für eine Reform der UN. "Mehr denn je brauchen wir effektive und leistungsfähige Vereinte Nationen", forderte er. So brauche der Sicherheitsrat zusätzliche ständige wie nichtständige Sitze, um die Realität der Welt widerzuspiegeln. Die zusätzlichen ständigen Sitze müssten an die unterrepräsentierten Regionen Afrika, Asien und Lateinamerika gehen.
Der Außenminister warb auch für die Kandidatur Deutschlands für einen nichtständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat für die Sitzungsperiode 2027/2028 – die Wahl findet im Sommer 2026 statt. Deutschland habe dafür "in einer Zeit beispielloser Instabilität und Umwälzungen" drei zentrale Ziele: Gerechtigkeit, Frieden und Respekt. Diese prägten schon seit Jahrzehnten die Arbeit Deutschlands bei den UN, sagte Wadephul.
Aufruf zu neuen Verhandlungen mit dem Iran
Abseits seiner Rede rief Wadephul den Iran trotz der Wiedereinsetzung der UN-Sanktionen gegen das Land zu neuen Verhandlungen über dessen Atomprogramm auf. "Mit dem Snapback endet ein Kapitel unserer diplomatischen Bemühungen", sagte der CDU-Politiker.
Er fügte hinzu: "Der Iran hat die Möglichkeit, ein neues Kapitel von Diplomatie aufzuschlagen. Es ist an ihm, den Weg hin zu neuen Gesprächen zu beschreiten. Wir sind dafür bereit." Teheran drohte inzwischen mit einer "entschlossenen" Reaktion auf das Wiederinkrafttreten der UN-Sanktionen.
"Humanitärer Albtraum" im Gazastreifen
Mit Skepsis blickte er wiederum auf eine Beteiligung deutscher Sicherheitskräfte an einer möglichen internationalen Friedenstruppe zur Absicherung eines Gaza-Friedensplans. "Deutschland ist in jedem Fall bereit, sich für eine friedliche und gute Zukunft des Gazastreifens zu engagieren, insbesondere in humanitärer Hinsicht." Auch das sagte Wadephul am Rande der UN-Vollversammlung. "Ich habe allerdings Zweifel, ob es richtig wäre, dass wir mit Sicherheitskräften dort vor Ort engagiert wären", fügte er hinzu.
Es gebe die begrüßenswerte Bereitschaft vieler muslimisch geprägter Staaten, hier aktiv zu sein, sagte der Bundesaußenminister. "Ich denke, dieses Angebot sollte man vorrangig wahrnehmen. Aber selbstverständlich werden wir auch unsere Beiträge leisten." Die Bundesregierung unterstütze den Friedensplan von US-Präsident Donald Trump. "Die Umsetzung wird selbstverständlich der schwierigste Teil sein", fügte Wadephul hinzu.
In seiner Rede vor der UN-Vollversammlung sagte Wadephul, im Gazastreifen spiele sich ein "humanitärer Albtraum" ab. Mit Blick auf die Zivilbevölkerung dort sprach er von einer "Hölle auf Erden". Der Krieg müsse beendet und die noch in der Hand der islamistischen Terrororganisation Hamas befindlichen Geiseln freigelassen werden, verlangte Wadephul, der zugleich betonte: "Die Existenz und Sicherheit Israels werden immer Teil unserer Staatsraison sein." Der Minister betonte die deutsche Forderung nach einer Zweistaatenlösung zwischen Israel und den Palästinensern.
- Nachrichtenagentur dpa



