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Nahostkonflikt: Warum Israel ausgerechnet Marwan Barghouti nicht freilässt


Israels Gefangener
Sie nennen ihn den palästinensischen Nelson Mandela

Von t-online, jse

Aktualisiert am 10.10.2025Lesedauer: 3 Min.
Marwan Barghouti (M, Archivbild): Er sitzt seit mehr als 20 Jahren im Gefängnis.Vergrößern des Bildes
Marwan Barghouti (M., Archivbild): Er sitzt seit mehr als 20 Jahren im Gefängnis.
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Seit über zwei Jahrzehnten sitzt Marwan Barghouti in israelischer Haft. Seine Freilassung bleibt für Israel eine rote Linie.

Der Name Marwan Barghouti bewegt die palästinensische Öffentlichkeit wie kaum ein anderer. Während der heute 66-Jährige in einem israelischen Gefängnis sitzt, fordern palästinensische Gruppen seit Jahren seine Freilassung – aktuell auch die islamistische Terrorgruppe Hamas. Doch für Israel bleibt Barghouti eine rote Linie. "Ich kann Ihnen sagen, dass er zu diesem Zeitpunkt nicht Teil eines Austausches sein wird", erklärte eine israelische Regierungssprecherin am Donnerstag.

Barghouti wurde 2002 von einem israelischen Gericht zu fünfmal lebenslanger Haft verurteilt. Ihm wurde vorgeworfen, während der Zweiten Intifada tödliche Anschläge auf israelische Zivilisten geplant und unterstützt zu haben. Er wies die Vorwürfe zurück und erkannte die Autorität des Gerichts nicht an. Die Interparlamentarische Union, eine internationale Vereinigung von Parlamenten mit 180 Mitgliedsstaaten, erklärte 2002: "Zahlreiche Brüche internationalen Rechts machen es unmöglich zu behaupten, dass Herr Barghouti einen fairen Prozess bekommen hat."

Für Israel bleibt er einer der prominentesten verurteilten Terroristen.

Ikone vieler Palästinenser

Trotz – oder gerade wegen – seiner langen Haftzeit ist Barghouti heute der wohl populärste Politiker unter den Palästinensern. Einige sehen in ihm den "palästinensischen Nelson Mandela". Schon vor seiner Festnahme war er eine zentrale Figur in der Fatah, der Partei von Präsident Mahmud Abbas. Er gilt als säkularer Nationalist, der verschiedene politische Lager ansprechen kann.

"Er ist ein Mann, dem Integrität zugeschrieben wird, ein Zusammenführer", sagte der palästinensische Meinungsforscher Khalil Shikaki dem US-Sender CNN. Barghouti sei der einzige säkulare Politiker, der bei Wahlen eine klare Mehrheit erhalten würde – laut Shikakis Einschätzung bis zu 60 Prozent der Stimmen. "Alle anderen Kandidaten, Islamisten wie Nationalisten, könnten ihn nicht schlagen."

Ein möglicher Nachfolger für Mahmud Abbas

Die politische Bedeutung Barghoutis reicht weit über seine Parteigrenzen hinaus. Viele sehen in ihm den potenziellen Nachfolger von Präsident Abbas. Barghouti verkörpere Hoffnung auf Einheit und einen Neuanfang, heißt es in zahlreichen Analysen.

Diese Aussicht macht eine Freilassung aus israelischer Sicht umso heikler. Premierminister Benjamin Netanjahu lehnt nicht nur die Freilassung hochkarätiger Gefangener ab, sondern auch eine Zweistaatenlösung.

Der ehemalige Nahost-Korrespondent des kanadischen Fernsehsenders CBC, Neil Macdonald, beschrieb Barghouti als "konsistent in seinen Ansichten: Israel hat ein Existenzrecht, ebenso wie Palästina. Und mit einem Existenzrecht kommt ein Selbstverteidigungsrecht". Barghoutis Sohn Arab erklärte zuletzt, sein Vater werde nicht freigelassen, "weil Netanjahu keinen Partner für Frieden will".

Isoliert – und doch präsent

Seit Beginn des aktuellen Gaza-Kriegs befindet sich Barghouti nach Angaben seiner Familie in Isolationshaft. Der letzte öffentliche Auftritt des Politikers erfolgte unter ungewöhnlichen Umständen: Israels rechtsextremer Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir besuchte im Februar das Gefängnis und ließ sich filmen, während er den abgemagerten und gesundheitlich angeschlagenen Barghouti verhöhnte.

"Ich habe ihn kaum wiedererkannt", sagte Barghoutis Ehefrau Fadwa anschließend. Sie sprach von einem erschütternden Bild ihres Mannes, dessen Zustand sie tief besorgt habe. Fadwa Barghouti soll aktuell in Ägypten für die Freiheit ihres Ehemannes verhandeln.

Was eine Freilassung bedeuten würde

Die Forderung nach Barghoutis Freilassung ist nicht neu – sie war bereits Bestandteil früherer Verhandlungen. Bislang blieb Israel jedoch bei seiner harten Linie. Eine Freilassung könnte laut Experten wie Shikaki den politischen Kurs Gazas neu ausrichten – und der Hamas innenpolitisch einen symbolischen Sieg verschaffen.

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